Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.§ 32. Der Finanzzwang. erlegt ist: aus Verurteilung zu Geldstrafen, Festsetzung der Kosteneiner Ersatzvornahme. Es kann aber auch die bestimmte Forderung aus der einfachen Anwendung eines Rechtssatzes auf den Einzelfall sich ergeben: die Steuerpflicht, die Gebührenpflicht entstehen in dieser Weise. Forderung des Rechtsstaates ist es ja, dass die Pflicht mög- lichst für den Einzelfall besonders ausgesprochen und bindend bestimmt werde durch Urteil oder Verwaltungsakt. Aber dass dies geschehe, ist deshalb nicht von selbst eine notwendige Voraussetzung für die Zulässigkeit der administrativen Zwangsbeitreibung. Sie findet für öffentlichrechtliche Forderungen auch unmittelbar aus dem Ge- setz statt. Die civilprozessrechtliche Lehre vom vollstreckbaren Titel, 8 Der Auftrag bescheinigt dann auch das Vorhandensein des etwa voraus-
gesetzten Verwaltungsaktes, daher schliesslich das ganze Verwaltungsbeitreibungs- verfahren gleichmässig auf jenem beruht. So genügt dazu nach Bad. Ges. v. 3. Nov. 1879 § 1 der "Ausspruch" von seiten der Bezirkssteuerkassen, Bezirks- zollkassen und Amtskassen, "dass wegen eines bestimmten Forderungsbetrages gegen eine bestimmte Person die Zwangsvollstreckung zu erfolgen habe". Bayr. Ausf.Ges. zu C.Pr.O. v. 25. Febr. 1879 Art. 6 fordert überall die förmliche Vollstreckungs- klausel, welche die Behörde der Aufstellung der zu vollstreckenden Forderung bei- § 32. Der Finanzzwang. erlegt ist: aus Verurteilung zu Geldstrafen, Festsetzung der Kosteneiner Ersatzvornahme. Es kann aber auch die bestimmte Forderung aus der einfachen Anwendung eines Rechtssatzes auf den Einzelfall sich ergeben: die Steuerpflicht, die Gebührenpflicht entstehen in dieser Weise. Forderung des Rechtsstaates ist es ja, daſs die Pflicht mög- lichst für den Einzelfall besonders ausgesprochen und bindend bestimmt werde durch Urteil oder Verwaltungsakt. Aber daſs dies geschehe, ist deshalb nicht von selbst eine notwendige Voraussetzung für die Zulässigkeit der administrativen Zwangsbeitreibung. Sie findet für öffentlichrechtliche Forderungen auch unmittelbar aus dem Ge- setz statt. Die civilprozeſsrechtliche Lehre vom vollstreckbaren Titel, 8 Der Auftrag bescheinigt dann auch das Vorhandensein des etwa voraus-
gesetzten Verwaltungsaktes, daher schlieſslich das ganze Verwaltungsbeitreibungs- verfahren gleichmäſsig auf jenem beruht. So genügt dazu nach Bad. Ges. v. 3. Nov. 1879 § 1 der „Ausspruch“ von seiten der Bezirkssteuerkassen, Bezirks- zollkassen und Amtskassen, „daſs wegen eines bestimmten Forderungsbetrages gegen eine bestimmte Person die Zwangsvollstreckung zu erfolgen habe“. Bayr. Ausf.Ges. zu C.Pr.O. v. 25. Febr. 1879 Art. 6 fordert überall die förmliche Vollstreckungs- klausel, welche die Behörde der Aufstellung der zu vollstreckenden Forderung bei- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0497" n="477"/><fw place="top" type="header">§ 32. Der Finanzzwang.</fw><lb/> erlegt ist: aus Verurteilung zu Geldstrafen, Festsetzung der Kosten<lb/> einer Ersatzvornahme. Es kann aber auch die bestimmte Forderung<lb/> aus der einfachen Anwendung eines Rechtssatzes auf den Einzelfall<lb/> sich ergeben: die Steuerpflicht, die Gebührenpflicht entstehen in dieser<lb/> Weise. Forderung des Rechtsstaates ist es ja, daſs die Pflicht mög-<lb/> lichst für den Einzelfall besonders ausgesprochen und bindend bestimmt<lb/> werde durch Urteil oder Verwaltungsakt. Aber daſs dies geschehe,<lb/> ist deshalb nicht von selbst eine notwendige Voraussetzung für die<lb/> Zulässigkeit der administrativen Zwangsbeitreibung. Sie findet für<lb/> öffentlichrechtliche Forderungen auch <hi rendition="#g">unmittelbar aus dem Ge-<lb/> setz</hi> statt.</p><lb/> <p>Die civilprozeſsrechtliche Lehre vom <hi rendition="#g">vollstreckbaren Titel,</hi><lb/> „aus welchem“ die Zwangsvollstreckung stattfindet, ist nicht hierher<lb/> übertragbar. Der vollstreckbare Titel bedeutet dort nichts anderes<lb/> als die dem Unterthanen zur Verfügung gestellte obrigkeitliche Macht,<lb/> mit der er nun das Vollstreckungsverfahren in Bewegung setzen darf.<lb/> Im administrativen Zwangsbeitreibungsverfahren setzt sich die obrig-<lb/> keitliche Gewalt auf Grund ihrer durch die Wirkung des Gesetzes<lb/> oder durch besonderen Verwaltungsakt begründeten Forderung selbst<lb/> in Bewegung, um zum Zwang zu schreiten. Das stellt sich dar als<lb/> ein <hi rendition="#g">Dienstauftrag</hi> der leitenden Behörde an den Vollstreckungs-<lb/> beamten, dessen Thätigkeit dadurch rechtlich bedingt ist. Es wird zweck-<lb/> mäſsig sein, den Übergang in die Zwangsvollstreckung auch hier<lb/> äuſserlich zu markieren. Es wird eine förmliche Aufstellung gemacht<lb/> von der beizutreibenden Forderung, zu den Akten vermerkt, daſs<lb/> nun die Vollstreckung beginnen soll; der Vollstreckungsauftrag bedarf<lb/> vielleicht noch der Bestätigung einer vorgesetzten oder Aufsichts-<lb/> behörde; der beauftragte Beamte wird mit einer Art Ausweis ver-<lb/> sehen. Das Wesentliche ist immer nur jener Dienstauftrag, also,<lb/> wenn wir vergleichen sollen, das, was im Civilprozeſs der Auftrag<lb/> der Partei an den Gerichtsvollzieher ist<note xml:id="seg2pn_103_1" next="#seg2pn_103_2" place="foot" n="8">Der Auftrag bescheinigt dann auch das Vorhandensein des etwa voraus-<lb/> gesetzten Verwaltungsaktes, daher schlieſslich das ganze Verwaltungsbeitreibungs-<lb/> verfahren gleichmäſsig auf jenem beruht. So genügt dazu nach Bad. Ges. v.<lb/> 3. Nov. 1879 § 1 der „Ausspruch“ von seiten der Bezirkssteuerkassen, Bezirks-<lb/> zollkassen und Amtskassen, „daſs wegen eines bestimmten Forderungsbetrages gegen<lb/> eine bestimmte Person die Zwangsvollstreckung zu erfolgen habe“. Bayr. Ausf.Ges.<lb/> zu C.Pr.O. v. 25. Febr. 1879 Art. 6 fordert überall die förmliche Vollstreckungs-<lb/> klausel, welche die Behörde der Aufstellung der zu vollstreckenden Forderung bei-</note>.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [477/0497]
§ 32. Der Finanzzwang.
erlegt ist: aus Verurteilung zu Geldstrafen, Festsetzung der Kosten
einer Ersatzvornahme. Es kann aber auch die bestimmte Forderung
aus der einfachen Anwendung eines Rechtssatzes auf den Einzelfall
sich ergeben: die Steuerpflicht, die Gebührenpflicht entstehen in dieser
Weise. Forderung des Rechtsstaates ist es ja, daſs die Pflicht mög-
lichst für den Einzelfall besonders ausgesprochen und bindend bestimmt
werde durch Urteil oder Verwaltungsakt. Aber daſs dies geschehe,
ist deshalb nicht von selbst eine notwendige Voraussetzung für die
Zulässigkeit der administrativen Zwangsbeitreibung. Sie findet für
öffentlichrechtliche Forderungen auch unmittelbar aus dem Ge-
setz statt.
Die civilprozeſsrechtliche Lehre vom vollstreckbaren Titel,
„aus welchem“ die Zwangsvollstreckung stattfindet, ist nicht hierher
übertragbar. Der vollstreckbare Titel bedeutet dort nichts anderes
als die dem Unterthanen zur Verfügung gestellte obrigkeitliche Macht,
mit der er nun das Vollstreckungsverfahren in Bewegung setzen darf.
Im administrativen Zwangsbeitreibungsverfahren setzt sich die obrig-
keitliche Gewalt auf Grund ihrer durch die Wirkung des Gesetzes
oder durch besonderen Verwaltungsakt begründeten Forderung selbst
in Bewegung, um zum Zwang zu schreiten. Das stellt sich dar als
ein Dienstauftrag der leitenden Behörde an den Vollstreckungs-
beamten, dessen Thätigkeit dadurch rechtlich bedingt ist. Es wird zweck-
mäſsig sein, den Übergang in die Zwangsvollstreckung auch hier
äuſserlich zu markieren. Es wird eine förmliche Aufstellung gemacht
von der beizutreibenden Forderung, zu den Akten vermerkt, daſs
nun die Vollstreckung beginnen soll; der Vollstreckungsauftrag bedarf
vielleicht noch der Bestätigung einer vorgesetzten oder Aufsichts-
behörde; der beauftragte Beamte wird mit einer Art Ausweis ver-
sehen. Das Wesentliche ist immer nur jener Dienstauftrag, also,
wenn wir vergleichen sollen, das, was im Civilprozeſs der Auftrag
der Partei an den Gerichtsvollzieher ist 8.
8 Der Auftrag bescheinigt dann auch das Vorhandensein des etwa voraus-
gesetzten Verwaltungsaktes, daher schlieſslich das ganze Verwaltungsbeitreibungs-
verfahren gleichmäſsig auf jenem beruht. So genügt dazu nach Bad. Ges. v.
3. Nov. 1879 § 1 der „Ausspruch“ von seiten der Bezirkssteuerkassen, Bezirks-
zollkassen und Amtskassen, „daſs wegen eines bestimmten Forderungsbetrages gegen
eine bestimmte Person die Zwangsvollstreckung zu erfolgen habe“. Bayr. Ausf.Ges.
zu C.Pr.O. v. 25. Febr. 1879 Art. 6 fordert überall die förmliche Vollstreckungs-
klausel, welche die Behörde der Aufstellung der zu vollstreckenden Forderung bei-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |