Von unsrer großen, abermaligen Trübsal und letz¬ licher Freud.
Und hätten wir jetzunder wohl zufrieden sein und Gotte Tag und Nacht auf unsern Knieen dan¬ ken mögen. Denn unangesehen, daß er uns so gnädig¬ lich aus so großer Trübsal erlöset, hatte er auch das Herze meiner lieben Beichtkinder also umbgekehret, daß sie nicht wußten was sie uns Gutes thun söllten. Brachten alle Tage Fische, Fleisch, Eier, Würste und was sie mir sonsten bescheeren thäten, und ich wieder vergessen hab. Kamen auch den nächsten Sonntag alle zur Kirchen, Groß und Klein (außer der Klienschen in Zempin so unter¬ dessen einen kleinen Jungen gekriegt und annoch ihre Wochen hielt) allwo ich über Hiob 5, Verse 17, 18, 19 meine Dankpredigt hielte: "siehe, selig ist der Mensche den Gott strafet, darum wegere dich der Züchtigung des Allmächtigen nicht. Denn er verletzet und verbindet, er zuschmeißet und seine Hand heilet. Aus sechs Trübsalen wird er dich erretten, und in der siebenten wird dich kein Uebel rühren," wobei ich oftermalen von wegen dem Heulen ein wenig inne halten mußte, daß sie sich verpusten könnten. Und hätt ich mich in Wahrheit an¬ jetzo mit dem Hiob, nachdeme ihn der Herr wiederumb gnädig aus seinen Trübsalen erlöset, wohl mügen in Ver¬
Capitel 29.
Von unſrer großen, abermaligen Trübſal und letz¬ licher Freud.
Und hätten wir jetzunder wohl zufrieden ſein und Gotte Tag und Nacht auf unſern Knieen dan¬ ken mögen. Denn unangeſehen, daß er uns ſo gnädig¬ lich aus ſo großer Trübſal erlöſet, hatte er auch das Herze meiner lieben Beichtkinder alſo umbgekehret, daß ſie nicht wußten was ſie uns Gutes thun ſöllten. Brachten alle Tage Fiſche, Fleiſch, Eier, Würſte und was ſie mir ſonſten beſcheeren thäten, und ich wieder vergeſſen hab. Kamen auch den nächſten Sonntag alle zur Kirchen, Groß und Klein (außer der Klienſchen in Zempin ſo unter¬ deſſen einen kleinen Jungen gekriegt und annoch ihre Wochen hielt) allwo ich über Hiob 5, Verſe 17, 18, 19 meine Dankpredigt hielte: „ſiehe, ſelig iſt der Menſche den Gott ſtrafet, darum wegere dich der Züchtigung des Allmächtigen nicht. Denn er verletzet und verbindet, er zuſchmeißet und ſeine Hand heilet. Aus ſechs Trübſalen wird er dich erretten, und in der ſiebenten wird dich kein Uebel rühren," wobei ich oftermalen von wegen dem Heulen ein wenig inne halten mußte, daß ſie ſich verpuſten könnten. Und hätt ich mich in Wahrheit an¬ jetzo mit dem Hiob, nachdeme ihn der Herr wiederumb gnädig aus ſeinen Trübſalen erlöſet, wohl mügen in Ver¬
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0295"n="279"/></div><divn="1"><head><hirendition="#g">Capitel</hi> 29.<lb/></head><argument><prendition="#c"><hirendition="#fr">Von unſrer großen, abermaligen Trübſal und letz¬<lb/>
licher Freud.</hi></p></argument><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">U</hi>nd hätten wir jetzunder wohl zufrieden ſein und<lb/>
Gotte Tag und Nacht auf unſern Knieen dan¬<lb/>
ken mögen. Denn unangeſehen, daß er uns ſo gnädig¬<lb/>
lich aus ſo großer Trübſal erlöſet, hatte er auch das<lb/>
Herze meiner lieben Beichtkinder alſo umbgekehret, daß<lb/>ſie nicht wußten was ſie uns Gutes thun ſöllten. Brachten<lb/>
alle Tage Fiſche, Fleiſch, Eier, Würſte und was ſie mir<lb/>ſonſten beſcheeren thäten, und ich wieder vergeſſen hab.<lb/>
Kamen auch den nächſten Sonntag alle zur Kirchen, Groß<lb/>
und Klein (außer der Klienſchen in Zempin ſo unter¬<lb/>
deſſen einen kleinen Jungen gekriegt und annoch ihre<lb/>
Wochen hielt) allwo ich über Hiob 5, Verſe 17, 18, 19<lb/>
meine Dankpredigt hielte: „ſiehe, ſelig iſt der Menſche<lb/>
den Gott ſtrafet, darum wegere dich der Züchtigung des<lb/>
Allmächtigen nicht. Denn er verletzet und verbindet, er<lb/>
zuſchmeißet und ſeine Hand heilet. Aus ſechs Trübſalen<lb/>
wird er dich erretten, und in der ſiebenten wird dich<lb/>
kein Uebel rühren," wobei ich oftermalen von wegen<lb/>
dem Heulen ein wenig inne halten mußte, daß ſie ſich<lb/>
verpuſten könnten. Und hätt ich mich in Wahrheit an¬<lb/>
jetzo mit dem Hiob, nachdeme ihn der Herr wiederumb<lb/>
gnädig aus ſeinen Trübſalen erlöſet, wohl mügen in Ver¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[279/0295]
Capitel 29.
Von unſrer großen, abermaligen Trübſal und letz¬
licher Freud.
Und hätten wir jetzunder wohl zufrieden ſein und
Gotte Tag und Nacht auf unſern Knieen dan¬
ken mögen. Denn unangeſehen, daß er uns ſo gnädig¬
lich aus ſo großer Trübſal erlöſet, hatte er auch das
Herze meiner lieben Beichtkinder alſo umbgekehret, daß
ſie nicht wußten was ſie uns Gutes thun ſöllten. Brachten
alle Tage Fiſche, Fleiſch, Eier, Würſte und was ſie mir
ſonſten beſcheeren thäten, und ich wieder vergeſſen hab.
Kamen auch den nächſten Sonntag alle zur Kirchen, Groß
und Klein (außer der Klienſchen in Zempin ſo unter¬
deſſen einen kleinen Jungen gekriegt und annoch ihre
Wochen hielt) allwo ich über Hiob 5, Verſe 17, 18, 19
meine Dankpredigt hielte: „ſiehe, ſelig iſt der Menſche
den Gott ſtrafet, darum wegere dich der Züchtigung des
Allmächtigen nicht. Denn er verletzet und verbindet, er
zuſchmeißet und ſeine Hand heilet. Aus ſechs Trübſalen
wird er dich erretten, und in der ſiebenten wird dich
kein Uebel rühren," wobei ich oftermalen von wegen
dem Heulen ein wenig inne halten mußte, daß ſie ſich
verpuſten könnten. Und hätt ich mich in Wahrheit an¬
jetzo mit dem Hiob, nachdeme ihn der Herr wiederumb
gnädig aus ſeinen Trübſalen erlöſet, wohl mügen in Ver¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/295>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.