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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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Die Finanzgewalt.
kann. Insofern hier Einzelbefehle nötig werden, müssen sie auch mit
Zwangsvollstreckungsmitteln ausgestattet sein. Das sind die Fälle, für
welche allein das Gesetz solche vorsieht und insbesondere auch die
Ungehorsamsstrafen giebt3.

2. Der unmittelbare Zwang, also der nicht zur Durchführung
eines Befehls dienende, hat auch hier sein Zwangsmittel einzig in der
Gewaltanwendung gegen die Person und ihre Sachen.

Für jene bedeutsamen Fälle, wo auf dem Gebiete der Polizei
ein unmittelbarer Zwang kraft allgemeiner selbstverständlicher Grund-
sätze stattfinden kann, bietet aber der Finanzzwang keine Seiten-
stücke. Die Selbstverteidigung der Verwaltung ist immer
polizeilicher Natur (oben § 24, I n. 1); Notstandszwang (oben
§ 24, III) giebt es nicht.

Nur gegenüber strafbaren Handlungen findet auch hier
eine allgemeine Gewaltanwendung statt; allein das ist etwas wesent-
lich anderes, als was der Polizeizwang an dieser Stelle bot (oben
§ 24, II). Die Finanzgewalt führt ja allerdings einen Krieg gegen
das Finanzdelikt, der auch Gewaltanwendung mit sich bringt. Für
gewisse Arten von Steuern hat sie sich ein eignes Personal von Hülfs-
beamten dafür geschaffen, Grenzaufsichtsbeamte, Steueraufseher u. s. w.
Auf die Gewaltübung, welche von diesen ausgeht, finden zum Teil
die Regeln Anwendung, welche oben § 25, I für die polizeilichen
Vollstreckungsbeamten entwickelt worden sind. Insbesondere ist ihnen
auch das Recht des Waffengebrauchs verliehen (oben § 25, II n. 3).
Aber wohl zu beachten ist, dass alle diese Kräfte in Wahrheit nicht
dazu verwendet werden, die Begehung des Finanzdeliktes
zu verhindern
. Das entspräche der Aufgabe, welche auf dem Ge-
biete der Polizei der unmittelbare Zwang gegen gemeine Vergehen
und Polizeidelikte erfüllt. Die Gewaltanwendung gegenüber dem
Finanzdelikte dagegen richtet sich lediglich darauf, die Strafe und
die Straffolgen zu sichern,
was dann von selbst auch der
Nachhebung der etwa verfallenen Steuer zu gute kommt. Man
braucht nur die Probe zu machen.

Die Wechselstempelsteuer-Hinterziehung z. B. wird begangen
durch Begebung und Annahme des ungestempelten Papiers. Das kann
vor den Augen der Steueraufsichtsbehörde, des Vollstreckungsbeamten,

3 Vgl. oben § 30 Note 12. Beispiele in Branntweinsteuerges. v. 1887 § 31,
Zuckersteuerges. v. 1887 § 54. Salzsteuerges. v. 1867 § 7 Abs. 3 gestattet im
Falle des Ungehorsams sogar die Schliessung des Werkes, -- eine Art Übertragung
des bei freiwilligen Gewaltverhältnissen zu Gebote stehenden Zwangsmittels.

Die Finanzgewalt.
kann. Insofern hier Einzelbefehle nötig werden, müssen sie auch mit
Zwangsvollstreckungsmitteln ausgestattet sein. Das sind die Fälle, für
welche allein das Gesetz solche vorsieht und insbesondere auch die
Ungehorsamsstrafen giebt3.

2. Der unmittelbare Zwang, also der nicht zur Durchführung
eines Befehls dienende, hat auch hier sein Zwangsmittel einzig in der
Gewaltanwendung gegen die Person und ihre Sachen.

Für jene bedeutsamen Fälle, wo auf dem Gebiete der Polizei
ein unmittelbarer Zwang kraft allgemeiner selbstverständlicher Grund-
sätze stattfinden kann, bietet aber der Finanzzwang keine Seiten-
stücke. Die Selbstverteidigung der Verwaltung ist immer
polizeilicher Natur (oben § 24, I n. 1); Notstandszwang (oben
§ 24, III) giebt es nicht.

Nur gegenüber strafbaren Handlungen findet auch hier
eine allgemeine Gewaltanwendung statt; allein das ist etwas wesent-
lich anderes, als was der Polizeizwang an dieser Stelle bot (oben
§ 24, II). Die Finanzgewalt führt ja allerdings einen Krieg gegen
das Finanzdelikt, der auch Gewaltanwendung mit sich bringt. Für
gewisse Arten von Steuern hat sie sich ein eignes Personal von Hülfs-
beamten dafür geschaffen, Grenzaufsichtsbeamte, Steueraufseher u. s. w.
Auf die Gewaltübung, welche von diesen ausgeht, finden zum Teil
die Regeln Anwendung, welche oben § 25, I für die polizeilichen
Vollstreckungsbeamten entwickelt worden sind. Insbesondere ist ihnen
auch das Recht des Waffengebrauchs verliehen (oben § 25, II n. 3).
Aber wohl zu beachten ist, daſs alle diese Kräfte in Wahrheit nicht
dazu verwendet werden, die Begehung des Finanzdeliktes
zu verhindern
. Das entspräche der Aufgabe, welche auf dem Ge-
biete der Polizei der unmittelbare Zwang gegen gemeine Vergehen
und Polizeidelikte erfüllt. Die Gewaltanwendung gegenüber dem
Finanzdelikte dagegen richtet sich lediglich darauf, die Strafe und
die Straffolgen zu sichern,
was dann von selbst auch der
Nachhebung der etwa verfallenen Steuer zu gute kommt. Man
braucht nur die Probe zu machen.

Die Wechselstempelsteuer-Hinterziehung z. B. wird begangen
durch Begebung und Annahme des ungestempelten Papiers. Das kann
vor den Augen der Steueraufsichtsbehörde, des Vollstreckungsbeamten,

3 Vgl. oben § 30 Note 12. Beispiele in Branntweinsteuerges. v. 1887 § 31,
Zuckersteuerges. v. 1887 § 54. Salzsteuerges. v. 1867 § 7 Abs. 3 gestattet im
Falle des Ungehorsams sogar die Schlieſsung des Werkes, — eine Art Übertragung
des bei freiwilligen Gewaltverhältnissen zu Gebote stehenden Zwangsmittels.
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[472/0492] Die Finanzgewalt. kann. Insofern hier Einzelbefehle nötig werden, müssen sie auch mit Zwangsvollstreckungsmitteln ausgestattet sein. Das sind die Fälle, für welche allein das Gesetz solche vorsieht und insbesondere auch die Ungehorsamsstrafen giebt 3. 2. Der unmittelbare Zwang, also der nicht zur Durchführung eines Befehls dienende, hat auch hier sein Zwangsmittel einzig in der Gewaltanwendung gegen die Person und ihre Sachen. Für jene bedeutsamen Fälle, wo auf dem Gebiete der Polizei ein unmittelbarer Zwang kraft allgemeiner selbstverständlicher Grund- sätze stattfinden kann, bietet aber der Finanzzwang keine Seiten- stücke. Die Selbstverteidigung der Verwaltung ist immer polizeilicher Natur (oben § 24, I n. 1); Notstandszwang (oben § 24, III) giebt es nicht. Nur gegenüber strafbaren Handlungen findet auch hier eine allgemeine Gewaltanwendung statt; allein das ist etwas wesent- lich anderes, als was der Polizeizwang an dieser Stelle bot (oben § 24, II). Die Finanzgewalt führt ja allerdings einen Krieg gegen das Finanzdelikt, der auch Gewaltanwendung mit sich bringt. Für gewisse Arten von Steuern hat sie sich ein eignes Personal von Hülfs- beamten dafür geschaffen, Grenzaufsichtsbeamte, Steueraufseher u. s. w. Auf die Gewaltübung, welche von diesen ausgeht, finden zum Teil die Regeln Anwendung, welche oben § 25, I für die polizeilichen Vollstreckungsbeamten entwickelt worden sind. Insbesondere ist ihnen auch das Recht des Waffengebrauchs verliehen (oben § 25, II n. 3). Aber wohl zu beachten ist, daſs alle diese Kräfte in Wahrheit nicht dazu verwendet werden, die Begehung des Finanzdeliktes zu verhindern. Das entspräche der Aufgabe, welche auf dem Ge- biete der Polizei der unmittelbare Zwang gegen gemeine Vergehen und Polizeidelikte erfüllt. Die Gewaltanwendung gegenüber dem Finanzdelikte dagegen richtet sich lediglich darauf, die Strafe und die Straffolgen zu sichern, was dann von selbst auch der Nachhebung der etwa verfallenen Steuer zu gute kommt. Man braucht nur die Probe zu machen. Die Wechselstempelsteuer-Hinterziehung z. B. wird begangen durch Begebung und Annahme des ungestempelten Papiers. Das kann vor den Augen der Steueraufsichtsbehörde, des Vollstreckungsbeamten, 3 Vgl. oben § 30 Note 12. Beispiele in Branntweinsteuerges. v. 1887 § 31, Zuckersteuerges. v. 1887 § 54. Salzsteuerges. v. 1867 § 7 Abs. 3 gestattet im Falle des Ungehorsams sogar die Schlieſsung des Werkes, — eine Art Übertragung des bei freiwilligen Gewaltverhältnissen zu Gebote stehenden Zwangsmittels.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/492>, abgerufen am 31.10.2024.