Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

leite, wohin kaum so viel Licht durch ein Loch fiel, als
ein Gulden groß, und wo mein Töchterlein auf ihrem
Bette saß und weinete. Und kann man vor sich selb¬
sten abnehmen, daß ich auch alsogleich angefangen hab
und nichts Besseres kunnte, denn sie. Lagen uns also
eine lange Zeit stumm in den Armen, bis ich sie letz¬
lich um Vergebung bat, von wegen meinem Brief, aber
von dem Amtshaubtmann seinen Auftrag sagete ich ihr
Nichtes, wie es gleich mein Fürsatz war. Es währete
aber nit lange, so hörten wir ihn selbsten schon in den
Keller von oben niederschreien: "was -- (hier thät er
einen schweren Fluch) machet ihr dort so lange? im
Augenblick Ehre Johannes herauf!" so daß ich kaum
noch Zeit hatte, ihr ein Küßeken zu geben, als der Jä¬
ger auch schon wieder mit den Schlüsseln da war, und
wir uns trennen mußten, obgleich wir annoch von Nich¬
tes gesprochen, als daß ich ihr mit Wenigem verzählet,
wies mit der alten Lisen gearriviret sei. Und kann man
schwerlich gläuben, in welche Bosheit der Amtshaubt¬
mann geriethe, als ich ihm sagete: mein Töchterlein ver¬
bliebe stark, und wölle ihm nicht Gehör geben. Er stieß
mich vor meine Brust, und rief: "so geh zum Teufel
infamer Pfaff!" und als ich mich umbwendete umb weg¬
zugehen riß er mich wieder zurück und sprach: aber
sagstu von Allem, so wir fürgehabt, ein Wörtlein, siehe
so laß ich dich auch brennen, du alter, grauer Hexen¬
vater, worauf ich mir ein Herze faßte und zur Antwort
gab: daß mir solches eine große Freude sein würde, in¬

leite, wohin kaum ſo viel Licht durch ein Loch fiel, als
ein Gulden groß, und wo mein Töchterlein auf ihrem
Bette ſaß und weinete. Und kann man vor ſich ſelb¬
ſten abnehmen, daß ich auch alſogleich angefangen hab
und nichts Beſſeres kunnte, denn ſie. Lagen uns alſo
eine lange Zeit ſtumm in den Armen, bis ich ſie letz¬
lich um Vergebung bat, von wegen meinem Brief, aber
von dem Amtshaubtmann ſeinen Auftrag ſagete ich ihr
Nichtes, wie es gleich mein Fürſatz war. Es währete
aber nit lange, ſo hörten wir ihn ſelbſten ſchon in den
Keller von oben niederſchreien: „was — (hier thät er
einen ſchweren Fluch) machet ihr dort ſo lange? im
Augenblick Ehre Johannes herauf!“ ſo daß ich kaum
noch Zeit hatte, ihr ein Küßeken zu geben, als der Jä¬
ger auch ſchon wieder mit den Schlüſſeln da war, und
wir uns trennen mußten, obgleich wir annoch von Nich¬
tes geſprochen, als daß ich ihr mit Wenigem verzählet,
wies mit der alten Liſen gearriviret ſei. Und kann man
ſchwerlich gläuben, in welche Bosheit der Amtshaubt¬
mann geriethe, als ich ihm ſagete: mein Töchterlein ver¬
bliebe ſtark, und wölle ihm nicht Gehör geben. Er ſtieß
mich vor meine Bruſt, und rief: „ſo geh zum Teufel
infamer Pfaff!“ und als ich mich umbwendete umb weg¬
zugehen riß er mich wieder zurück und ſprach: aber
ſagſtu von Allem, ſo wir fürgehabt, ein Wörtlein, ſiehe
ſo laß ich dich auch brennen, du alter, grauer Hexen¬
vater, worauf ich mir ein Herze faßte und zur Antwort
gab: daß mir ſolches eine große Freude ſein würde, in¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0247" n="231"/>
leite, wohin kaum &#x017F;o viel Licht durch ein Loch fiel, als<lb/>
ein Gulden groß, und wo mein Töchterlein auf ihrem<lb/>
Bette &#x017F;aß und weinete. Und kann man vor &#x017F;ich &#x017F;elb¬<lb/>
&#x017F;ten abnehmen, daß ich auch al&#x017F;ogleich angefangen hab<lb/>
und nichts Be&#x017F;&#x017F;eres kunnte, denn &#x017F;ie. Lagen uns al&#x017F;o<lb/>
eine lange Zeit &#x017F;tumm in den Armen, bis ich &#x017F;ie letz¬<lb/>
lich um Vergebung bat, von wegen meinem Brief, aber<lb/>
von dem Amtshaubtmann &#x017F;einen Auftrag &#x017F;agete ich ihr<lb/>
Nichtes, wie es gleich mein Für&#x017F;atz war. Es währete<lb/>
aber nit lange, &#x017F;o hörten wir ihn &#x017F;elb&#x017F;ten &#x017F;chon in den<lb/>
Keller von oben nieder&#x017F;chreien: &#x201E;was &#x2014; (hier thät er<lb/>
einen &#x017F;chweren Fluch) machet ihr dort &#x017F;o lange? im<lb/>
Augenblick Ehre Johannes herauf!&#x201C; &#x017F;o daß ich kaum<lb/>
noch Zeit hatte, ihr ein Küßeken zu geben, als der Jä¬<lb/>
ger auch &#x017F;chon wieder mit den Schlü&#x017F;&#x017F;eln da war, und<lb/>
wir uns trennen mußten, obgleich wir annoch von Nich¬<lb/>
tes ge&#x017F;prochen, als daß ich ihr mit Wenigem verzählet,<lb/>
wies mit der alten Li&#x017F;en gearriviret &#x017F;ei. Und kann man<lb/>
&#x017F;chwerlich gläuben, in welche Bosheit der Amtshaubt¬<lb/>
mann geriethe, als ich ihm &#x017F;agete: mein Töchterlein ver¬<lb/>
bliebe &#x017F;tark, und wölle ihm nicht Gehör geben. Er &#x017F;tieß<lb/>
mich vor meine Bru&#x017F;t, und rief: &#x201E;&#x017F;o geh zum Teufel<lb/>
infamer Pfaff!&#x201C; und als ich mich umbwendete umb weg¬<lb/>
zugehen riß er mich wieder zurück und &#x017F;prach: aber<lb/>
&#x017F;ag&#x017F;tu von Allem, &#x017F;o wir fürgehabt, ein Wörtlein, &#x017F;iehe<lb/>
&#x017F;o laß ich dich auch brennen, du alter, grauer Hexen¬<lb/>
vater, worauf ich mir ein Herze faßte und zur Antwort<lb/>
gab: daß mir &#x017F;olches eine große Freude &#x017F;ein würde, in¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0247] leite, wohin kaum ſo viel Licht durch ein Loch fiel, als ein Gulden groß, und wo mein Töchterlein auf ihrem Bette ſaß und weinete. Und kann man vor ſich ſelb¬ ſten abnehmen, daß ich auch alſogleich angefangen hab und nichts Beſſeres kunnte, denn ſie. Lagen uns alſo eine lange Zeit ſtumm in den Armen, bis ich ſie letz¬ lich um Vergebung bat, von wegen meinem Brief, aber von dem Amtshaubtmann ſeinen Auftrag ſagete ich ihr Nichtes, wie es gleich mein Fürſatz war. Es währete aber nit lange, ſo hörten wir ihn ſelbſten ſchon in den Keller von oben niederſchreien: „was — (hier thät er einen ſchweren Fluch) machet ihr dort ſo lange? im Augenblick Ehre Johannes herauf!“ ſo daß ich kaum noch Zeit hatte, ihr ein Küßeken zu geben, als der Jä¬ ger auch ſchon wieder mit den Schlüſſeln da war, und wir uns trennen mußten, obgleich wir annoch von Nich¬ tes geſprochen, als daß ich ihr mit Wenigem verzählet, wies mit der alten Liſen gearriviret ſei. Und kann man ſchwerlich gläuben, in welche Bosheit der Amtshaubt¬ mann geriethe, als ich ihm ſagete: mein Töchterlein ver¬ bliebe ſtark, und wölle ihm nicht Gehör geben. Er ſtieß mich vor meine Bruſt, und rief: „ſo geh zum Teufel infamer Pfaff!“ und als ich mich umbwendete umb weg¬ zugehen riß er mich wieder zurück und ſprach: aber ſagſtu von Allem, ſo wir fürgehabt, ein Wörtlein, ſiehe ſo laß ich dich auch brennen, du alter, grauer Hexen¬ vater, worauf ich mir ein Herze faßte und zur Antwort gab: daß mir ſolches eine große Freude ſein würde, in¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/247
Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/247>, abgerufen am 24.11.2024.