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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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§ 52. Gegenrechte der öffentlichen Anstalt.
Ordnung des Gemeinwesens, gemäß den oben Bd. I S. 348 dar-
gestellten Regeln des unmittelbaren Polizeizwangs.

Dieselbe obrigkeitliche Natur der öffentlichen Anstalt äußert sich
aber noch weiter in einer mannigfaltig ausgeprägten, wohlgeordneten
rechtlichen Macht, die für sie ausgeübt wird über alles Fremde, das
gelegentlich der Nutzungsgewährung aufgenommen wird in ihren Be-
trieb. Diese Macht nennen wir die Anstaltsgewalt. Man spricht
von einer Polizei der öffentlichen Anstalt, wo diese einen
mehr oder weniger freien Zutritt in raschem Wechsel gewährt, eine
Art Verkehr gestattet: so bei Marktplätzen, Markthallen, Schlacht-
häusern, Museen, äußeren Postlokalen; auch die Gerichtssäle gehören
hierher. Anstaltsdisciplin heißt die Gewalt, wenn die Anstalt
einen Kreis von benutzenden Personen in mehr dauernder Weise ver-
einigt: Krankenanstalten, Armenhäuser, Schulen. Das sind nur An-
wendungsfälle des allgemeineren Begriffes; daneben stehen solche, die
durch keinen eignen Namen ausgezeichnet sind.

Die Anstaltsgewalt kann auf eine besondere Rechtsgrund-
lage
gestellt sein, in der sie das Maß ihrer Ermächtigungen bestimmt
findet. Bei Anstalten, die nur dazu da sind, einer umfassenderen Ge-
waltübung über den darin Aufgenommenen zu dienen, verschwindet sie
hinter dieser (Gefängnisanstalten, militärische Verpflegungsanstalten).
Bei Anstalten, welche sich auf öffentlichen Sachen bewegen (Markt-
plätze), greifen die Formen der Polizei der öffentlichen Sachen Platz.
Bei Anstalten mit Benutzungsgebot (Impfung, Schlachthäuser, Volks-
schulen) mag der Rechtssatz, welcher den Eintritt in die Benutzung
erzwingt, auch für die gehörige Durchführung Maßregeln im Ein-
zelnen vorsehen, und auch außerdem kann das Gesetz überall durch
Strafbestimmungen, Zulassung von Ordnungsstrafen und dergleichen
die Anstaltsgewalt verschärfen oder näher bestimmen.

Hinter all dem aber steht das gemeine Recht der An-
staltsgewalt,
wie sie aus dem Wesen der öffentlichen Anstalt von
selbst sich ergiebt, ohne gesetzliche Grundlage. Die That-
sache, daß sie in dieser Weise vorhanden ist und geübt wird, haben
wir vor Augen. Wir müssen uns nur Rechenschaft darüber geben,
wie sich das einfügt in den Kreis unserer Rechtsinstitute.

Die Erklärung liegt darin, daß hier ein besonderes Gewalt-
verhältnis
begründet ist4. Damit steht es folgendermaßen.

4 Vgl. darüber Bd. I § 9 Note 13, § 30, II n. 3, und oben § 45, I. Jellinek,
Subj. öff. Rechte S. 207, zählt unter den Gewaltverhältnissen, die er dem Staats-
dienstverhältnisse zur Seite stellt, auch diejenigen auf, welche begründet werden

§ 52. Gegenrechte der öffentlichen Anstalt.
Ordnung des Gemeinwesens, gemäß den oben Bd. I S. 348 dar-
gestellten Regeln des unmittelbaren Polizeizwangs.

Dieselbe obrigkeitliche Natur der öffentlichen Anstalt äußert sich
aber noch weiter in einer mannigfaltig ausgeprägten, wohlgeordneten
rechtlichen Macht, die für sie ausgeübt wird über alles Fremde, das
gelegentlich der Nutzungsgewährung aufgenommen wird in ihren Be-
trieb. Diese Macht nennen wir die Anstaltsgewalt. Man spricht
von einer Polizei der öffentlichen Anstalt, wo diese einen
mehr oder weniger freien Zutritt in raschem Wechsel gewährt, eine
Art Verkehr gestattet: so bei Marktplätzen, Markthallen, Schlacht-
häusern, Museen, äußeren Postlokalen; auch die Gerichtssäle gehören
hierher. Anstaltsdisciplin heißt die Gewalt, wenn die Anstalt
einen Kreis von benutzenden Personen in mehr dauernder Weise ver-
einigt: Krankenanstalten, Armenhäuser, Schulen. Das sind nur An-
wendungsfälle des allgemeineren Begriffes; daneben stehen solche, die
durch keinen eignen Namen ausgezeichnet sind.

Die Anstaltsgewalt kann auf eine besondere Rechtsgrund-
lage
gestellt sein, in der sie das Maß ihrer Ermächtigungen bestimmt
findet. Bei Anstalten, die nur dazu da sind, einer umfassenderen Ge-
waltübung über den darin Aufgenommenen zu dienen, verschwindet sie
hinter dieser (Gefängnisanstalten, militärische Verpflegungsanstalten).
Bei Anstalten, welche sich auf öffentlichen Sachen bewegen (Markt-
plätze), greifen die Formen der Polizei der öffentlichen Sachen Platz.
Bei Anstalten mit Benutzungsgebot (Impfung, Schlachthäuser, Volks-
schulen) mag der Rechtssatz, welcher den Eintritt in die Benutzung
erzwingt, auch für die gehörige Durchführung Maßregeln im Ein-
zelnen vorsehen, und auch außerdem kann das Gesetz überall durch
Strafbestimmungen, Zulassung von Ordnungsstrafen und dergleichen
die Anstaltsgewalt verschärfen oder näher bestimmen.

Hinter all dem aber steht das gemeine Recht der An-
staltsgewalt,
wie sie aus dem Wesen der öffentlichen Anstalt von
selbst sich ergiebt, ohne gesetzliche Grundlage. Die That-
sache, daß sie in dieser Weise vorhanden ist und geübt wird, haben
wir vor Augen. Wir müssen uns nur Rechenschaft darüber geben,
wie sich das einfügt in den Kreis unserer Rechtsinstitute.

Die Erklärung liegt darin, daß hier ein besonderes Gewalt-
verhältnis
begründet ist4. Damit steht es folgendermaßen.

4 Vgl. darüber Bd. I § 9 Note 13, § 30, II n. 3, und oben § 45, I. Jellinek,
Subj. öff. Rechte S. 207, zählt unter den Gewaltverhältnissen, die er dem Staats-
dienstverhältnisse zur Seite stellt, auch diejenigen auf, welche begründet werden
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[335/0347] § 52. Gegenrechte der öffentlichen Anstalt. Ordnung des Gemeinwesens, gemäß den oben Bd. I S. 348 dar- gestellten Regeln des unmittelbaren Polizeizwangs. Dieselbe obrigkeitliche Natur der öffentlichen Anstalt äußert sich aber noch weiter in einer mannigfaltig ausgeprägten, wohlgeordneten rechtlichen Macht, die für sie ausgeübt wird über alles Fremde, das gelegentlich der Nutzungsgewährung aufgenommen wird in ihren Be- trieb. Diese Macht nennen wir die Anstaltsgewalt. Man spricht von einer Polizei der öffentlichen Anstalt, wo diese einen mehr oder weniger freien Zutritt in raschem Wechsel gewährt, eine Art Verkehr gestattet: so bei Marktplätzen, Markthallen, Schlacht- häusern, Museen, äußeren Postlokalen; auch die Gerichtssäle gehören hierher. Anstaltsdisciplin heißt die Gewalt, wenn die Anstalt einen Kreis von benutzenden Personen in mehr dauernder Weise ver- einigt: Krankenanstalten, Armenhäuser, Schulen. Das sind nur An- wendungsfälle des allgemeineren Begriffes; daneben stehen solche, die durch keinen eignen Namen ausgezeichnet sind. Die Anstaltsgewalt kann auf eine besondere Rechtsgrund- lage gestellt sein, in der sie das Maß ihrer Ermächtigungen bestimmt findet. Bei Anstalten, die nur dazu da sind, einer umfassenderen Ge- waltübung über den darin Aufgenommenen zu dienen, verschwindet sie hinter dieser (Gefängnisanstalten, militärische Verpflegungsanstalten). Bei Anstalten, welche sich auf öffentlichen Sachen bewegen (Markt- plätze), greifen die Formen der Polizei der öffentlichen Sachen Platz. Bei Anstalten mit Benutzungsgebot (Impfung, Schlachthäuser, Volks- schulen) mag der Rechtssatz, welcher den Eintritt in die Benutzung erzwingt, auch für die gehörige Durchführung Maßregeln im Ein- zelnen vorsehen, und auch außerdem kann das Gesetz überall durch Strafbestimmungen, Zulassung von Ordnungsstrafen und dergleichen die Anstaltsgewalt verschärfen oder näher bestimmen. Hinter all dem aber steht das gemeine Recht der An- staltsgewalt, wie sie aus dem Wesen der öffentlichen Anstalt von selbst sich ergiebt, ohne gesetzliche Grundlage. Die That- sache, daß sie in dieser Weise vorhanden ist und geübt wird, haben wir vor Augen. Wir müssen uns nur Rechenschaft darüber geben, wie sich das einfügt in den Kreis unserer Rechtsinstitute. Die Erklärung liegt darin, daß hier ein besonderes Gewalt- verhältnis begründet ist 4. Damit steht es folgendermaßen. 4 Vgl. darüber Bd. I § 9 Note 13, § 30, II n. 3, und oben § 45, I. Jellinek, Subj. öff. Rechte S. 207, zählt unter den Gewaltverhältnissen, die er dem Staats- dienstverhältnisse zur Seite stellt, auch diejenigen auf, welche begründet werden

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/347>, abgerufen am 23.11.2024.