Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.§ 60. Selbstverwaltungslasten und Ausgleichungen. haupt möglich ist, nur die civilrechtliche sein. Diese Möglichkeit istsehr beschränkt. Die öffentliche Verwaltung besorgt ja in reichstem Maße Interessen der Einzelnen. Aber das thut sie um ihrer eignen Aufgabe willen und dadurch ist der Gedanke einer Geschäftsführung ohne Auftrag für jene von vornherein ausgeschlossen. Ansprüche auf Vergütungen knüpfen sich verschiedentlich daran, öffentlichrechtliche wie civilrechtliche, aber die haben jedesmal einen anderen, besonderen Rechtsgrund8. Wenn umgekehrt der Unterthan Geschäftsführung ohne Auftrag machen wollte für das Rechtssubjekt der öffentlichen Ver- waltung, so würde sich das in der Regel vielmehr als eine unerlaubte Einmischung darstellen. Es kann aber besondere Umstände geben, wo dieser Gesichtspunkt nicht Platz greift. Dann ist das civilrecht- liche Rechtsinstitut gegeben mit dem civilrechtlichen Anspruche des Geschäftsführers gegen den Staat, die Gemeinde oder die sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts, welcher der Dienst geleistet worden ist9. Ein öffentlichrechtliches Rechtsverhältnis, das der Geschäftsführung 8 So knüpft sich an die Ersatzvornahme in der Zwangsvollstreckung die öffentlichrechtliche Kostenerstattungspflicht (Bd. I § 18, II), an die Armenunter- stützung das Recht zur Geltendmachung der civilrechtlichen Alimentationsansprüche des Unterstützten (Unterst. Wohns.Ges. v. 6. Juni 1870 § 62). Die Ähnlichkeit mit der negotiorum gestio ist nur ganz äußerlich. 9 Das Hauptbeispiel bietet der Ersatzanspruch gegen Armenverbände für Er-
füllung ihrer Unterstützungspflicht durch einen Privaten. Die civilrechtliche Grund- lage wird dadurch nicht geändert, daß Formvorschriften das Recht bedingen (Anzeigepflicht) und daß die Frage der Unterstützungspflicht der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde vorbehalten ist. O.Tr. 27. Mai 1874 (Str. 93 S. 22); R.G. 10. Jan. 1882 (Samml. III S. 270); V.G.H. 25. Mai 1880 (Samml. II S. 237); B.A. f. Heim.W. 5. Mai 1879 (Reger I S. 63); O.L.G. Kiel 19. Okt. 1886 (Reger VIII S. 286); Württemb. V.G. H. 10. Juli 1878 (Württemb. Arch. f. R. 19 S. 388). § 60. Selbstverwaltungslasten und Ausgleichungen. haupt möglich ist, nur die civilrechtliche sein. Diese Möglichkeit istsehr beschränkt. Die öffentliche Verwaltung besorgt ja in reichstem Maße Interessen der Einzelnen. Aber das thut sie um ihrer eignen Aufgabe willen und dadurch ist der Gedanke einer Geschäftsführung ohne Auftrag für jene von vornherein ausgeschlossen. Ansprüche auf Vergütungen knüpfen sich verschiedentlich daran, öffentlichrechtliche wie civilrechtliche, aber die haben jedesmal einen anderen, besonderen Rechtsgrund8. Wenn umgekehrt der Unterthan Geschäftsführung ohne Auftrag machen wollte für das Rechtssubjekt der öffentlichen Ver- waltung, so würde sich das in der Regel vielmehr als eine unerlaubte Einmischung darstellen. Es kann aber besondere Umstände geben, wo dieser Gesichtspunkt nicht Platz greift. Dann ist das civilrecht- liche Rechtsinstitut gegeben mit dem civilrechtlichen Anspruche des Geschäftsführers gegen den Staat, die Gemeinde oder die sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts, welcher der Dienst geleistet worden ist9. Ein öffentlichrechtliches Rechtsverhältnis, das der Geschäftsführung 8 So knüpft sich an die Ersatzvornahme in der Zwangsvollstreckung die öffentlichrechtliche Kostenerstattungspflicht (Bd. I § 18, II), an die Armenunter- stützung das Recht zur Geltendmachung der civilrechtlichen Alimentationsansprüche des Unterstützten (Unterst. Wohns.Ges. v. 6. Juni 1870 § 62). Die Ähnlichkeit mit der negotiorum gestio ist nur ganz äußerlich. 9 Das Hauptbeispiel bietet der Ersatzanspruch gegen Armenverbände für Er-
füllung ihrer Unterstützungspflicht durch einen Privaten. Die civilrechtliche Grund- lage wird dadurch nicht geändert, daß Formvorschriften das Recht bedingen (Anzeigepflicht) und daß die Frage der Unterstützungspflicht der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde vorbehalten ist. O.Tr. 27. Mai 1874 (Str. 93 S. 22); R.G. 10. Jan. 1882 (Samml. III S. 270); V.G.H. 25. Mai 1880 (Samml. II S. 237); B.A. f. Heim.W. 5. Mai 1879 (Reger I S. 63); O.L.G. Kiel 19. Okt. 1886 (Reger VIII S. 286); Württemb. V.G. H. 10. Juli 1878 (Württemb. Arch. f. R. 19 S. 388). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0439" n="427"/><fw place="top" type="header">§ 60. Selbstverwaltungslasten und Ausgleichungen.</fw><lb/> haupt möglich ist, nur die civilrechtliche sein. Diese Möglichkeit ist<lb/> sehr beschränkt. Die öffentliche Verwaltung besorgt ja in reichstem<lb/> Maße Interessen der Einzelnen. Aber das thut sie um ihrer eignen<lb/> Aufgabe willen und dadurch ist der Gedanke einer Geschäftsführung<lb/> ohne Auftrag für jene von vornherein ausgeschlossen. Ansprüche auf<lb/> Vergütungen knüpfen sich verschiedentlich daran, öffentlichrechtliche<lb/> wie civilrechtliche, aber die haben jedesmal einen anderen, besonderen<lb/> Rechtsgrund<note place="foot" n="8">So knüpft sich an die Ersatzvornahme in der Zwangsvollstreckung die<lb/> öffentlichrechtliche Kostenerstattungspflicht (Bd. I § 18, II), an die Armenunter-<lb/> stützung das Recht zur Geltendmachung der civilrechtlichen Alimentationsansprüche<lb/> des Unterstützten (Unterst. Wohns.Ges. v. 6. Juni 1870 § 62). Die Ähnlichkeit mit<lb/> der negotiorum gestio ist nur ganz äußerlich.</note>. Wenn umgekehrt der Unterthan Geschäftsführung ohne<lb/> Auftrag machen wollte für das Rechtssubjekt der öffentlichen Ver-<lb/> waltung, so würde sich das in der Regel vielmehr als eine unerlaubte<lb/> Einmischung darstellen. Es kann aber besondere Umstände geben,<lb/> wo dieser Gesichtspunkt nicht Platz greift. Dann ist das civilrecht-<lb/> liche Rechtsinstitut gegeben mit dem civilrechtlichen Anspruche des<lb/> Geschäftsführers gegen den Staat, die Gemeinde oder die sonstige<lb/> juristische Person des öffentlichen Rechts, welcher der Dienst geleistet<lb/> worden ist<note place="foot" n="9">Das Hauptbeispiel bietet der Ersatzanspruch gegen Armenverbände für Er-<lb/> füllung ihrer Unterstützungspflicht durch einen Privaten. Die civilrechtliche Grund-<lb/> lage wird dadurch nicht geändert, daß Formvorschriften das Recht bedingen<lb/> (Anzeigepflicht) und daß die Frage der Unterstützungspflicht der Zuständigkeit der<lb/> Verwaltungsbehörde vorbehalten ist. O.Tr. 27. Mai 1874 (Str. 93 S. 22); R.G.<lb/> 10. Jan. 1882 (Samml. III S. 270); V.G.H. 25. Mai 1880 (Samml. II S. 237); B.A.<lb/> f. Heim.W. 5. Mai 1879 (<hi rendition="#g">Reger</hi> I S. 63); O.L.G. Kiel 19. Okt. 1886 (<hi rendition="#g">Reger</hi> VIII<lb/> S. 286); Württemb. V.G. H. 10. Juli 1878 (Württemb. Arch. f. R. 19 S. 388).</note>.</p><lb/> <p>Ein öffentlichrechtliches Rechtsverhältnis, das der Geschäftsführung<lb/> ohne Auftrag entspricht, kommt nur da zur Erscheinung, wo beider-<lb/> seits juristische Personen des öffentlichen Rechts gegeben sind, deren<lb/> öffentliche Verwaltung dabei in Frage ist. Auch hier ist eine nego-<lb/> tiorum gestio nicht so ohne weiteres möglich. Jede dieser juristischen<lb/> Personen, der Staat wie die verschiedenen Selbstverwaltungskörper<lb/> unter ihm, hat ihr Gebiet von Geschäften zugeteilt, und ein Übergriff<lb/> in die Geschäfte der anderen wäre in der Regel nur als eine Unord-<lb/> nung anzusehen, aus der dem fehlenden Teil jedenfalls kein öffentlich-<lb/> rechtlich geordneter Anspruch entstehen kann. Damit die Entstehung<lb/> eines solchen Anspruchs denkbar werde, ist deshalb die erste Voraus-<lb/> setzung die, daß es sich um die Besorgung eines Geschäftes handelt,<lb/> zu welchem <hi rendition="#g">beide,</hi> der Geschäftsführer wie der Geschäftsherr, be-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [427/0439]
§ 60. Selbstverwaltungslasten und Ausgleichungen.
haupt möglich ist, nur die civilrechtliche sein. Diese Möglichkeit ist
sehr beschränkt. Die öffentliche Verwaltung besorgt ja in reichstem
Maße Interessen der Einzelnen. Aber das thut sie um ihrer eignen
Aufgabe willen und dadurch ist der Gedanke einer Geschäftsführung
ohne Auftrag für jene von vornherein ausgeschlossen. Ansprüche auf
Vergütungen knüpfen sich verschiedentlich daran, öffentlichrechtliche
wie civilrechtliche, aber die haben jedesmal einen anderen, besonderen
Rechtsgrund 8. Wenn umgekehrt der Unterthan Geschäftsführung ohne
Auftrag machen wollte für das Rechtssubjekt der öffentlichen Ver-
waltung, so würde sich das in der Regel vielmehr als eine unerlaubte
Einmischung darstellen. Es kann aber besondere Umstände geben,
wo dieser Gesichtspunkt nicht Platz greift. Dann ist das civilrecht-
liche Rechtsinstitut gegeben mit dem civilrechtlichen Anspruche des
Geschäftsführers gegen den Staat, die Gemeinde oder die sonstige
juristische Person des öffentlichen Rechts, welcher der Dienst geleistet
worden ist 9.
Ein öffentlichrechtliches Rechtsverhältnis, das der Geschäftsführung
ohne Auftrag entspricht, kommt nur da zur Erscheinung, wo beider-
seits juristische Personen des öffentlichen Rechts gegeben sind, deren
öffentliche Verwaltung dabei in Frage ist. Auch hier ist eine nego-
tiorum gestio nicht so ohne weiteres möglich. Jede dieser juristischen
Personen, der Staat wie die verschiedenen Selbstverwaltungskörper
unter ihm, hat ihr Gebiet von Geschäften zugeteilt, und ein Übergriff
in die Geschäfte der anderen wäre in der Regel nur als eine Unord-
nung anzusehen, aus der dem fehlenden Teil jedenfalls kein öffentlich-
rechtlich geordneter Anspruch entstehen kann. Damit die Entstehung
eines solchen Anspruchs denkbar werde, ist deshalb die erste Voraus-
setzung die, daß es sich um die Besorgung eines Geschäftes handelt,
zu welchem beide, der Geschäftsführer wie der Geschäftsherr, be-
8 So knüpft sich an die Ersatzvornahme in der Zwangsvollstreckung die
öffentlichrechtliche Kostenerstattungspflicht (Bd. I § 18, II), an die Armenunter-
stützung das Recht zur Geltendmachung der civilrechtlichen Alimentationsansprüche
des Unterstützten (Unterst. Wohns.Ges. v. 6. Juni 1870 § 62). Die Ähnlichkeit mit
der negotiorum gestio ist nur ganz äußerlich.
9 Das Hauptbeispiel bietet der Ersatzanspruch gegen Armenverbände für Er-
füllung ihrer Unterstützungspflicht durch einen Privaten. Die civilrechtliche Grund-
lage wird dadurch nicht geändert, daß Formvorschriften das Recht bedingen
(Anzeigepflicht) und daß die Frage der Unterstützungspflicht der Zuständigkeit der
Verwaltungsbehörde vorbehalten ist. O.Tr. 27. Mai 1874 (Str. 93 S. 22); R.G.
10. Jan. 1882 (Samml. III S. 270); V.G.H. 25. Mai 1880 (Samml. II S. 237); B.A.
f. Heim.W. 5. Mai 1879 (Reger I S. 63); O.L.G. Kiel 19. Okt. 1886 (Reger VIII
S. 286); Württemb. V.G. H. 10. Juli 1878 (Württemb. Arch. f. R. 19 S. 388).
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