Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

leins Stimm erkannt, und herangeschlichen wäre, und
so das Teufelswerk gewahret, fiel selbige ihr lächelnd
in die Rede, und gab zur Antwort: "ei du böses Weib,
wie kannstu meine Stimm, wenn ich an der Sehe spreche,
oben auf dem Berg in der Heiden hören. Du leugst
ja, denn das Mürmeln der Wellen macht es dir unmüg¬
lich!" Solches verdroß den alten Drachen, und wollt'
ers besser machen, macht es aber noch ärger, indem er
sprach: "du rührtest ja das Maul, wie ich sehen kunnte,
und daraus habe ich abgenommen, daß du den Teufel
deinen Buhlen angerufen!" Denn mein Töchterlein ver¬
setzte alsobald: O du gottlos Weib du sagst ja, du wärst
in der Heiden gewest, als du meine Stimm gehöret;
wie magstu denn in der Heiden sehen, ob ich unten am
Wasser das Maul rühre, oder nit? --

Solche Widersprechung verwunderte auch Dn. Con¬
sulem
und hub er an die alte Vettel zu bedräuen, daß
sie doch noch am Ende würde gerecket werden, wenn sie
solche Lügen fürbrächte, worauf selbige aber zur Ant¬
wort gab: " so sehet denn ob ich lüge!" Als sie nacket
ins Wasser ginge, hatte sie noch kein Zeichen an ihrem
Leib, als sie aber wieder daraus herfürstieg, sahe ich,
daß sie zwischen den beiden Brüsten ein Zeichen bei ei¬
nes Wittens Größe hatte, woraus ich abnahm, daß der
Teufel ihr solches geben, obwohl ich ihn nicht umb sie
gesehen, noch sonst einen Geist oder Menschenkind, son¬
dern es den Anschein hatte, daß sie ganz allein war.

Hierauf sprang der Amtshaubtmann von seinem Ses¬

leins Stimm erkannt, und herangeſchlichen wäre, und
ſo das Teufelswerk gewahret, fiel ſelbige ihr lächelnd
in die Rede, und gab zur Antwort: „ei du böſes Weib,
wie kannſtu meine Stimm, wenn ich an der Sehe ſpreche,
oben auf dem Berg in der Heiden hören. Du leugſt
ja, denn das Mürmeln der Wellen macht es dir unmüg¬
lich!" Solches verdroß den alten Drachen, und wollt'
ers beſſer machen, macht es aber noch ärger, indem er
ſprach: „du rührteſt ja das Maul, wie ich ſehen kunnte,
und daraus habe ich abgenommen, daß du den Teufel
deinen Buhlen angerufen!" Denn mein Töchterlein ver¬
ſetzte alſobald: O du gottlos Weib du ſagſt ja, du wärſt
in der Heiden geweſt, als du meine Stimm gehöret;
wie magſtu denn in der Heiden ſehen, ob ich unten am
Waſſer das Maul rühre, oder nit? —

Solche Widerſprechung verwunderte auch Dn. Con¬
sulem
und hub er an die alte Vettel zu bedräuen, daß
ſie doch noch am Ende würde gerecket werden, wenn ſie
ſolche Lügen fürbrächte, worauf ſelbige aber zur Ant¬
wort gab: „ ſo ſehet denn ob ich lüge!" Als ſie nacket
ins Waſſer ginge, hatte ſie noch kein Zeichen an ihrem
Leib, als ſie aber wieder daraus herfürſtieg, ſahe ich,
daß sie zwiſchen den beiden Brüſten ein Zeichen bei ei¬
nes Wittens Größe hatte, woraus ich abnahm, daß der
Teufel ihr ſolches geben, obwohl ich ihn nicht umb ſie
geſehen, noch ſonſt einen Geiſt oder Menſchenkind, son¬
dern es den Anſchein hatte, daß ſie ganz allein war.

Hierauf ſprang der Amtshaubtmann von ſeinem Seſ¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0191" n="175"/>
leins Stimm erkannt, und herange&#x017F;chlichen wäre, und<lb/>
&#x017F;o das Teufelswerk gewahret, fiel &#x017F;elbige ihr lächelnd<lb/>
in die Rede, und gab zur Antwort: &#x201E;ei du bö&#x017F;es Weib,<lb/>
wie kann&#x017F;tu meine Stimm, wenn ich an der Sehe &#x017F;preche,<lb/>
oben auf dem Berg in der Heiden hören. Du leug&#x017F;t<lb/>
ja, denn das Mürmeln der Wellen macht es dir unmüg¬<lb/>
lich!" Solches verdroß den alten Drachen, und wollt'<lb/>
ers be&#x017F;&#x017F;er machen, macht es aber noch ärger, indem er<lb/>
&#x017F;prach: &#x201E;du rührte&#x017F;t ja das Maul, wie ich &#x017F;ehen kunnte,<lb/>
und daraus habe ich abgenommen, daß du den Teufel<lb/>
deinen Buhlen angerufen!" Denn mein Töchterlein ver¬<lb/>
&#x017F;etzte al&#x017F;obald: O du gottlos Weib du &#x017F;ag&#x017F;t ja, du wär&#x017F;t<lb/>
in der Heiden gewe&#x017F;t, als du meine Stimm gehöret;<lb/>
wie mag&#x017F;tu denn in der Heiden &#x017F;ehen, ob ich unten am<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er das Maul rühre, oder nit? &#x2014;</p><lb/>
        <p>Solche Wider&#x017F;prechung verwunderte auch <hi rendition="#aq">Dn. Con¬<lb/>
sulem</hi> und hub er an die alte Vettel zu bedräuen, daß<lb/>
&#x017F;ie doch noch am Ende würde gerecket werden, wenn &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;olche Lügen fürbrächte, worauf &#x017F;elbige aber zur Ant¬<lb/>
wort gab: &#x201E; &#x017F;o &#x017F;ehet denn ob ich lüge!" Als &#x017F;ie nacket<lb/>
ins Wa&#x017F;&#x017F;er ginge, hatte &#x017F;ie noch kein Zeichen an ihrem<lb/>
Leib, als &#x017F;ie aber wieder daraus herfür&#x017F;tieg, &#x017F;ahe ich,<lb/>
daß sie zwi&#x017F;chen den beiden Brü&#x017F;ten ein Zeichen bei ei¬<lb/>
nes Wittens Größe hatte, woraus ich abnahm, daß der<lb/>
Teufel ihr &#x017F;olches geben, obwohl ich ihn nicht umb &#x017F;ie<lb/>
ge&#x017F;ehen, noch &#x017F;on&#x017F;t einen Gei&#x017F;t oder Men&#x017F;chenkind, son¬<lb/>
dern es den An&#x017F;chein hatte, daß &#x017F;ie ganz allein war.</p><lb/>
        <p>Hierauf &#x017F;prang der Amtshaubtmann von &#x017F;einem Se&#x017F;¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0191] leins Stimm erkannt, und herangeſchlichen wäre, und ſo das Teufelswerk gewahret, fiel ſelbige ihr lächelnd in die Rede, und gab zur Antwort: „ei du böſes Weib, wie kannſtu meine Stimm, wenn ich an der Sehe ſpreche, oben auf dem Berg in der Heiden hören. Du leugſt ja, denn das Mürmeln der Wellen macht es dir unmüg¬ lich!" Solches verdroß den alten Drachen, und wollt' ers beſſer machen, macht es aber noch ärger, indem er ſprach: „du rührteſt ja das Maul, wie ich ſehen kunnte, und daraus habe ich abgenommen, daß du den Teufel deinen Buhlen angerufen!" Denn mein Töchterlein ver¬ ſetzte alſobald: O du gottlos Weib du ſagſt ja, du wärſt in der Heiden geweſt, als du meine Stimm gehöret; wie magſtu denn in der Heiden ſehen, ob ich unten am Waſſer das Maul rühre, oder nit? — Solche Widerſprechung verwunderte auch Dn. Con¬ sulem und hub er an die alte Vettel zu bedräuen, daß ſie doch noch am Ende würde gerecket werden, wenn ſie ſolche Lügen fürbrächte, worauf ſelbige aber zur Ant¬ wort gab: „ ſo ſehet denn ob ich lüge!" Als ſie nacket ins Waſſer ginge, hatte ſie noch kein Zeichen an ihrem Leib, als ſie aber wieder daraus herfürſtieg, ſahe ich, daß sie zwiſchen den beiden Brüſten ein Zeichen bei ei¬ nes Wittens Größe hatte, woraus ich abnahm, daß der Teufel ihr ſolches geben, obwohl ich ihn nicht umb ſie geſehen, noch ſonſt einen Geiſt oder Menſchenkind, son¬ dern es den Anſchein hatte, daß ſie ganz allein war. Hierauf ſprang der Amtshaubtmann von ſeinem Seſ¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/191
Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/191>, abgerufen am 22.05.2024.