sagen ich recapitulirete Allens, so mir Satanas einge¬ geben auf dem Papier, jedoch in lateinischer Sprachen, dieweil ich mich schämete es deutsch zu schreiben, und beschwure sie letzlich nicht sich und mich umb das Leben zu bringen, besondern sich in Gottes wunderliche Schik¬ kung zu fügen. Auch wurden mir meine Augen gar nicht aufgethan, als ich gessen ( verstehe geschrieben ) noch merkete ich, daß nicht Honig, besondern Galle unter der Tinten war, sondern ich übersetzete dem Amtshaubtmann denselbigen mit Lächeln, wie ein besoffener Mensche (die¬ weil er kein lateinisch verstunde) worauf er mich auf die Schulter klopfete, und nachdem ich den Brief mit seinem Signet verschlossen, rief er den Jäger, und gab ihm selbigen, umb ihn meinem Töchterlein zu bringen, item fügete er Black, Feder und Papier benebst dem Signet hinzu, daß sie mir alsogleich antwurten möge.
Hierzwischen nun war er gar lieblich zu reden, lo¬ bete mich und mein Kind, und mußte ich ihm unter¬ schiedlichen Malen Bescheid thun aus seinem großen Kruge, in welchem er einen fast schönen Wein hatte, trat auch an einen Schrank und hohlete mir Pretzeln zum Zubei¬ ßen, sagende, so söllte ich es nunmehro alle Tage ha¬ ben. Als aber nach einer halben Stunden wohl der Jäger mit ihrer Antwort zurücke kehrete und ich sel¬ bige angesehen, begab es sich allererst daß meine Au¬ gen aufgethan wurden und ich erkannte, was gut und böse war. Hätte ich ein Feigenblatt gehabt, so würde ich selbiges auch aus Schaam dafür gehalten haben, so
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ſagen ich recapitulirete Allens, ſo mir Satanas einge¬ geben auf dem Papier, jedoch in lateiniſcher Sprachen, dieweil ich mich ſchämete es deutſch zu ſchreiben, und beſchwure ſie letzlich nicht ſich und mich umb das Leben zu bringen, beſondern ſich in Gottes wunderliche Schik¬ kung zu fügen. Auch wurden mir meine Augen gar nicht aufgethan, als ich geſſen ( verſtehe geſchrieben ) noch merkete ich, daß nicht Honig, beſondern Galle unter der Tinten war, ſondern ich überſetzete dem Amtshaubtmann denſelbigen mit Lächeln, wie ein beſoffener Menſche (die¬ weil er kein lateiniſch verſtunde) worauf er mich auf die Schulter klopfete, und nachdem ich den Brief mit ſeinem Signet verſchloſſen, rief er den Jäger, und gab ihm ſelbigen, umb ihn meinem Töchterlein zu bringen, item fügete er Black, Feder und Papier benebſt dem Signet hinzu, daß ſie mir alſogleich antwurten möge.
Hierzwiſchen nun war er gar lieblich zu reden, lo¬ bete mich und mein Kind, und mußte ich ihm unter¬ ſchiedlichen Malen Beſcheid thun aus ſeinem großen Kruge, in welchem er einen faſt ſchönen Wein hatte, trat auch an einen Schrank und hohlete mir Pretzeln zum Zubei¬ ßen, ſagende, ſo ſöllte ich es nunmehro alle Tage ha¬ ben. Als aber nach einer halben Stunden wohl der Jäger mit ihrer Antwort zurücke kehrete und ich ſel¬ bige angeſehen, begab es ſich allererſt daß meine Au¬ gen aufgethan wurden und ich erkannte, was gut und böſe war. Hätte ich ein Feigenblatt gehabt, ſo würde ich ſelbiges auch aus Schaam dafür gehalten haben, ſo
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ſagen ich recapitulirete Allens, ſo mir Satanas einge¬
geben auf dem Papier, jedoch in lateiniſcher Sprachen,
dieweil ich mich ſchämete es deutſch zu ſchreiben, und
beſchwure ſie letzlich nicht ſich und mich umb das Leben
zu bringen, beſondern ſich in Gottes wunderliche Schik¬
kung zu fügen. Auch wurden mir meine Augen gar
nicht aufgethan, als ich geſſen ( verſtehe geſchrieben ) noch
merkete ich, daß nicht Honig, beſondern Galle unter der
Tinten war, ſondern ich überſetzete dem Amtshaubtmann
denſelbigen mit Lächeln, wie ein beſoffener Menſche (die¬
weil er kein lateiniſch verſtunde) worauf er mich auf
die Schulter klopfete, und nachdem ich den Brief mit
ſeinem Signet verſchloſſen, rief er den Jäger, und gab
ihm ſelbigen, umb ihn meinem Töchterlein zu bringen,
item fügete er Black, Feder und Papier benebſt dem
Signet hinzu, daß ſie mir alſogleich antwurten möge.
Hierzwiſchen nun war er gar lieblich zu reden, lo¬
bete mich und mein Kind, und mußte ich ihm unter¬
ſchiedlichen Malen Beſcheid thun aus ſeinem großen Kruge,
in welchem er einen faſt ſchönen Wein hatte, trat auch
an einen Schrank und hohlete mir Pretzeln zum Zubei¬
ßen, ſagende, ſo ſöllte ich es nunmehro alle Tage ha¬
ben. Als aber nach einer halben Stunden wohl der
Jäger mit ihrer Antwort zurücke kehrete und ich ſel¬
bige angeſehen, begab es ſich allererſt daß meine Au¬
gen aufgethan wurden und ich erkannte, was gut und
böſe war. Hätte ich ein Feigenblatt gehabt, ſo würde
ich ſelbiges auch aus Schaam dafür gehalten haben, ſo
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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/243>, abgerufen am 21.11.2024.
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