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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Das öffentliche Sachenrecht.
sie unvermittelt aus freien Stücken, als obrigkeitlicher Eingriff
in die Freiheit25. Daher die Unentbehrlichkeit der gesetzlichen
Grundlage.

Unsere Gebühr zeigt deshalb von vorneherein eine große Ver-
wandtschaft mit der Steuerauflage. Der wirtschaftliche Hinter-
grund, der sie dieser gegenüber kennzeichnet, ist rechtlich gleichgültig.
Allein er kann dennoch auch von rechtlicher Bedeutung werden ver-
möge einer anderen Eigentümlichkeit der Gebühr. Bei den Steuern
haben wir gesehen, gilt es nicht als zulässig, daß das Gesetz seine
Macht auf die Regierung übertrage: Maß und Maßstab der Steuer be-
stimmt es grundsätzlich immer selbst (oben Bd. I S. 389). Bezüglich
der Gebühren dagegen sind derartige Ermächtigungen der Regierung
nicht selten, sei es, daß sie auf älteren überkommenen Gesetzen be-
ruhen, sei es, daß sie neu erteilt werden. Der Unterschied hängt
offenbar damit zusammen, daß die Gebühr im Gegensatz zur Steuer
aus ihrem wirtschaftlichen Begriffe schon einen natürlichen Gegenstand
mitbringt: den Benutzungsfall, und einen natürlichen Höchstbetrag:
den zu ersetzenden Gesamtaufwand für die benützte Sache, der nur
zu verteilen ist auf die Masse der Benutzungsfälle. Was dieses Maß
überschreitet, geht über das natürliche Gebiet der Gebühr hinaus und
greift ein in das der Steuerauflage, für welches das Gesetz keine
Ermächtigungen giebt.

Dadurch bekommt auch eine allgemeine Ermächtigung der Re-
gierung zur Gebührenauflage stillschweigend eine rechtliche Schranke:
eine jenes Maß überschreitende Auflage wäre durch die Ermächti-
gung nicht gedeckt und rechtsungültig26.

25 Brückengeld, Chausseegeld, Hafengeld werden demgemäß im Gegensatz
zu anderen Gebühren als "allgemeine Anlagen" im Sinne des A.L.R. II, 14
§§ 78 u. 79 bezeichnet (C.C.H. 8. Okt. 1870; J.M.Bl. 1870 S. 352), oder als "Ab-
gaben" (C.C.H. 9. Dez. 1865; J.M.Bl. 1866 S. 125).
26 Die Staatswissenschaft sucht teilweise dieses natürliche Maß der Gebühr
als einen notwendigen Bestandteil des Begriffs zu verwerten. Dann wird unter
Umständen ein und dieselbe Auflage bis zu einem gewissen Betrage Gebühr und
darüber hinaus Steuer genannt werden. Wir können natürlich damit nichts an-
fangen; Gebühr bleibt für uns Gebühr, auch wenn sie übersetzt ist; das ent-
scheidende Merkmal ist für uns nur die Anknüpfung an eine Leistung des Staates,
wofür die Auflage den Entgelt liefert. Das natürliche Maß, wie wir es oben auf-
stellten, ist zunächst nur ein Sollen und für das Gesetz rechtlich gar nicht bindend;
für die ermächtigte Regierung wird es rechtlich bindend nur in der Weise, daß
es die obere Grenze bezeichnet. Darüber Neumann, Die Steuer S. 303 ff. Der
Grundsatz über die natürliche Maßbestimmung ist ausgesprochen u. a. in der
Preuß. Verord. v. 16. Juni 1838, die Kommunikations-Abgaben betr. Die Reichs-

Das öffentliche Sachenrecht.
sie unvermittelt aus freien Stücken, als obrigkeitlicher Eingriff
in die Freiheit25. Daher die Unentbehrlichkeit der gesetzlichen
Grundlage.

Unsere Gebühr zeigt deshalb von vorneherein eine große Ver-
wandtschaft mit der Steuerauflage. Der wirtschaftliche Hinter-
grund, der sie dieser gegenüber kennzeichnet, ist rechtlich gleichgültig.
Allein er kann dennoch auch von rechtlicher Bedeutung werden ver-
möge einer anderen Eigentümlichkeit der Gebühr. Bei den Steuern
haben wir gesehen, gilt es nicht als zulässig, daß das Gesetz seine
Macht auf die Regierung übertrage: Maß und Maßstab der Steuer be-
stimmt es grundsätzlich immer selbst (oben Bd. I S. 389). Bezüglich
der Gebühren dagegen sind derartige Ermächtigungen der Regierung
nicht selten, sei es, daß sie auf älteren überkommenen Gesetzen be-
ruhen, sei es, daß sie neu erteilt werden. Der Unterschied hängt
offenbar damit zusammen, daß die Gebühr im Gegensatz zur Steuer
aus ihrem wirtschaftlichen Begriffe schon einen natürlichen Gegenstand
mitbringt: den Benutzungsfall, und einen natürlichen Höchstbetrag:
den zu ersetzenden Gesamtaufwand für die benützte Sache, der nur
zu verteilen ist auf die Masse der Benutzungsfälle. Was dieses Maß
überschreitet, geht über das natürliche Gebiet der Gebühr hinaus und
greift ein in das der Steuerauflage, für welches das Gesetz keine
Ermächtigungen giebt.

Dadurch bekommt auch eine allgemeine Ermächtigung der Re-
gierung zur Gebührenauflage stillschweigend eine rechtliche Schranke:
eine jenes Maß überschreitende Auflage wäre durch die Ermächti-
gung nicht gedeckt und rechtsungültig26.

25 Brückengeld, Chausseegeld, Hafengeld werden demgemäß im Gegensatz
zu anderen Gebühren als „allgemeine Anlagen“ im Sinne des A.L.R. II, 14
§§ 78 u. 79 bezeichnet (C.C.H. 8. Okt. 1870; J.M.Bl. 1870 S. 352), oder als „Ab-
gaben“ (C.C.H. 9. Dez. 1865; J.M.Bl. 1866 S. 125).
26 Die Staatswissenschaft sucht teilweise dieses natürliche Maß der Gebühr
als einen notwendigen Bestandteil des Begriffs zu verwerten. Dann wird unter
Umständen ein und dieselbe Auflage bis zu einem gewissen Betrage Gebühr und
darüber hinaus Steuer genannt werden. Wir können natürlich damit nichts an-
fangen; Gebühr bleibt für uns Gebühr, auch wenn sie übersetzt ist; das ent-
scheidende Merkmal ist für uns nur die Anknüpfung an eine Leistung des Staates,
wofür die Auflage den Entgelt liefert. Das natürliche Maß, wie wir es oben auf-
stellten, ist zunächst nur ein Sollen und für das Gesetz rechtlich gar nicht bindend;
für die ermächtigte Regierung wird es rechtlich bindend nur in der Weise, daß
es die obere Grenze bezeichnet. Darüber Neumann, Die Steuer S. 303 ff. Der
Grundsatz über die natürliche Maßbestimmung ist ausgesprochen u. a. in der
Preuß. Verord. v. 16. Juni 1838, die Kommunikations-Abgaben betr. Die Reichs-
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[130/0142] Das öffentliche Sachenrecht. sie unvermittelt aus freien Stücken, als obrigkeitlicher Eingriff in die Freiheit 25. Daher die Unentbehrlichkeit der gesetzlichen Grundlage. Unsere Gebühr zeigt deshalb von vorneherein eine große Ver- wandtschaft mit der Steuerauflage. Der wirtschaftliche Hinter- grund, der sie dieser gegenüber kennzeichnet, ist rechtlich gleichgültig. Allein er kann dennoch auch von rechtlicher Bedeutung werden ver- möge einer anderen Eigentümlichkeit der Gebühr. Bei den Steuern haben wir gesehen, gilt es nicht als zulässig, daß das Gesetz seine Macht auf die Regierung übertrage: Maß und Maßstab der Steuer be- stimmt es grundsätzlich immer selbst (oben Bd. I S. 389). Bezüglich der Gebühren dagegen sind derartige Ermächtigungen der Regierung nicht selten, sei es, daß sie auf älteren überkommenen Gesetzen be- ruhen, sei es, daß sie neu erteilt werden. Der Unterschied hängt offenbar damit zusammen, daß die Gebühr im Gegensatz zur Steuer aus ihrem wirtschaftlichen Begriffe schon einen natürlichen Gegenstand mitbringt: den Benutzungsfall, und einen natürlichen Höchstbetrag: den zu ersetzenden Gesamtaufwand für die benützte Sache, der nur zu verteilen ist auf die Masse der Benutzungsfälle. Was dieses Maß überschreitet, geht über das natürliche Gebiet der Gebühr hinaus und greift ein in das der Steuerauflage, für welches das Gesetz keine Ermächtigungen giebt. Dadurch bekommt auch eine allgemeine Ermächtigung der Re- gierung zur Gebührenauflage stillschweigend eine rechtliche Schranke: eine jenes Maß überschreitende Auflage wäre durch die Ermächti- gung nicht gedeckt und rechtsungültig 26. 25 Brückengeld, Chausseegeld, Hafengeld werden demgemäß im Gegensatz zu anderen Gebühren als „allgemeine Anlagen“ im Sinne des A.L.R. II, 14 §§ 78 u. 79 bezeichnet (C.C.H. 8. Okt. 1870; J.M.Bl. 1870 S. 352), oder als „Ab- gaben“ (C.C.H. 9. Dez. 1865; J.M.Bl. 1866 S. 125). 26 Die Staatswissenschaft sucht teilweise dieses natürliche Maß der Gebühr als einen notwendigen Bestandteil des Begriffs zu verwerten. Dann wird unter Umständen ein und dieselbe Auflage bis zu einem gewissen Betrage Gebühr und darüber hinaus Steuer genannt werden. Wir können natürlich damit nichts an- fangen; Gebühr bleibt für uns Gebühr, auch wenn sie übersetzt ist; das ent- scheidende Merkmal ist für uns nur die Anknüpfung an eine Leistung des Staates, wofür die Auflage den Entgelt liefert. Das natürliche Maß, wie wir es oben auf- stellten, ist zunächst nur ein Sollen und für das Gesetz rechtlich gar nicht bindend; für die ermächtigte Regierung wird es rechtlich bindend nur in der Weise, daß es die obere Grenze bezeichnet. Darüber Neumann, Die Steuer S. 303 ff. Der Grundsatz über die natürliche Maßbestimmung ist ausgesprochen u. a. in der Preuß. Verord. v. 16. Juni 1838, die Kommunikations-Abgaben betr. Die Reichs-

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/142>, abgerufen am 27.11.2024.