Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.Das öffentliche Sachenrecht. Wenn man sich gegen die Anerkennung dieses Satzes teilweise es viele Enteignungszwecke, die kein öffentliches Eigentum und keinen öffentlichen Gebrauch herstellen wollen (Gefängnisbauten, Dienstgebäude, Schutz für Museen und Sammlungen, oben Note 19). Da stimmt es dann nicht. -- Eger, Ges. über die Enteignung I S. 14, entfernt sich noch weiter von dem wahren Hindernis, das hier besteht. "Es entsteht die Frage, sagt er, ob auch Grundstücke, welche einem mit dem Enteignungsrechte ausgerüsteten Unternehmen angehören und für dieses enteignet worden sind, zu Zwecken eines späteren, gleichfalls mit dem Enteignungs- rechte versehenen Unternehmens enteignet werden dürfen." Das ist nicht die richtige Frage. Daß Grundstücke, welche für den Eisenbahnbau enteignet worden waren und nicht für die Verkehrsstraße selbst dienen, also nicht öffentliches Eigentum geworden sind, für die Anlage einer Straße z. B. hinterdrein wieder enteignet werden können, ist außer Zweifel. Eger meint: nur dann, wenn die Eisenbahn das Grundstück nicht mehr braucht. Aber auch, wenn sie es noch be- nützt als Teil des Hofes ihrer Reparaturwerkstätte, oder zur Lagerung von Materialien, geht die Enteignung ihren Gang, gerade so, wie wenn sie das Grund- stück gekauft hätte. Und umgekehrt: wenn das Grundstück öffentliches Eigentum ist, entsteht der Zweifel an der Zulässigkeit der Enteignung, gleichviel wie es er- worben wurde. Eger führt das Beispiel eines Begräbnisplatzes an, durch den eine Eisenbahn geführt werden soll. Er ist wohl selbst nicht der Meinung, daß das ohne Schwierigkeit geschehen könne, wenn die Gemeinde seiner Zeit das Grund- stück gekauft oder geschenkt bekommen hat oder wenn man, wie es oft der Fall sein wird, gar nicht mehr weiß, woher es stammt. Das "mit dem Enteignungs- recht ausgerüstete Unternehmen", welches Eger hier vorschwebt, soll aber wohl bedeuten: ein Unternehmen, für welches seinem Gegenstand und seinem Unternehmer nach Enteignung auch künftig möglich ist. Da soll denn Enteignung nicht da- gegen zulässig sein, weil es sofort wieder kommen könnte und zurückenteignen. Allein so steht die Sache nicht. Die Enteignung beruht immer auf einem Ab- wägen des öffentlichen Interesses nach Zeit und Gelegenheit und Wert der ver- schiedenen Unternehmungen. "Ausgerüstet" und "nicht ausgerüstet" sind nicht feststehende Gegensätze. Die Unzugänglichkeit des öffentlichen Eigentums für die Enteignung aber ist formal juristischer Natur. 31 v. Rohland, Ent.R. S. 20, glaubt die Zulässigkeit der Enteignung
von öffentlichem Eigentum schon durch die Widerlegung von Grünhuts zu weit gehenden Auffassungen zu begründen. Prazak, R. der Enteignung S. 76 Note 11, weist dazu noch auf die Unzuträglichkeiten hin, welche ein solches un- bedingtes Verbot mit sich führen würde. -- Die Zulässigkeit der Enteignung zum Zweck der Anlage von Eisenbahngeleisen über eine Distriktsstraße wird scheinbar Das öffentliche Sachenrecht. Wenn man sich gegen die Anerkennung dieses Satzes teilweise es viele Enteignungszwecke, die kein öffentliches Eigentum und keinen öffentlichen Gebrauch herstellen wollen (Gefängnisbauten, Dienstgebäude, Schutz für Museen und Sammlungen, oben Note 19). Da stimmt es dann nicht. — Eger, Ges. über die Enteignung I S. 14, entfernt sich noch weiter von dem wahren Hindernis, das hier besteht. „Es entsteht die Frage, sagt er, ob auch Grundstücke, welche einem mit dem Enteignungsrechte ausgerüsteten Unternehmen angehören und für dieses enteignet worden sind, zu Zwecken eines späteren, gleichfalls mit dem Enteignungs- rechte versehenen Unternehmens enteignet werden dürfen.“ Das ist nicht die richtige Frage. Daß Grundstücke, welche für den Eisenbahnbau enteignet worden waren und nicht für die Verkehrsstraße selbst dienen, also nicht öffentliches Eigentum geworden sind, für die Anlage einer Straße z. B. hinterdrein wieder enteignet werden können, ist außer Zweifel. Eger meint: nur dann, wenn die Eisenbahn das Grundstück nicht mehr braucht. Aber auch, wenn sie es noch be- nützt als Teil des Hofes ihrer Reparaturwerkstätte, oder zur Lagerung von Materialien, geht die Enteignung ihren Gang, gerade so, wie wenn sie das Grund- stück gekauft hätte. Und umgekehrt: wenn das Grundstück öffentliches Eigentum ist, entsteht der Zweifel an der Zulässigkeit der Enteignung, gleichviel wie es er- worben wurde. Eger führt das Beispiel eines Begräbnisplatzes an, durch den eine Eisenbahn geführt werden soll. Er ist wohl selbst nicht der Meinung, daß das ohne Schwierigkeit geschehen könne, wenn die Gemeinde seiner Zeit das Grund- stück gekauft oder geschenkt bekommen hat oder wenn man, wie es oft der Fall sein wird, gar nicht mehr weiß, woher es stammt. Das „mit dem Enteignungs- recht ausgerüstete Unternehmen“, welches Eger hier vorschwebt, soll aber wohl bedeuten: ein Unternehmen, für welches seinem Gegenstand und seinem Unternehmer nach Enteignung auch künftig möglich ist. Da soll denn Enteignung nicht da- gegen zulässig sein, weil es sofort wieder kommen könnte und zurückenteignen. Allein so steht die Sache nicht. Die Enteignung beruht immer auf einem Ab- wägen des öffentlichen Interesses nach Zeit und Gelegenheit und Wert der ver- schiedenen Unternehmungen. „Ausgerüstet“ und „nicht ausgerüstet“ sind nicht feststehende Gegensätze. Die Unzugänglichkeit des öffentlichen Eigentums für die Enteignung aber ist formal juristischer Natur. 31 v. Rohland, Ent.R. S. 20, glaubt die Zulässigkeit der Enteignung
von öffentlichem Eigentum schon durch die Widerlegung von Grünhuts zu weit gehenden Auffassungen zu begründen. Prazak, R. der Enteignung S. 76 Note 11, weist dazu noch auf die Unzuträglichkeiten hin, welche ein solches un- bedingtes Verbot mit sich führen würde. — Die Zulässigkeit der Enteignung zum Zweck der Anlage von Eisenbahngeleisen über eine Distriktsstraße wird scheinbar <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0036" n="24"/> <fw place="top" type="header">Das öffentliche Sachenrecht.</fw><lb/> <p>Wenn man sich gegen die Anerkennung dieses Satzes teilweise<lb/> noch sträubt und die Zulässigkeit der Enteignung schlechthin auch<lb/> für das öffentliche Eigentum behauptet, so geschieht es wesentlich aus<lb/> Erwägungen der Zweckmäßigkeit. Es handle sich z. B. um eine<lb/> Eisenbahnanlage, wofür ein öffentlicher Weg, ein Stück des öffentlichen<lb/> Flusses oder sonst ein Stück öffentlichen Eigentums in Anspruch ge-<lb/> nommen werden muß. Sollte das nun einfach auf dem Wege der<lb/> Enteignung nicht zu machen sein? Geschieht es nicht thatsäch-<lb/> lich doch<note xml:id="seg2pn_6_1" next="#seg2pn_6_2" place="foot" n="31">v. <hi rendition="#g">Rohland,</hi> Ent.R. S. 20, glaubt die Zulässigkeit der Enteignung<lb/> von öffentlichem Eigentum schon durch die Widerlegung von Grünhuts zu weit<lb/> gehenden Auffassungen zu begründen. <hi rendition="#g">Prazak,</hi> R. der Enteignung S. 76<lb/> Note 11, weist dazu noch auf die Unzuträglichkeiten hin, welche ein solches un-<lb/> bedingtes Verbot mit sich führen würde. — Die Zulässigkeit der Enteignung zum<lb/> Zweck der Anlage von Eisenbahngeleisen über eine Distriktsstraße wird scheinbar</note>?</p><lb/> <p> <note xml:id="seg2pn_5_2" prev="#seg2pn_5_1" place="foot" n="30">es viele Enteignungszwecke, die kein öffentliches Eigentum und keinen öffentlichen<lb/> Gebrauch herstellen wollen (Gefängnisbauten, Dienstgebäude, Schutz für Museen<lb/> und Sammlungen, oben Note 19). Da stimmt es dann nicht. — <hi rendition="#g">Eger,</hi> Ges. über<lb/> die Enteignung I S. 14, entfernt sich noch weiter von dem wahren Hindernis, das<lb/> hier besteht. „Es entsteht die Frage, sagt er, ob auch Grundstücke, welche einem<lb/> mit dem Enteignungsrechte ausgerüsteten Unternehmen angehören und für dieses<lb/> enteignet worden sind, zu Zwecken eines späteren, gleichfalls mit dem Enteignungs-<lb/> rechte versehenen Unternehmens enteignet werden dürfen.“ Das ist nicht die<lb/> richtige Frage. Daß Grundstücke, welche für den Eisenbahnbau enteignet worden<lb/> waren und nicht für die Verkehrsstraße selbst dienen, also nicht öffentliches<lb/> Eigentum geworden sind, für die Anlage einer Straße z. B. hinterdrein wieder<lb/> enteignet werden können, ist außer Zweifel. Eger meint: nur dann, wenn die<lb/> Eisenbahn das Grundstück nicht mehr braucht. Aber auch, wenn sie es noch be-<lb/> nützt als Teil des Hofes ihrer Reparaturwerkstätte, oder zur Lagerung von<lb/> Materialien, geht die Enteignung ihren Gang, gerade so, wie wenn sie das Grund-<lb/> stück gekauft hätte. Und umgekehrt: wenn das Grundstück öffentliches Eigentum<lb/> ist, entsteht der Zweifel an der Zulässigkeit der Enteignung, gleichviel wie es er-<lb/> worben wurde. Eger führt das Beispiel eines Begräbnisplatzes an, durch den eine<lb/> Eisenbahn geführt werden soll. Er ist wohl selbst nicht der Meinung, daß das<lb/> ohne Schwierigkeit geschehen könne, wenn die Gemeinde seiner Zeit das Grund-<lb/> stück gekauft oder geschenkt bekommen hat oder wenn man, wie es oft der Fall<lb/> sein wird, gar nicht mehr weiß, woher es stammt. Das „mit dem Enteignungs-<lb/> recht ausgerüstete Unternehmen“, welches Eger hier vorschwebt, soll aber wohl<lb/> bedeuten: ein Unternehmen, für welches seinem Gegenstand und seinem Unternehmer<lb/> nach Enteignung auch künftig möglich ist. Da soll denn Enteignung nicht da-<lb/> gegen zulässig sein, weil es sofort wieder kommen könnte und zurückenteignen.<lb/> Allein so steht die Sache nicht. Die Enteignung beruht immer auf einem Ab-<lb/> wägen des öffentlichen Interesses nach Zeit und Gelegenheit und Wert der ver-<lb/> schiedenen Unternehmungen. „Ausgerüstet“ und „nicht ausgerüstet“ sind nicht<lb/> feststehende Gegensätze. Die Unzugänglichkeit des öffentlichen Eigentums für die<lb/> Enteignung aber ist formal juristischer Natur.</note> </p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [24/0036]
Das öffentliche Sachenrecht.
Wenn man sich gegen die Anerkennung dieses Satzes teilweise
noch sträubt und die Zulässigkeit der Enteignung schlechthin auch
für das öffentliche Eigentum behauptet, so geschieht es wesentlich aus
Erwägungen der Zweckmäßigkeit. Es handle sich z. B. um eine
Eisenbahnanlage, wofür ein öffentlicher Weg, ein Stück des öffentlichen
Flusses oder sonst ein Stück öffentlichen Eigentums in Anspruch ge-
nommen werden muß. Sollte das nun einfach auf dem Wege der
Enteignung nicht zu machen sein? Geschieht es nicht thatsäch-
lich doch 31?
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31 v. Rohland, Ent.R. S. 20, glaubt die Zulässigkeit der Enteignung
von öffentlichem Eigentum schon durch die Widerlegung von Grünhuts zu weit
gehenden Auffassungen zu begründen. Prazak, R. der Enteignung S. 76
Note 11, weist dazu noch auf die Unzuträglichkeiten hin, welche ein solches un-
bedingtes Verbot mit sich führen würde. — Die Zulässigkeit der Enteignung zum
Zweck der Anlage von Eisenbahngeleisen über eine Distriktsstraße wird scheinbar
30 es viele Enteignungszwecke, die kein öffentliches Eigentum und keinen öffentlichen
Gebrauch herstellen wollen (Gefängnisbauten, Dienstgebäude, Schutz für Museen
und Sammlungen, oben Note 19). Da stimmt es dann nicht. — Eger, Ges. über
die Enteignung I S. 14, entfernt sich noch weiter von dem wahren Hindernis, das
hier besteht. „Es entsteht die Frage, sagt er, ob auch Grundstücke, welche einem
mit dem Enteignungsrechte ausgerüsteten Unternehmen angehören und für dieses
enteignet worden sind, zu Zwecken eines späteren, gleichfalls mit dem Enteignungs-
rechte versehenen Unternehmens enteignet werden dürfen.“ Das ist nicht die
richtige Frage. Daß Grundstücke, welche für den Eisenbahnbau enteignet worden
waren und nicht für die Verkehrsstraße selbst dienen, also nicht öffentliches
Eigentum geworden sind, für die Anlage einer Straße z. B. hinterdrein wieder
enteignet werden können, ist außer Zweifel. Eger meint: nur dann, wenn die
Eisenbahn das Grundstück nicht mehr braucht. Aber auch, wenn sie es noch be-
nützt als Teil des Hofes ihrer Reparaturwerkstätte, oder zur Lagerung von
Materialien, geht die Enteignung ihren Gang, gerade so, wie wenn sie das Grund-
stück gekauft hätte. Und umgekehrt: wenn das Grundstück öffentliches Eigentum
ist, entsteht der Zweifel an der Zulässigkeit der Enteignung, gleichviel wie es er-
worben wurde. Eger führt das Beispiel eines Begräbnisplatzes an, durch den eine
Eisenbahn geführt werden soll. Er ist wohl selbst nicht der Meinung, daß das
ohne Schwierigkeit geschehen könne, wenn die Gemeinde seiner Zeit das Grund-
stück gekauft oder geschenkt bekommen hat oder wenn man, wie es oft der Fall
sein wird, gar nicht mehr weiß, woher es stammt. Das „mit dem Enteignungs-
recht ausgerüstete Unternehmen“, welches Eger hier vorschwebt, soll aber wohl
bedeuten: ein Unternehmen, für welches seinem Gegenstand und seinem Unternehmer
nach Enteignung auch künftig möglich ist. Da soll denn Enteignung nicht da-
gegen zulässig sein, weil es sofort wieder kommen könnte und zurückenteignen.
Allein so steht die Sache nicht. Die Enteignung beruht immer auf einem Ab-
wägen des öffentlichen Interesses nach Zeit und Gelegenheit und Wert der ver-
schiedenen Unternehmungen. „Ausgerüstet“ und „nicht ausgerüstet“ sind nicht
feststehende Gegensätze. Die Unzugänglichkeit des öffentlichen Eigentums für die
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