Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.Recht der besonderen Schuldverhältnisse. pflegen die Vergütungen in diesem Sinne genauer zu ordnen. Siehaben nur die Bedeutung von Regelungen der dienstpflichtmäßigen Anwendung des Rechtsgrundsatzes. Zugleich können sie wirksam werden als Anerkennungen des diesem entsprechenden Maßes von Entschädigung, die im voraus und allgemein abgegeben werden; da- durch vereinfacht sich die Geltendmachung des Anspruchs; der Ge- schädigte kann die ihm nach allgemeinem Rechtsgrundsatze zustehende Entschädigung ohne weiteres in dieser Höhe beanspruchen. Der Nach- weis, daß im gegebenen Falle die Entschädigung nach jenen Grund- sätzen höher zu bemessen sei, wäre dadurch nicht ausgeschlossen. Denn eine selbständig ordnende Kraft haben derartige Regelungen nicht18. Soll die Entschädigung nach Gegenstand und Maß durch solche Regeln selbständig bestimmt werden gegenüber dem, was nach allgemeinen Grundsätzen geschuldet wäre, und bindend auch für den Geschädigten, so bedarf es einer gesetzlichen Grundlage, die denn auch mehrfach hier gegeben ist19. Betracht kommt (oben Note 15). Auch die Telegraphenanstalt bewahrt kein Wert- objekt ihres Kunden, an welchem eine unmittelbare Schädigung verübt werden könnte; daher Tel.Ord. § 23 I. Die etwaige Rückerstattung der Gebühr fällt unter andere Gesichtspunkte (unten S. 345). -- Interessenschädigungen entfernterer Art sind in allen diesen Fällen in großem Maße möglich; aber die sind eben durch das Rechtsinstitut der öffentlichrechtlichen Entschädigung nicht gedeckt (unten § 53, II n. 2). 18 Will man ihnen eine weitergehende Bedeutung öffentlichrechtlicher Art beilegen, so müßte man sie etwa als Generalverfügungen auffassen, welche für den Nutzenden ergehen; unten § 52, III n. 1. Es wird aber thatsächlich nicht nötig sein, um die Wirklichkeit zu erklären; die herrschende Meinung hält nur deshalb an ihren Verträgen und Vertragsklauseln, weil sie sonst eine Entschädi- gungspflicht oft überhaupt nicht zu begründen wüßte. 19 So Postges. § 66 ff. Die Post-Ord. § 22 ff. stellt Normalsätze auf, die
z. B. für verlorene Postauftragsbriefe zu vergüten sind. Sie sind dermaßen bindend, daß auf den wirklichen Schaden nicht zurückgegriffen werden kann. Aber dies nicht durch die Kraft der Post-Ord., sondern durch die Kraft des Postges., welches in § 50 auf jene verweist. Wenn es ausspricht, daß ihre Vorschriften "gelten als Bestandteil des Vertrages zwischen der Postanstalt und dem Absender", so ent- spricht das der herrschenden juristischen Formulierung des Verhältnisses, enthält aber jedenfalls den genügenden Ausdruck des gesetzlichen Willens, daß das Rechts- verhältnis in diesem Sinne geordnet sein soll. Der Anspruch auf den postordnungs- mäßigen Entschädigungssatz tritt danach an die Stelle des aus den allgemeinen Grundsätzen der öffentlichrechtlichen Entschädigung sich ergebenden. Jedenfalls ist mit dem Vertrag hier wieder gar nichts zu machen: auch für die von den Handlungsunfähigen aufgegebenen Sachen gelten diese besonderen Ent- schädigungssätze. Recht der besonderen Schuldverhältnisse. pflegen die Vergütungen in diesem Sinne genauer zu ordnen. Siehaben nur die Bedeutung von Regelungen der dienstpflichtmäßigen Anwendung des Rechtsgrundsatzes. Zugleich können sie wirksam werden als Anerkennungen des diesem entsprechenden Maßes von Entschädigung, die im voraus und allgemein abgegeben werden; da- durch vereinfacht sich die Geltendmachung des Anspruchs; der Ge- schädigte kann die ihm nach allgemeinem Rechtsgrundsatze zustehende Entschädigung ohne weiteres in dieser Höhe beanspruchen. Der Nach- weis, daß im gegebenen Falle die Entschädigung nach jenen Grund- sätzen höher zu bemessen sei, wäre dadurch nicht ausgeschlossen. Denn eine selbständig ordnende Kraft haben derartige Regelungen nicht18. Soll die Entschädigung nach Gegenstand und Maß durch solche Regeln selbständig bestimmt werden gegenüber dem, was nach allgemeinen Grundsätzen geschuldet wäre, und bindend auch für den Geschädigten, so bedarf es einer gesetzlichen Grundlage, die denn auch mehrfach hier gegeben ist19. Betracht kommt (oben Note 15). Auch die Telegraphenanstalt bewahrt kein Wert- objekt ihres Kunden, an welchem eine unmittelbare Schädigung verübt werden könnte; daher Tel.Ord. § 23 I. Die etwaige Rückerstattung der Gebühr fällt unter andere Gesichtspunkte (unten S. 345). — Interessenschädigungen entfernterer Art sind in allen diesen Fällen in großem Maße möglich; aber die sind eben durch das Rechtsinstitut der öffentlichrechtlichen Entschädigung nicht gedeckt (unten § 53, II n. 2). 18 Will man ihnen eine weitergehende Bedeutung öffentlichrechtlicher Art beilegen, so müßte man sie etwa als Generalverfügungen auffassen, welche für den Nutzenden ergehen; unten § 52, III n. 1. Es wird aber thatsächlich nicht nötig sein, um die Wirklichkeit zu erklären; die herrschende Meinung hält nur deshalb an ihren Verträgen und Vertragsklauseln, weil sie sonst eine Entschädi- gungspflicht oft überhaupt nicht zu begründen wüßte. 19 So Postges. § 66 ff. Die Post-Ord. § 22 ff. stellt Normalsätze auf, die
z. B. für verlorene Postauftragsbriefe zu vergüten sind. Sie sind dermaßen bindend, daß auf den wirklichen Schaden nicht zurückgegriffen werden kann. Aber dies nicht durch die Kraft der Post-Ord., sondern durch die Kraft des Postges., welches in § 50 auf jene verweist. Wenn es ausspricht, daß ihre Vorschriften „gelten als Bestandteil des Vertrages zwischen der Postanstalt und dem Absender“, so ent- spricht das der herrschenden juristischen Formulierung des Verhältnisses, enthält aber jedenfalls den genügenden Ausdruck des gesetzlichen Willens, daß das Rechts- verhältnis in diesem Sinne geordnet sein soll. Der Anspruch auf den postordnungs- mäßigen Entschädigungssatz tritt danach an die Stelle des aus den allgemeinen Grundsätzen der öffentlichrechtlichen Entschädigung sich ergebenden. Jedenfalls ist mit dem Vertrag hier wieder gar nichts zu machen: auch für die von den Handlungsunfähigen aufgegebenen Sachen gelten diese besonderen Ent- schädigungssätze. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0344" n="332"/><fw place="top" type="header">Recht der besonderen Schuldverhältnisse.</fw><lb/> pflegen die Vergütungen in diesem Sinne genauer zu ordnen. Sie<lb/> haben nur die Bedeutung von Regelungen der dienstpflichtmäßigen<lb/> Anwendung des Rechtsgrundsatzes. Zugleich können sie wirksam<lb/> werden als <hi rendition="#g">Anerkennungen</hi> des diesem entsprechenden Maßes von<lb/> Entschädigung, die im voraus und allgemein abgegeben werden; da-<lb/> durch vereinfacht sich die Geltendmachung des Anspruchs; der Ge-<lb/> schädigte kann die ihm nach allgemeinem Rechtsgrundsatze zustehende<lb/> Entschädigung ohne weiteres in dieser Höhe beanspruchen. Der Nach-<lb/> weis, daß im gegebenen Falle die Entschädigung nach jenen Grund-<lb/> sätzen höher zu bemessen sei, wäre dadurch nicht ausgeschlossen.<lb/> Denn eine selbständig ordnende Kraft haben derartige Regelungen<lb/> nicht<note place="foot" n="18">Will man ihnen eine weitergehende Bedeutung öffentlichrechtlicher Art<lb/> beilegen, so müßte man sie etwa als Generalverfügungen auffassen, welche für<lb/> den Nutzenden ergehen; unten § 52, III n. 1. Es wird aber thatsächlich nicht<lb/> nötig sein, um die Wirklichkeit zu erklären; die herrschende Meinung hält nur<lb/> deshalb an ihren Verträgen und Vertragsklauseln, weil sie sonst eine Entschädi-<lb/> gungspflicht oft überhaupt nicht zu begründen wüßte.</note>. Soll die Entschädigung nach Gegenstand und Maß durch<lb/> solche Regeln selbständig bestimmt werden gegenüber dem, was nach<lb/> allgemeinen Grundsätzen geschuldet wäre, und bindend auch für den<lb/> Geschädigten, so bedarf es einer gesetzlichen Grundlage, die denn auch<lb/> mehrfach hier gegeben ist<note place="foot" n="19">So Postges. § 66 ff. Die Post-Ord. § 22 ff. stellt Normalsätze auf, die<lb/> z. B. für verlorene Postauftragsbriefe zu vergüten sind. Sie sind dermaßen bindend,<lb/> daß auf den wirklichen Schaden nicht zurückgegriffen werden kann. Aber dies<lb/> nicht durch die Kraft der Post-Ord., sondern durch die Kraft des Postges., welches<lb/> in § 50 auf jene verweist. Wenn es ausspricht, daß ihre Vorschriften „gelten als<lb/> Bestandteil des Vertrages zwischen der Postanstalt und dem Absender“, so ent-<lb/> spricht das der herrschenden juristischen Formulierung des Verhältnisses, enthält<lb/> aber jedenfalls den genügenden Ausdruck des gesetzlichen Willens, daß das Rechts-<lb/> verhältnis in diesem Sinne geordnet sein soll. Der Anspruch auf den postordnungs-<lb/> mäßigen Entschädigungssatz tritt danach an die Stelle des aus den allgemeinen<lb/> Grundsätzen der öffentlichrechtlichen Entschädigung sich ergebenden. Jedenfalls<lb/> ist mit dem Vertrag hier wieder gar nichts zu machen: auch für die von<lb/> den Handlungsunfähigen aufgegebenen Sachen gelten diese besonderen Ent-<lb/> schädigungssätze.</note>.</p><lb/> <p> <note xml:id="seg2pn_96_2" prev="#seg2pn_96_1" place="foot" n="17">Betracht kommt (oben Note 15). Auch die Telegraphenanstalt bewahrt kein Wert-<lb/> objekt ihres Kunden, an welchem eine unmittelbare Schädigung verübt werden<lb/> könnte; daher Tel.Ord. § 23 I. Die etwaige Rückerstattung der Gebühr fällt<lb/> unter andere Gesichtspunkte (unten S. 345). — Interessenschädigungen entfernterer<lb/> Art sind in allen diesen Fällen in großem Maße möglich; aber die sind eben durch<lb/> das Rechtsinstitut der öffentlichrechtlichen Entschädigung nicht gedeckt (unten § 53,<lb/> II n. 2).</note> </p> </div><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [332/0344]
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haben nur die Bedeutung von Regelungen der dienstpflichtmäßigen
Anwendung des Rechtsgrundsatzes. Zugleich können sie wirksam
werden als Anerkennungen des diesem entsprechenden Maßes von
Entschädigung, die im voraus und allgemein abgegeben werden; da-
durch vereinfacht sich die Geltendmachung des Anspruchs; der Ge-
schädigte kann die ihm nach allgemeinem Rechtsgrundsatze zustehende
Entschädigung ohne weiteres in dieser Höhe beanspruchen. Der Nach-
weis, daß im gegebenen Falle die Entschädigung nach jenen Grund-
sätzen höher zu bemessen sei, wäre dadurch nicht ausgeschlossen.
Denn eine selbständig ordnende Kraft haben derartige Regelungen
nicht 18. Soll die Entschädigung nach Gegenstand und Maß durch
solche Regeln selbständig bestimmt werden gegenüber dem, was nach
allgemeinen Grundsätzen geschuldet wäre, und bindend auch für den
Geschädigten, so bedarf es einer gesetzlichen Grundlage, die denn auch
mehrfach hier gegeben ist 19.
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18 Will man ihnen eine weitergehende Bedeutung öffentlichrechtlicher Art
beilegen, so müßte man sie etwa als Generalverfügungen auffassen, welche für
den Nutzenden ergehen; unten § 52, III n. 1. Es wird aber thatsächlich nicht
nötig sein, um die Wirklichkeit zu erklären; die herrschende Meinung hält nur
deshalb an ihren Verträgen und Vertragsklauseln, weil sie sonst eine Entschädi-
gungspflicht oft überhaupt nicht zu begründen wüßte.
19 So Postges. § 66 ff. Die Post-Ord. § 22 ff. stellt Normalsätze auf, die
z. B. für verlorene Postauftragsbriefe zu vergüten sind. Sie sind dermaßen bindend,
daß auf den wirklichen Schaden nicht zurückgegriffen werden kann. Aber dies
nicht durch die Kraft der Post-Ord., sondern durch die Kraft des Postges., welches
in § 50 auf jene verweist. Wenn es ausspricht, daß ihre Vorschriften „gelten als
Bestandteil des Vertrages zwischen der Postanstalt und dem Absender“, so ent-
spricht das der herrschenden juristischen Formulierung des Verhältnisses, enthält
aber jedenfalls den genügenden Ausdruck des gesetzlichen Willens, daß das Rechts-
verhältnis in diesem Sinne geordnet sein soll. Der Anspruch auf den postordnungs-
mäßigen Entschädigungssatz tritt danach an die Stelle des aus den allgemeinen
Grundsätzen der öffentlichrechtlichen Entschädigung sich ergebenden. Jedenfalls
ist mit dem Vertrag hier wieder gar nichts zu machen: auch für die von
den Handlungsunfähigen aufgegebenen Sachen gelten diese besonderen Ent-
schädigungssätze.
17 Betracht kommt (oben Note 15). Auch die Telegraphenanstalt bewahrt kein Wert-
objekt ihres Kunden, an welchem eine unmittelbare Schädigung verübt werden
könnte; daher Tel.Ord. § 23 I. Die etwaige Rückerstattung der Gebühr fällt
unter andere Gesichtspunkte (unten S. 345). — Interessenschädigungen entfernterer
Art sind in allen diesen Fällen in großem Maße möglich; aber die sind eben durch
das Rechtsinstitut der öffentlichrechtlichen Entschädigung nicht gedeckt (unten § 53,
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