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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

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ten Nuß, so auf dem Boden lag, und womit die ganze
Brücke übergeschmieret war, so daß sie fast ein weißlich
Ansehn hatte, was aber männiglich in der Angst für
Mehlstaub aus der Mühlen gehalten, item mit einer
andern materia, so als Marderdreck stunk, wir aber
nicht erkannten. Bald darauf funde ein Kerl auch noch
ein ander Stücklein Talg, und zeigete es dem Volk, wor¬
auf ich ausrief: ho ho das hat Niemand, denn der gott¬
lose Mühlenknappe gethan vor die Prügel, die ihm der
Amtshaubtmann hat geben lassen, weil er mein Töch¬
terlein gelästert und erzählete nunmehro den Fürfall,
von welchem Dn. Consul auch gehöret, und dannenhero
alsogleich den Müller rufen ließ.

Selbiger that aber als wüßte er von Nichtes, und
berichtete nur, daß sein Mühlenknappe seit einer Stun¬
den abgewandert sei. Doch sagete ein Mädken, so bei
dem Müller im Dienst stunde, daß sie heute Morgen
für Tagesanbruch, als sie aufgestanden, umb das Vieh
auszulassen, den Knappen habe auf der Brücken liegen
und scheuren sehen. Hätte sich weiters nicht daran ge¬
kehret, sondern wäre alsbald noch wieder eine Stunde
schlafen gangen. Wohin der böse Bube aber gewan¬
dert, wollte sie so wenig in Erfahrung gezogen haben,
denn der Müller. Als der Junker diese Kundschaft er¬
langet stieg er auf den Wagen und hub an das Volk
zu vermahnende, wobei er letzlich es auch persuadiren
wollte, nicht mehr an Zauberei zu gläuben, dieweil sie
sähen, wie es mit der Hexerei befindlich wäre. Als ich

ten Nuß, ſo auf dem Boden lag, und womit die ganze
Brücke übergeſchmieret war, ſo daß ſie faſt ein weißlich
Anſehn hatte, was aber männiglich in der Angſt für
Mehlſtaub aus der Mühlen gehalten, item mit einer
andern materia, ſo als Marderdreck ſtunk, wir aber
nicht erkannten. Bald darauf funde ein Kerl auch noch
ein ander Stücklein Talg, und zeigete es dem Volk, wor¬
auf ich ausrief: ho ho das hat Niemand, denn der gott¬
loſe Mühlenknappe gethan vor die Prügel, die ihm der
Amtshaubtmann hat geben laſſen, weil er mein Töch¬
terlein geläſtert und erzählete nunmehro den Fürfall,
von welchem Dn. Consul auch gehöret, und dannenhero
alſogleich den Müller rufen ließ.

Selbiger that aber als wüßte er von Nichtes, und
berichtete nur, daß ſein Mühlenknappe ſeit einer Stun¬
den abgewandert ſei. Doch ſagete ein Mädken, ſo bei
dem Müller im Dienſt ſtunde, daß ſie heute Morgen
für Tagesanbruch, als ſie aufgeſtanden, umb das Vieh
auszulaſſen, den Knappen habe auf der Brücken liegen
und ſcheuren ſehen. Hätte ſich weiters nicht daran ge¬
kehret, ſondern wäre alsbald noch wieder eine Stunde
ſchlafen gangen. Wohin der böſe Bube aber gewan¬
dert, wollte ſie ſo wenig in Erfahrung gezogen haben,
denn der Müller. Als der Junker dieſe Kundſchaft er¬
langet ſtieg er auf den Wagen und hub an das Volk
zu vermahnende, wobei er letzlich es auch perſuadiren
wollte, nicht mehr an Zauberei zu gläuben, dieweil ſie
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[274/0290] ten Nuß, ſo auf dem Boden lag, und womit die ganze Brücke übergeſchmieret war, ſo daß ſie faſt ein weißlich Anſehn hatte, was aber männiglich in der Angſt für Mehlſtaub aus der Mühlen gehalten, item mit einer andern materia, ſo als Marderdreck ſtunk, wir aber nicht erkannten. Bald darauf funde ein Kerl auch noch ein ander Stücklein Talg, und zeigete es dem Volk, wor¬ auf ich ausrief: ho ho das hat Niemand, denn der gott¬ loſe Mühlenknappe gethan vor die Prügel, die ihm der Amtshaubtmann hat geben laſſen, weil er mein Töch¬ terlein geläſtert und erzählete nunmehro den Fürfall, von welchem Dn. Consul auch gehöret, und dannenhero alſogleich den Müller rufen ließ. Selbiger that aber als wüßte er von Nichtes, und berichtete nur, daß ſein Mühlenknappe ſeit einer Stun¬ den abgewandert ſei. Doch ſagete ein Mädken, ſo bei dem Müller im Dienſt ſtunde, daß ſie heute Morgen für Tagesanbruch, als ſie aufgeſtanden, umb das Vieh auszulaſſen, den Knappen habe auf der Brücken liegen und ſcheuren ſehen. Hätte ſich weiters nicht daran ge¬ kehret, ſondern wäre alsbald noch wieder eine Stunde ſchlafen gangen. Wohin der böſe Bube aber gewan¬ dert, wollte ſie ſo wenig in Erfahrung gezogen haben, denn der Müller. Als der Junker dieſe Kundſchaft er¬ langet ſtieg er auf den Wagen und hub an das Volk zu vermahnende, wobei er letzlich es auch perſuadiren wollte, nicht mehr an Zauberei zu gläuben, dieweil ſie ſähen, wie es mit der Hexerei befindlich wäre. Als ich

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Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/290>, abgerufen am 24.11.2024.