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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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Die Finanzgewalt.

Was für den Staat gilt, das gilt auch für die anderen juristischen
Personen des öffentlichen Rechts, die Selbstverwaltungskörper, welche
den Unterthanen gegenüber an seine Stelle treten. Thatsächlich
wird hier ein eigner Zwangsapparat zumeist nicht ausgebildet sein,
so dass für die Durchführung öffentlichrechtlicher Geldansprüche die
staatlichen Einrichtungen benützt werden müssen; die Gesetze pflegen
die Sache in diesem Sinne ausdrücklich zu ordnen.

Die Geltendmachung und Erzwingung civilrechtlicher Geldforde-
rungen, auch des Staates und der Selbstverwaltungskörper, gehört auf
den gemeinen Weg des Civilprozesses und seiner Zwangsvollstreckung.
Durch besondere gesetzliche Bestimmungen wird die administrative
Zwangsbeitreibung auch auf solche Dinge ausgedehnt: civilrechtliche
Forderungen des Staates, der Selbstverwaltungskörper, möglicherweise
sogar der Unterthanen untereinander werden zur Beitreibung in diesen
Formen bestimmt. Das beruht immer auf dem Gesichtspunkt, dass ein
öffentliches Interesse an der raschen und entschiedenen Erledigung solcher
Forderungen besteht; da soll dann die öffentliche Gewalt selbständig
dafür sorgen dürfen.

Solche Ausdehnungen sind als ausserordentliche Einrichtungen zu
betrachten und engstens auszulegen7.

2. Damit Zwangsbeitreibung stattfinde, muss die beizutreibende
Forderung volle rechtliche Bestimmtheit haben: die Person des
Schuldners wie des Gläubigers und der Betrag der zu fordernden
Zahlung muss feststehen. Das kann sich ergeben aus einem Urteil
oder Verwaltungsakte, wodurch diese Zahlung im Einzelfalle auf-

allgemeinen natürlichen Exekutionsrechts der Verwaltungsbehörden anerkannt zu
werden. Oppenhoff, Ressortverhältnisse S. 130 Note 353; Gneist in Holtzen-
dorff Rechtslexikon III, 2 S. 1006 ff.; G. Meyer, V.R. I S. 66: "die Verwaltungs-
exekution (ist) durch besondere Gesetze geregelt worden. Aber die Exekutiv-
befugnisse der Verwaltungsbehörden verdanken nicht etwa den letzteren ihre Ent-
stehung; sie haben durch dieselben nur eine nähere Bestimmung und Begrenzung
erhalten". -- Dass es sich dabei nur um öffentlichrechtliche Forderungen handelt,
ist von den Gesetzen zum Teil ausdrücklich hervorgehoben: Württemb. Ges. über
die Zwangsvollstreckung öffentlichrechtlicher Ansprüche v. 18. Aug. 1879; Bad.
Ges. die Zwangsvollstreckung wegen öffentlichrechtlicher Geldforderungen betr. v.
20. Febr. 1879; Sächs. Ges. die Zwangsvollstreckung wegen Geldleistungen in Ver-
waltungssachen betr. v. 7. März 1879. -- Preuss. Verord. v. 7. Sept. 1879 und
Bayr. Ausf.Ges. zu C.Pr.O. Art. 4 ff. setzen den Umfang der Zulässigkeit dieses
Zwangsbeitreibungsverfahrens als gegeben voraus.
7 Beispiele in Preuss. Verord. v. 26. Dez. 1808 § 42; Oppenhoff, Ressort-
verhältnisse S. 130 ff.
Die Finanzgewalt.

Was für den Staat gilt, das gilt auch für die anderen juristischen
Personen des öffentlichen Rechts, die Selbstverwaltungskörper, welche
den Unterthanen gegenüber an seine Stelle treten. Thatsächlich
wird hier ein eigner Zwangsapparat zumeist nicht ausgebildet sein,
so daſs für die Durchführung öffentlichrechtlicher Geldansprüche die
staatlichen Einrichtungen benützt werden müssen; die Gesetze pflegen
die Sache in diesem Sinne ausdrücklich zu ordnen.

Die Geltendmachung und Erzwingung civilrechtlicher Geldforde-
rungen, auch des Staates und der Selbstverwaltungskörper, gehört auf
den gemeinen Weg des Civilprozesses und seiner Zwangsvollstreckung.
Durch besondere gesetzliche Bestimmungen wird die administrative
Zwangsbeitreibung auch auf solche Dinge ausgedehnt: civilrechtliche
Forderungen des Staates, der Selbstverwaltungskörper, möglicherweise
sogar der Unterthanen untereinander werden zur Beitreibung in diesen
Formen bestimmt. Das beruht immer auf dem Gesichtspunkt, daſs ein
öffentliches Interesse an der raschen und entschiedenen Erledigung solcher
Forderungen besteht; da soll dann die öffentliche Gewalt selbständig
dafür sorgen dürfen.

Solche Ausdehnungen sind als auſserordentliche Einrichtungen zu
betrachten und engstens auszulegen7.

2. Damit Zwangsbeitreibung stattfinde, muſs die beizutreibende
Forderung volle rechtliche Bestimmtheit haben: die Person des
Schuldners wie des Gläubigers und der Betrag der zu fordernden
Zahlung muſs feststehen. Das kann sich ergeben aus einem Urteil
oder Verwaltungsakte, wodurch diese Zahlung im Einzelfalle auf-

allgemeinen natürlichen Exekutionsrechts der Verwaltungsbehörden anerkannt zu
werden. Oppenhoff, Ressortverhältnisse S. 130 Note 353; Gneist in Holtzen-
dorff Rechtslexikon III, 2 S. 1006 ff.; G. Meyer, V.R. I S. 66: „die Verwaltungs-
exekution (ist) durch besondere Gesetze geregelt worden. Aber die Exekutiv-
befugnisse der Verwaltungsbehörden verdanken nicht etwa den letzteren ihre Ent-
stehung; sie haben durch dieselben nur eine nähere Bestimmung und Begrenzung
erhalten“. — Daſs es sich dabei nur um öffentlichrechtliche Forderungen handelt,
ist von den Gesetzen zum Teil ausdrücklich hervorgehoben: Württemb. Ges. über
die Zwangsvollstreckung öffentlichrechtlicher Ansprüche v. 18. Aug. 1879; Bad.
Ges. die Zwangsvollstreckung wegen öffentlichrechtlicher Geldforderungen betr. v.
20. Febr. 1879; Sächs. Ges. die Zwangsvollstreckung wegen Geldleistungen in Ver-
waltungssachen betr. v. 7. März 1879. — Preuſs. Verord. v. 7. Sept. 1879 und
Bayr. Ausf.Ges. zu C.Pr.O. Art. 4 ff. setzen den Umfang der Zulässigkeit dieses
Zwangsbeitreibungsverfahrens als gegeben voraus.
7 Beispiele in Preuſs. Verord. v. 26. Dez. 1808 § 42; Oppenhoff, Ressort-
verhältnisse S. 130 ff.
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[476/0496] Die Finanzgewalt. Was für den Staat gilt, das gilt auch für die anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die Selbstverwaltungskörper, welche den Unterthanen gegenüber an seine Stelle treten. Thatsächlich wird hier ein eigner Zwangsapparat zumeist nicht ausgebildet sein, so daſs für die Durchführung öffentlichrechtlicher Geldansprüche die staatlichen Einrichtungen benützt werden müssen; die Gesetze pflegen die Sache in diesem Sinne ausdrücklich zu ordnen. Die Geltendmachung und Erzwingung civilrechtlicher Geldforde- rungen, auch des Staates und der Selbstverwaltungskörper, gehört auf den gemeinen Weg des Civilprozesses und seiner Zwangsvollstreckung. Durch besondere gesetzliche Bestimmungen wird die administrative Zwangsbeitreibung auch auf solche Dinge ausgedehnt: civilrechtliche Forderungen des Staates, der Selbstverwaltungskörper, möglicherweise sogar der Unterthanen untereinander werden zur Beitreibung in diesen Formen bestimmt. Das beruht immer auf dem Gesichtspunkt, daſs ein öffentliches Interesse an der raschen und entschiedenen Erledigung solcher Forderungen besteht; da soll dann die öffentliche Gewalt selbständig dafür sorgen dürfen. Solche Ausdehnungen sind als auſserordentliche Einrichtungen zu betrachten und engstens auszulegen 7. 2. Damit Zwangsbeitreibung stattfinde, muſs die beizutreibende Forderung volle rechtliche Bestimmtheit haben: die Person des Schuldners wie des Gläubigers und der Betrag der zu fordernden Zahlung muſs feststehen. Das kann sich ergeben aus einem Urteil oder Verwaltungsakte, wodurch diese Zahlung im Einzelfalle auf- 6 7 Beispiele in Preuſs. Verord. v. 26. Dez. 1808 § 42; Oppenhoff, Ressort- verhältnisse S. 130 ff. 6 allgemeinen natürlichen Exekutionsrechts der Verwaltungsbehörden anerkannt zu werden. Oppenhoff, Ressortverhältnisse S. 130 Note 353; Gneist in Holtzen- dorff Rechtslexikon III, 2 S. 1006 ff.; G. Meyer, V.R. I S. 66: „die Verwaltungs- exekution (ist) durch besondere Gesetze geregelt worden. Aber die Exekutiv- befugnisse der Verwaltungsbehörden verdanken nicht etwa den letzteren ihre Ent- stehung; sie haben durch dieselben nur eine nähere Bestimmung und Begrenzung erhalten“. — Daſs es sich dabei nur um öffentlichrechtliche Forderungen handelt, ist von den Gesetzen zum Teil ausdrücklich hervorgehoben: Württemb. Ges. über die Zwangsvollstreckung öffentlichrechtlicher Ansprüche v. 18. Aug. 1879; Bad. Ges. die Zwangsvollstreckung wegen öffentlichrechtlicher Geldforderungen betr. v. 20. Febr. 1879; Sächs. Ges. die Zwangsvollstreckung wegen Geldleistungen in Ver- waltungssachen betr. v. 7. März 1879. — Preuſs. Verord. v. 7. Sept. 1879 und Bayr. Ausf.Ges. zu C.Pr.O. Art. 4 ff. setzen den Umfang der Zulässigkeit dieses Zwangsbeitreibungsverfahrens als gegeben voraus.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/496>, abgerufen am 31.10.2024.