Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.Das öffentliche Sachenrecht. Dem steht gegenüber die andere Art: die Belastung der Sache Ihr Anwendungsgebiet ist ein formell begrenztes. Sie bedarf als selb- In R.G. 6. Okt. 1885 (Samml. XIV S. 214) handelt es sich um eine Servitut für die Gemeinde an dem sog. Schloßberg auf Benutzung der Ruinen und Anlagen nebst Fuß- und Fahrweg für das Gesamtpublikum. Das Gericht führt aus, daß eine solche Servitut der Gemeinde zustehen kann zum Besten ihrer Angehörigen. Da würden wir aber scheiden müssen. Die Ruinen und die Anlagen werden nicht als öffentliche Sachen im Rechtssinne angesehen werden können, so wenig wie Museen oder Bibliotheken. Gehörten sie der Stadt zu Eigentum, so wäre es civil- rechtliches Eigentum trotz des freien Eintritts; da sie nur eine Servitut daran hat, ist diese eine civilrechtliche. An den Wegen dagegen ist die Dienstbarkeit eine öffentlichrechtliche. 5 Der Leinpfad kann als öffentlicher Weg gestaltet sein. Dann ist er öffent-
liche Sache und das Recht des Staates entweder öffentliches Eigentum oder eine öffentlichrechtliche Grunddienstbarkeit der ersten Art. Wir haben hier nur den Leinpfad im Auge, welcher den Ufereigentümern rechtssatzmäßig auferlegt ist. Der hat eine andere rechtliche Natur. Der Ufereigentümer bleibt hier im Besitz und Genuß des Bodens; er hat nur zu dulden, daß für die Zwecke der Schiff- fahrt Menschen und Zugtiere sein Grundstück betreten. Das ist nach Bl. f. adm. Pr. 1871 S. 35 "eine allgemeine öffentlichrechtliche Dienstbarkeit"; oder, wie Bayr. Ob.G.H. 25. Nov. 1878 (Samml. VII S. 505) es ausdrückt, eine öffentlichrechtliche Berechtigung, eine dem Ufereigentümer auferlegte Duldung. Vgl. über diese Unter- scheidung Wörterbuch II S. 45. -- Die mit der Aufstellung des Bebauungs- planes verbundenen Baubeschränkungen werden häufig als Polizeiverbote angesehen; es ist aber nichts polizeiliches an ihnen; sie sollen nur die Schaffung einer künf- tigen Straße erleichtern, aber nicht Störungen gegen die bestehende gute Ordnung abwehren. V.G.H. 9. Nov. 1880 (Samml. II S. 183) sucht eine Vermittlung zu Das öffentliche Sachenrecht. Dem steht gegenüber die andere Art: die Belastung der Sache Ihr Anwendungsgebiet ist ein formell begrenztes. Sie bedarf als selb- In R.G. 6. Okt. 1885 (Samml. XIV S. 214) handelt es sich um eine Servitut für die Gemeinde an dem sog. Schloßberg auf Benutzung der Ruinen und Anlagen nebst Fuß- und Fahrweg für das Gesamtpublikum. Das Gericht führt aus, daß eine solche Servitut der Gemeinde zustehen kann zum Besten ihrer Angehörigen. Da würden wir aber scheiden müssen. Die Ruinen und die Anlagen werden nicht als öffentliche Sachen im Rechtssinne angesehen werden können, so wenig wie Museen oder Bibliotheken. Gehörten sie der Stadt zu Eigentum, so wäre es civil- rechtliches Eigentum trotz des freien Eintritts; da sie nur eine Servitut daran hat, ist diese eine civilrechtliche. An den Wegen dagegen ist die Dienstbarkeit eine öffentlichrechtliche. 5 Der Leinpfad kann als öffentlicher Weg gestaltet sein. Dann ist er öffent-
liche Sache und das Recht des Staates entweder öffentliches Eigentum oder eine öffentlichrechtliche Grunddienstbarkeit der ersten Art. Wir haben hier nur den Leinpfad im Auge, welcher den Ufereigentümern rechtssatzmäßig auferlegt ist. Der hat eine andere rechtliche Natur. Der Ufereigentümer bleibt hier im Besitz und Genuß des Bodens; er hat nur zu dulden, daß für die Zwecke der Schiff- fahrt Menschen und Zugtiere sein Grundstück betreten. Das ist nach Bl. f. adm. Pr. 1871 S. 35 „eine allgemeine öffentlichrechtliche Dienstbarkeit“; oder, wie Bayr. Ob.G.H. 25. Nov. 1878 (Samml. VII S. 505) es ausdrückt, eine öffentlichrechtliche Berechtigung, eine dem Ufereigentümer auferlegte Duldung. Vgl. über diese Unter- scheidung Wörterbuch II S. 45. — Die mit der Aufstellung des Bebauungs- planes verbundenen Baubeschränkungen werden häufig als Polizeiverbote angesehen; es ist aber nichts polizeiliches an ihnen; sie sollen nur die Schaffung einer künf- tigen Straße erleichtern, aber nicht Störungen gegen die bestehende gute Ordnung abwehren. V.G.H. 9. Nov. 1880 (Samml. II S. 183) sucht eine Vermittlung zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0180" n="168"/> <fw place="top" type="header">Das öffentliche Sachenrecht.</fw><lb/> <p>Dem steht gegenüber die andere Art: die Belastung der Sache<lb/> wird in selbständigen Formen eines Eingriffes für die öffentliche Ver-<lb/> waltung durchgeführt, die öffentlichrechtliche Grunddienstbarkeit als<lb/> solche unmittelbar erzeugt. Das ist dann im Gegensatze zu jener<lb/> die <hi rendition="#g">auferlegte öffentlichrechtliche Grunddienstbarkeit</hi>.</p><lb/> <p>Ihr Anwendungsgebiet ist ein formell begrenztes. Sie bedarf als selb-<lb/> ständiger Eingriff in das Privateigentum überall der gesetzlichen Grund-<lb/> lagen. Das Gesetz bestimmt aber ganz genau, welche Arten von Dienst-<lb/> barkeiten auferlegt werden können; allgemeine Ermächtigungen für die Be-<lb/> hörden, einfach das Erforderliche zu bestimmen, wie auf dem Gebiete der<lb/> Polizei, bestehen hier nicht. Deshalb lassen sich an der Hand der<lb/> Gesetzgebung jedes Staatsgebietes die möglichen Arten von auferlegten<lb/> öffentlichen Grunddienstbarkeiten erschöpfend aufzählen. Die wichtigsten<lb/> Beispiele sind: die reichsgesetzlichen Rayonservituten, die oft im Zu-<lb/> sammenhang mit der Enteignung behandelten Belastungen des Grund-<lb/> eigentums behufs vorübergehender Benützung oder Entnahme von<lb/> Materialien, der Leinpfad, die Grunddienstbarkeiten zum Schutz von<lb/> Heilquellen, die mit dem Straßenbebauungsplane verbundenen Bau-<lb/> und Ausbesserungsverbote<note xml:id="seg2pn_50_1" next="#seg2pn_50_2" place="foot" n="5">Der Leinpfad kann als öffentlicher Weg gestaltet sein. Dann ist er öffent-<lb/> liche Sache und das Recht des Staates entweder öffentliches Eigentum oder eine<lb/> öffentlichrechtliche Grunddienstbarkeit der ersten Art. Wir haben hier nur den<lb/> Leinpfad im Auge, welcher den Ufereigentümern rechtssatzmäßig auferlegt ist.<lb/> Der hat eine andere rechtliche Natur. Der Ufereigentümer bleibt hier im Besitz<lb/> und Genuß des Bodens; er hat nur zu dulden, daß für die Zwecke der Schiff-<lb/> fahrt Menschen und Zugtiere sein Grundstück betreten. Das ist nach Bl. f. adm.<lb/> Pr. 1871 S. 35 „eine allgemeine öffentlichrechtliche Dienstbarkeit“; oder, wie Bayr.<lb/> Ob.G.H. 25. Nov. 1878 (Samml. VII S. 505) es ausdrückt, eine öffentlichrechtliche<lb/> Berechtigung, eine dem Ufereigentümer auferlegte Duldung. Vgl. über diese Unter-<lb/> scheidung Wörterbuch II S. 45. — Die mit der Aufstellung des Bebauungs-<lb/> planes verbundenen Baubeschränkungen werden häufig als Polizeiverbote angesehen;<lb/> es ist aber nichts polizeiliches an ihnen; sie sollen nur die Schaffung einer künf-<lb/> tigen Straße erleichtern, aber nicht Störungen gegen die bestehende gute Ordnung<lb/> abwehren. V.G.H. 9. Nov. 1880 (Samml. II S. 183) sucht eine Vermittlung zu</note>.</p><lb/> <p> <note xml:id="seg2pn_49_2" prev="#seg2pn_49_1" place="foot" n="4">In R.G. 6. Okt. 1885 (Samml. XIV S. 214) handelt es sich um eine Servitut<lb/> für die Gemeinde an dem sog. Schloßberg auf Benutzung der Ruinen und Anlagen<lb/> nebst Fuß- und Fahrweg für das Gesamtpublikum. Das Gericht führt aus, daß<lb/> eine solche Servitut der Gemeinde zustehen kann zum Besten ihrer Angehörigen.<lb/> Da würden wir aber scheiden müssen. Die Ruinen und die Anlagen werden nicht<lb/> als öffentliche Sachen im Rechtssinne angesehen werden können, so wenig wie<lb/> Museen oder Bibliotheken. Gehörten sie der Stadt zu Eigentum, so wäre es civil-<lb/> rechtliches Eigentum trotz des freien Eintritts; da sie nur eine Servitut daran hat,<lb/> ist diese eine civilrechtliche. An den Wegen dagegen ist die Dienstbarkeit eine<lb/> öffentlichrechtliche.</note> </p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [168/0180]
Das öffentliche Sachenrecht.
Dem steht gegenüber die andere Art: die Belastung der Sache
wird in selbständigen Formen eines Eingriffes für die öffentliche Ver-
waltung durchgeführt, die öffentlichrechtliche Grunddienstbarkeit als
solche unmittelbar erzeugt. Das ist dann im Gegensatze zu jener
die auferlegte öffentlichrechtliche Grunddienstbarkeit.
Ihr Anwendungsgebiet ist ein formell begrenztes. Sie bedarf als selb-
ständiger Eingriff in das Privateigentum überall der gesetzlichen Grund-
lagen. Das Gesetz bestimmt aber ganz genau, welche Arten von Dienst-
barkeiten auferlegt werden können; allgemeine Ermächtigungen für die Be-
hörden, einfach das Erforderliche zu bestimmen, wie auf dem Gebiete der
Polizei, bestehen hier nicht. Deshalb lassen sich an der Hand der
Gesetzgebung jedes Staatsgebietes die möglichen Arten von auferlegten
öffentlichen Grunddienstbarkeiten erschöpfend aufzählen. Die wichtigsten
Beispiele sind: die reichsgesetzlichen Rayonservituten, die oft im Zu-
sammenhang mit der Enteignung behandelten Belastungen des Grund-
eigentums behufs vorübergehender Benützung oder Entnahme von
Materialien, der Leinpfad, die Grunddienstbarkeiten zum Schutz von
Heilquellen, die mit dem Straßenbebauungsplane verbundenen Bau-
und Ausbesserungsverbote 5.
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5 Der Leinpfad kann als öffentlicher Weg gestaltet sein. Dann ist er öffent-
liche Sache und das Recht des Staates entweder öffentliches Eigentum oder eine
öffentlichrechtliche Grunddienstbarkeit der ersten Art. Wir haben hier nur den
Leinpfad im Auge, welcher den Ufereigentümern rechtssatzmäßig auferlegt ist.
Der hat eine andere rechtliche Natur. Der Ufereigentümer bleibt hier im Besitz
und Genuß des Bodens; er hat nur zu dulden, daß für die Zwecke der Schiff-
fahrt Menschen und Zugtiere sein Grundstück betreten. Das ist nach Bl. f. adm.
Pr. 1871 S. 35 „eine allgemeine öffentlichrechtliche Dienstbarkeit“; oder, wie Bayr.
Ob.G.H. 25. Nov. 1878 (Samml. VII S. 505) es ausdrückt, eine öffentlichrechtliche
Berechtigung, eine dem Ufereigentümer auferlegte Duldung. Vgl. über diese Unter-
scheidung Wörterbuch II S. 45. — Die mit der Aufstellung des Bebauungs-
planes verbundenen Baubeschränkungen werden häufig als Polizeiverbote angesehen;
es ist aber nichts polizeiliches an ihnen; sie sollen nur die Schaffung einer künf-
tigen Straße erleichtern, aber nicht Störungen gegen die bestehende gute Ordnung
abwehren. V.G.H. 9. Nov. 1880 (Samml. II S. 183) sucht eine Vermittlung zu
4 In R.G. 6. Okt. 1885 (Samml. XIV S. 214) handelt es sich um eine Servitut
für die Gemeinde an dem sog. Schloßberg auf Benutzung der Ruinen und Anlagen
nebst Fuß- und Fahrweg für das Gesamtpublikum. Das Gericht führt aus, daß
eine solche Servitut der Gemeinde zustehen kann zum Besten ihrer Angehörigen.
Da würden wir aber scheiden müssen. Die Ruinen und die Anlagen werden nicht
als öffentliche Sachen im Rechtssinne angesehen werden können, so wenig wie
Museen oder Bibliotheken. Gehörten sie der Stadt zu Eigentum, so wäre es civil-
rechtliches Eigentum trotz des freien Eintritts; da sie nur eine Servitut daran hat,
ist diese eine civilrechtliche. An den Wegen dagegen ist die Dienstbarkeit eine
öffentlichrechtliche.
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