Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Doch wären solches Kinderreden, und wölle sie Niemand
nit damit beschweren.

Hierauf sahe abermalen Dn. Consul dem Haubt¬
mann steif ins Angesicht, und sagte: die alte Lise Kol¬
ken müsse noch heute eingehohlet werden, worauf aber
der Haubtmann keine Antwort gab, und er fortfuhre:

Q. Sie verbleibe also dabei, daß sie Nichtes vom
Teufel wisse?

R. Dabei verbliebe sie und werde sie verbleiben bis
an ihr selig Ende.

Q. Und doch hätte sie sich, wie Zeugen gesehen, von
ihm an hellem Tage in der Sehe umbtaufen lassen. Hier
verfärbete sie sich aber eins und hielt ein wenig inne.

Q. Warumb sie sich wiederumb verfärbe? sie sölle
doch umb Gottes willen an ihre Seligkeit gedenken und
die Wahrheit bekennen.

R. Sie hätte sich in der Sehe gebadet, angesehen
der Tag sehr heiß gewesen, das sei die reine Wahrheit.

Q. Welche keusche Jungfer sich wohl in der Sehe
bade? du leugst oder wiltu etwan auch leugnen, daß du
den alten Paassch sein klein Mägdlein durch einen Stu¬
ten behext?

R. Ach wohl, ach wohl! Sie liebte das Kindlein
wie ihr eigen Schwesterken, hätte sie nit blos mit allen
andern umbsonst informiret, besondern auch in der gro¬
ßen Hungersnoth sich den Bissen oftmalen aus dem Munde
gezogen und ihr denselben eingestecket. Wie sie darumb
ihr solch Leid hätte zufügen mügen?

Doch wären ſolches Kinderreden, und wölle ſie Niemand
nit damit beſchweren.

Hierauf ſahe abermalen Dn. Consul dem Haubt¬
mann ſteif ins Angeſicht, und ſagte: die alte Liſe Kol¬
ken müſſe noch heute eingehohlet werden, worauf aber
der Haubtmann keine Antwort gab, und er fortfuhre:

Q. Sie verbleibe alſo dabei, daß ſie Nichtes vom
Teufel wiſſe?

R. Dabei verbliebe ſie und werde ſie verbleiben bis
an ihr ſelig Ende.

Q. Und doch hätte ſie ſich, wie Zeugen geſehen, von
ihm an hellem Tage in der Sehe umbtaufen laſſen. Hier
verfärbete ſie ſich aber eins und hielt ein wenig inne.

Q. Warumb ſie ſich wiederumb verfärbe? ſie ſölle
doch umb Gottes willen an ihre Seligkeit gedenken und
die Wahrheit bekennen.

R. Sie hätte ſich in der Sehe gebadet, angeſehen
der Tag ſehr heiß geweſen, das ſei die reine Wahrheit.

Q. Welche keuſche Jungfer ſich wohl in der Sehe
bade? du leugſt oder wiltu etwan auch leugnen, daß du
den alten Paaſsch ſein klein Mägdlein durch einen Stu¬
ten behext?

R. Ach wohl, ach wohl! Sie liebte das Kindlein
wie ihr eigen Schweſterken, hätte ſie nit blos mit allen
andern umbſonſt informiret, beſondern auch in der gro¬
ßen Hungersnoth ſich den Biſſen oftmalen aus dem Munde
gezogen und ihr denſelben eingeſtecket. Wie ſie darumb
ihr ſolch Leid hätte zufügen mügen?

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0162" n="146"/>
Doch wären &#x017F;olches Kinderreden, und wölle &#x017F;ie Niemand<lb/>
nit damit be&#x017F;chweren.</p><lb/>
        <p>Hierauf &#x017F;ahe abermalen <hi rendition="#aq">Dn. Consul</hi> dem Haubt¬<lb/>
mann &#x017F;teif ins Ange&#x017F;icht, und &#x017F;agte: die alte Li&#x017F;e Kol¬<lb/>
ken mü&#x017F;&#x017F;e noch heute eingehohlet werden, worauf aber<lb/>
der Haubtmann keine Antwort gab, und er fortfuhre:</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">Q.</hi> Sie verbleibe al&#x017F;o dabei, daß &#x017F;ie Nichtes vom<lb/>
Teufel wi&#x017F;&#x017F;e?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">R.</hi> Dabei verbliebe &#x017F;ie und werde &#x017F;ie verbleiben bis<lb/>
an ihr &#x017F;elig Ende.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">Q.</hi> Und doch hätte &#x017F;ie &#x017F;ich, wie Zeugen ge&#x017F;ehen, von<lb/>
ihm an hellem Tage in der Sehe umbtaufen la&#x017F;&#x017F;en. Hier<lb/>
verfärbete &#x017F;ie &#x017F;ich aber eins und hielt ein wenig inne.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">Q.</hi> Warumb &#x017F;ie &#x017F;ich wiederumb verfärbe? &#x017F;ie &#x017F;ölle<lb/>
doch umb Gottes willen an ihre Seligkeit gedenken und<lb/>
die Wahrheit bekennen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">R.</hi> Sie hätte &#x017F;ich in der Sehe gebadet, ange&#x017F;ehen<lb/>
der Tag &#x017F;ehr heiß gewe&#x017F;en, das &#x017F;ei die reine Wahrheit.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">Q.</hi> Welche keu&#x017F;che Jungfer &#x017F;ich wohl in der Sehe<lb/>
bade? du leug&#x017F;t oder wiltu etwan auch leugnen, daß du<lb/>
den alten Paa&#x017F;sch &#x017F;ein klein Mägdlein durch einen Stu¬<lb/>
ten behext?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">R.</hi> Ach wohl, ach wohl! Sie liebte das Kindlein<lb/>
wie ihr eigen Schwe&#x017F;terken, hätte &#x017F;ie nit blos mit allen<lb/>
andern umb&#x017F;on&#x017F;t informiret, be&#x017F;ondern auch in der gro¬<lb/>
ßen Hungersnoth &#x017F;ich den Bi&#x017F;&#x017F;en oftmalen aus dem Munde<lb/>
gezogen und ihr den&#x017F;elben einge&#x017F;tecket. Wie &#x017F;ie darumb<lb/>
ihr &#x017F;olch Leid hätte zufügen mügen?</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0162] Doch wären ſolches Kinderreden, und wölle ſie Niemand nit damit beſchweren. Hierauf ſahe abermalen Dn. Consul dem Haubt¬ mann ſteif ins Angeſicht, und ſagte: die alte Liſe Kol¬ ken müſſe noch heute eingehohlet werden, worauf aber der Haubtmann keine Antwort gab, und er fortfuhre: Q. Sie verbleibe alſo dabei, daß ſie Nichtes vom Teufel wiſſe? R. Dabei verbliebe ſie und werde ſie verbleiben bis an ihr ſelig Ende. Q. Und doch hätte ſie ſich, wie Zeugen geſehen, von ihm an hellem Tage in der Sehe umbtaufen laſſen. Hier verfärbete ſie ſich aber eins und hielt ein wenig inne. Q. Warumb ſie ſich wiederumb verfärbe? ſie ſölle doch umb Gottes willen an ihre Seligkeit gedenken und die Wahrheit bekennen. R. Sie hätte ſich in der Sehe gebadet, angeſehen der Tag ſehr heiß geweſen, das ſei die reine Wahrheit. Q. Welche keuſche Jungfer ſich wohl in der Sehe bade? du leugſt oder wiltu etwan auch leugnen, daß du den alten Paaſsch ſein klein Mägdlein durch einen Stu¬ ten behext? R. Ach wohl, ach wohl! Sie liebte das Kindlein wie ihr eigen Schweſterken, hätte ſie nit blos mit allen andern umbſonſt informiret, beſondern auch in der gro¬ ßen Hungersnoth ſich den Biſſen oftmalen aus dem Munde gezogen und ihr denſelben eingeſtecket. Wie ſie darumb ihr ſolch Leid hätte zufügen mügen?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/162
Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/162>, abgerufen am 21.11.2024.