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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

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get, daß er kürzlich abbrechen mußte, und sie ohne sich
umbzusehen über die kleine Brücke von dannen fuhren.
Nur Dn. Consul sahe sich noch einmal umb und rief
mir zu: daß er in der Eil vergessen habe, dem Scharf¬
richter zu avertiren, daß heute nicht gebrennet würde;
ich müge also in seinem Namen meinen Fürsteher von
Uekeritze auf den Berg schicken und ihm solches sagen
lassen, was ich auch that. Und ist der Bluthund auch
noch in Wahrheit auf dem Berg gewest, doch obwohl
er längst gehöret was fürgefallen, hat er doch so er¬
schröcklich zu fluchen angefangen wie der Schulze ihm
den Befehl Eines ehrsamen Gerichtes überbracht, daß es
einen Stein hätte erwecken mögen, hat auch seine Mütze
sich abgerissen, und selbige mit Füssen getreten, woraus
man gießen mag, was an ihme ist. Doch umb wieder
auf uns zu kommen, so saß mein Töchterlein, also still
und blaß wie eine Salzsäule nachdem der Junker sie so
plötziglich und unvermuthet verlassen, wurde aber als¬
bald in Etwas wieder getröstet, als die alte Magd an¬
gelaufen kam, ihre Röcke bis an die Knie aufgeschürzet,
und ihre Strümpfe und Schuhe in den Händen tragend.
Wir höreten sie schon aus der Ferne für Freuden heu¬
len, dieweil die Mühle stille stund, und fiel sie wohl
an die dreien Malen auf der Brücken, kam aber letzlich
auch glücklich hinüber und küßete bald mir, bald mei¬
nem Töchterlein Hände und Füße, nur bittende: wir
wöllten sie nicht verstoßen, besondern sie bis an ihr selig
Ende bei uns behalten, was wir auch zu thun verspra¬

get, daß er kürzlich abbrechen mußte, und ſie ohne ſich
umbzuſehen über die kleine Brücke von dannen fuhren.
Nur Dn. Consul ſahe ſich noch einmal umb und rief
mir zu: daß er in der Eil vergeſſen habe, dem Scharf¬
richter zu avertiren, daß heute nicht gebrennet würde;
ich müge alſo in ſeinem Namen meinen Fürſteher von
Uekeritze auf den Berg ſchicken und ihm ſolches ſagen
laſſen, was ich auch that. Und iſt der Bluthund auch
noch in Wahrheit auf dem Berg geweſt, doch obwohl
er längſt gehöret was fürgefallen, hat er doch ſo er¬
ſchröcklich zu fluchen angefangen wie der Schulze ihm
den Befehl Eines ehrſamen Gerichtes überbracht, daß es
einen Stein hätte erwecken mögen, hat auch ſeine Mütze
ſich abgeriſſen, und ſelbige mit Füſſen getreten, woraus
man gießen mag, was an ihme iſt. Doch umb wieder
auf uns zu kommen, ſo ſaß mein Töchterlein, alſo ſtill
und blaß wie eine Salzſäule nachdem der Junker ſie ſo
plötziglich und unvermuthet verlaſſen, wurde aber als¬
bald in Etwas wieder getröſtet, als die alte Magd an¬
gelaufen kam, ihre Röcke bis an die Knie aufgeſchürzet,
und ihre Strümpfe und Schuhe in den Händen tragend.
Wir höreten ſie ſchon aus der Ferne für Freuden heu¬
len, dieweil die Mühle ſtille ſtund, und fiel ſie wohl
an die dreien Malen auf der Brücken, kam aber letzlich
auch glücklich hinüber und küßete bald mir, bald mei¬
nem Töchterlein Hände und Füße, nur bittende: wir
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[276/0292] get, daß er kürzlich abbrechen mußte, und ſie ohne ſich umbzuſehen über die kleine Brücke von dannen fuhren. Nur Dn. Consul ſahe ſich noch einmal umb und rief mir zu: daß er in der Eil vergeſſen habe, dem Scharf¬ richter zu avertiren, daß heute nicht gebrennet würde; ich müge alſo in ſeinem Namen meinen Fürſteher von Uekeritze auf den Berg ſchicken und ihm ſolches ſagen laſſen, was ich auch that. Und iſt der Bluthund auch noch in Wahrheit auf dem Berg geweſt, doch obwohl er längſt gehöret was fürgefallen, hat er doch ſo er¬ ſchröcklich zu fluchen angefangen wie der Schulze ihm den Befehl Eines ehrſamen Gerichtes überbracht, daß es einen Stein hätte erwecken mögen, hat auch ſeine Mütze ſich abgeriſſen, und ſelbige mit Füſſen getreten, woraus man gießen mag, was an ihme iſt. Doch umb wieder auf uns zu kommen, ſo ſaß mein Töchterlein, alſo ſtill und blaß wie eine Salzſäule nachdem der Junker ſie ſo plötziglich und unvermuthet verlaſſen, wurde aber als¬ bald in Etwas wieder getröſtet, als die alte Magd an¬ gelaufen kam, ihre Röcke bis an die Knie aufgeſchürzet, und ihre Strümpfe und Schuhe in den Händen tragend. Wir höreten ſie ſchon aus der Ferne für Freuden heu¬ len, dieweil die Mühle ſtille ſtund, und fiel ſie wohl an die dreien Malen auf der Brücken, kam aber letzlich auch glücklich hinüber und küßete bald mir, bald mei¬ nem Töchterlein Hände und Füße, nur bittende: wir wöllten ſie nicht verſtoßen, beſondern ſie bis an ihr ſelig Ende bei uns behalten, was wir auch zu thun verſpra¬

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Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/292>, abgerufen am 24.11.2024.