Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.Das öffentliche Sachenrecht. ihre Angehörigen. Römischrechtliche und kirchenrechtliche An-schauungen spielen mit hinein, wenn er um dieser Leistung willen als öffentliches Eigentum angesehen wird24. 3. Es giebt endlich öffentliche Sachen, welche den Einzelnen über- 24 Bei dem Kirchhof, wie bei den Kirchengebäuden (im Text unten n. 3),
haben kirchliche und kirchenrechtliche Ideen mächtig mitgewirkt, um ihre An- erkennung als öffentliche Sache auch im weltlichen Rechte zu vermitteln. Daß diese auf einen usus publicus nicht gegründet werden kann, ist sicher. Wind- scheid, Pand. § 147: "Die Eigenschaft dem Verkehr entzogen zu sein, ist aber keine ausschließliche Eigenschaft der für den gemeinen Gebrauch bestimmten Sachen. Sie zeigt sich namentlich auch bei den für den Gottesdienst geweihten Sachen und den Begräbnisplätzen (res sacrae, fundus religiosus)." Die Civilrechts- wissenschaft sieht am Gemeindekirchhofe natürlich nur, daß er ihr nicht gehört, ihren Regeln nicht unterliegt und kann sich begnügen zu sagen, daß er dem Ver- kehr entzogen ist; wir sehen die Sache von innen an und erkennen da das öffent- liche Eigentum der Gemeinde. -- Foerster-Eccius, Preuß. Priv.R. I S. 110, unterscheidet zweierlei verkehrslose Sachen: solche, die "wegen ihres allgemeinen Gebrauchszweckes der Staat für sich in Anspruch genommen" und diejenigen, "welche dem Gebrauch im Dienste der Religion gewidmet sind (res sacrae, res sanctae)". Der Gebrauch der letzteren ist offenbar kein "allgemeiner Gebrauchs- zweck", kein usus publicus. Die Idee, daß der Kirchhof dem Dienst der Religion gewidmet sei, ist aber auch recht unzureichend. -- Vgl. auch O.Tr. 23. Jan. 1855 (Str. 16 S. 210). Das öffentliche Sachenrecht. ihre Angehörigen. Römischrechtliche und kirchenrechtliche An-schauungen spielen mit hinein, wenn er um dieser Leistung willen als öffentliches Eigentum angesehen wird24. 3. Es giebt endlich öffentliche Sachen, welche den Einzelnen über- 24 Bei dem Kirchhof, wie bei den Kirchengebäuden (im Text unten n. 3),
haben kirchliche und kirchenrechtliche Ideen mächtig mitgewirkt, um ihre An- erkennung als öffentliche Sache auch im weltlichen Rechte zu vermitteln. Daß diese auf einen usus publicus nicht gegründet werden kann, ist sicher. Wind- scheid, Pand. § 147: „Die Eigenschaft dem Verkehr entzogen zu sein, ist aber keine ausschließliche Eigenschaft der für den gemeinen Gebrauch bestimmten Sachen. Sie zeigt sich namentlich auch bei den für den Gottesdienst geweihten Sachen und den Begräbnisplätzen (res sacrae, fundus religiosus).“ Die Civilrechts- wissenschaft sieht am Gemeindekirchhofe natürlich nur, daß er ihr nicht gehört, ihren Regeln nicht unterliegt und kann sich begnügen zu sagen, daß er dem Ver- kehr entzogen ist; wir sehen die Sache von innen an und erkennen da das öffent- liche Eigentum der Gemeinde. — Foerster-Eccius, Preuß. Priv.R. I S. 110, unterscheidet zweierlei verkehrslose Sachen: solche, die „wegen ihres allgemeinen Gebrauchszweckes der Staat für sich in Anspruch genommen“ und diejenigen, „welche dem Gebrauch im Dienste der Religion gewidmet sind (res sacrae, res sanctae)“. Der Gebrauch der letzteren ist offenbar kein „allgemeiner Gebrauchs- zweck“, kein usus publicus. Die Idee, daß der Kirchhof dem Dienst der Religion gewidmet sei, ist aber auch recht unzureichend. — Vgl. auch O.Tr. 23. Jan. 1855 (Str. 16 S. 210). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0090" n="78"/><fw place="top" type="header">Das öffentliche Sachenrecht.</fw><lb/> ihre Angehörigen. Römischrechtliche und kirchenrechtliche An-<lb/> schauungen spielen mit hinein, wenn er um dieser Leistung willen als<lb/> öffentliches Eigentum angesehen wird<note place="foot" n="24">Bei dem Kirchhof, wie bei den Kirchengebäuden (im Text unten n. 3),<lb/> haben kirchliche und kirchenrechtliche Ideen mächtig mitgewirkt, um ihre An-<lb/> erkennung als öffentliche Sache auch im weltlichen Rechte zu vermitteln. Daß<lb/> diese auf einen usus publicus nicht gegründet werden kann, ist sicher. <hi rendition="#g">Wind-<lb/> scheid,</hi> Pand. § 147: „Die Eigenschaft dem Verkehr entzogen zu sein, ist aber<lb/> keine ausschließliche Eigenschaft der für den gemeinen Gebrauch bestimmten<lb/> Sachen. Sie zeigt sich namentlich auch bei den für den Gottesdienst geweihten<lb/> Sachen und den Begräbnisplätzen (res sacrae, fundus religiosus).“ Die Civilrechts-<lb/> wissenschaft sieht am Gemeindekirchhofe natürlich nur, daß er ihr nicht gehört,<lb/> ihren Regeln nicht unterliegt und kann sich begnügen zu sagen, daß er dem Ver-<lb/> kehr entzogen ist; wir sehen die Sache von innen an und erkennen da das öffent-<lb/> liche Eigentum der Gemeinde. — <hi rendition="#g">Foerster-Eccius,</hi> Preuß. Priv.R. I S. 110,<lb/> unterscheidet zweierlei verkehrslose Sachen: solche, die „wegen ihres allgemeinen<lb/> Gebrauchszweckes der Staat für sich in Anspruch genommen“ und diejenigen,<lb/> „welche dem Gebrauch im Dienste der Religion gewidmet sind (res sacrae, res<lb/> sanctae)“. Der Gebrauch der letzteren ist offenbar kein „allgemeiner Gebrauchs-<lb/> zweck“, kein usus publicus. Die Idee, daß der Kirchhof dem Dienst der Religion<lb/> gewidmet sei, ist aber auch recht unzureichend. — Vgl. auch O.Tr. 23. Jan. 1855<lb/> (Str. 16 S. 210).</note>.</p><lb/> <p>3. Es giebt endlich öffentliche Sachen, welche den Einzelnen über-<lb/> haupt keine Dienste leisten, nicht einmal durch die Vermittlung einer<lb/> amtlichen Thätigkeit; die unmittelbare Verwirklichung des öffentlichen<lb/> Zweckes ist auch ohne Vorteile der Einzelnen möglich und sie genügt.<lb/> Dahin gehören vor allem die <hi rendition="#g">Festungswerke</hi>. Hier ist es wieder<lb/> die Sache, welche durch ihre Beschaffenheit das öffentliche Interesse<lb/> selbständig befriedigt, den Schutz der befestigten Stadt, die Sperrung<lb/> des Passes. Diese Selbständigkeit der Leistung trat allerdings bei der<lb/> früheren Bauart und auf dem früheren Stande der Kriegskunst un-<lb/> gleich deutlicher hervor als in unseren Tagen. Jetzt würden wir das<lb/> Festungswerk vielleicht eher als ein Mittel betrachten, welches die<lb/> Wirksamkeit unserer bewaffneten Macht zu unterstützen geeignet ist;<lb/> als solches gehörte es zum Verwaltungsvermögen, aber nicht zu den<lb/> öffentlichen Sachen (oben Note 17). Aber die einmal gewonnene Auf-<lb/> fassung hat sich rechtlich festgesetzt und ist stehen geblieben, auch<lb/> wo sie nicht die Stütze einer ausdrücklichen Gesetzesbestimmung<lb/> fand. Der Widerspruch mit der Rechtsidee ist immerhin noch nicht<lb/> grell genug, um das Herkommen zu zerbrechen. Der Gemeingebrauch<lb/> gehört selbstverständlich zum Wesen dieser öffentlichen Sache nicht;<lb/> er widerspricht sogar geradezu ihrer Hauptaufgabe; nur nebensächlich<lb/> kann etwas derartiges möglicherweise an einzelnen Teilen geduldet<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [78/0090]
Das öffentliche Sachenrecht.
ihre Angehörigen. Römischrechtliche und kirchenrechtliche An-
schauungen spielen mit hinein, wenn er um dieser Leistung willen als
öffentliches Eigentum angesehen wird 24.
3. Es giebt endlich öffentliche Sachen, welche den Einzelnen über-
haupt keine Dienste leisten, nicht einmal durch die Vermittlung einer
amtlichen Thätigkeit; die unmittelbare Verwirklichung des öffentlichen
Zweckes ist auch ohne Vorteile der Einzelnen möglich und sie genügt.
Dahin gehören vor allem die Festungswerke. Hier ist es wieder
die Sache, welche durch ihre Beschaffenheit das öffentliche Interesse
selbständig befriedigt, den Schutz der befestigten Stadt, die Sperrung
des Passes. Diese Selbständigkeit der Leistung trat allerdings bei der
früheren Bauart und auf dem früheren Stande der Kriegskunst un-
gleich deutlicher hervor als in unseren Tagen. Jetzt würden wir das
Festungswerk vielleicht eher als ein Mittel betrachten, welches die
Wirksamkeit unserer bewaffneten Macht zu unterstützen geeignet ist;
als solches gehörte es zum Verwaltungsvermögen, aber nicht zu den
öffentlichen Sachen (oben Note 17). Aber die einmal gewonnene Auf-
fassung hat sich rechtlich festgesetzt und ist stehen geblieben, auch
wo sie nicht die Stütze einer ausdrücklichen Gesetzesbestimmung
fand. Der Widerspruch mit der Rechtsidee ist immerhin noch nicht
grell genug, um das Herkommen zu zerbrechen. Der Gemeingebrauch
gehört selbstverständlich zum Wesen dieser öffentlichen Sache nicht;
er widerspricht sogar geradezu ihrer Hauptaufgabe; nur nebensächlich
kann etwas derartiges möglicherweise an einzelnen Teilen geduldet
24 Bei dem Kirchhof, wie bei den Kirchengebäuden (im Text unten n. 3),
haben kirchliche und kirchenrechtliche Ideen mächtig mitgewirkt, um ihre An-
erkennung als öffentliche Sache auch im weltlichen Rechte zu vermitteln. Daß
diese auf einen usus publicus nicht gegründet werden kann, ist sicher. Wind-
scheid, Pand. § 147: „Die Eigenschaft dem Verkehr entzogen zu sein, ist aber
keine ausschließliche Eigenschaft der für den gemeinen Gebrauch bestimmten
Sachen. Sie zeigt sich namentlich auch bei den für den Gottesdienst geweihten
Sachen und den Begräbnisplätzen (res sacrae, fundus religiosus).“ Die Civilrechts-
wissenschaft sieht am Gemeindekirchhofe natürlich nur, daß er ihr nicht gehört,
ihren Regeln nicht unterliegt und kann sich begnügen zu sagen, daß er dem Ver-
kehr entzogen ist; wir sehen die Sache von innen an und erkennen da das öffent-
liche Eigentum der Gemeinde. — Foerster-Eccius, Preuß. Priv.R. I S. 110,
unterscheidet zweierlei verkehrslose Sachen: solche, die „wegen ihres allgemeinen
Gebrauchszweckes der Staat für sich in Anspruch genommen“ und diejenigen,
„welche dem Gebrauch im Dienste der Religion gewidmet sind (res sacrae, res
sanctae)“. Der Gebrauch der letzteren ist offenbar kein „allgemeiner Gebrauchs-
zweck“, kein usus publicus. Die Idee, daß der Kirchhof dem Dienst der Religion
gewidmet sei, ist aber auch recht unzureichend. — Vgl. auch O.Tr. 23. Jan. 1855
(Str. 16 S. 210).
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