Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

spüret, auch in meiner einsamen Pfarren genugsam Zeit
dazu gehabt, hätte ich nit angestanden, sie von Jugend
auf fürzunehmen und zu unterweisen, maßen ich keine
Knäblein beim Leben hätte. Darüber verwunderten
sich I. I. f. f. G. G. und thaten annoch einige latei¬
nische Fragen an selbige, welche sie auch beantwortete,
ohne daß ich ihr etwas einbliese, worauf mein gnädi¬
ger Herr, Herzog Philippus auf deutsch sagete: wenn
du groß geworden bist und einmal heirathen wilt, so
sags mir, dann solltu von mir wieder einen Ring ha¬
ben und was sonsten noch vor eine Braut gehöret, denn
du hast mir heute einen guten Dienst gethan, angese¬
hen mir dieser Ring ein groß Kleinod ist, da ich ihn
von meiner Frauen empfangen. Ich blies ihr darauf
ein, Sr: fürstlichen Gnaden vor solches Versprechen die
Hand zu küssen, was sie auch thät.

(Aber, ach du allerliebster Gott, versprechen und
halten, seind zweierlei Ding! Wo ist jetzt Se: fürstli¬
chen Gnaden? Darumb laß mich immer bedenken: nur
Du bist allein wahrhaftig und was Du zusagst hälltstu
gewis. Ps. 33, 4. Amen.)

Item als Se, fürstliche Gnaden nunmehro auch nach
mir und meiner Pfarren gekundschaftet und gehöret,
daß ich alt adlichen Geschlechtes und mein Salarium
fast zu schwach sei, rief sie dero Canzler D. Rungium,

gesammelten Werke gab der berühmte Spanheim unter
dem Titel: Annae Mariae a Schurmann opuscula, Leyden 1648,
zuerst heraus.

ſpüret, auch in meiner einſamen Pfarren genugſam Zeit
dazu gehabt, hätte ich nit angeſtanden, ſie von Jugend
auf fürzunehmen und zu unterweiſen, maßen ich keine
Knäblein beim Leben hätte. Darüber verwunderten
ſich I. I. f. f. G. G. und thaten annoch einige latei¬
niſche Fragen an ſelbige, welche ſie auch beantwortete,
ohne daß ich ihr etwas einblieſe, worauf mein gnädi¬
ger Herr, Herzog Philippus auf deutſch ſagete: wenn
du groß geworden biſt und einmal heirathen wilt, ſo
ſags mir, dann ſolltu von mir wieder einen Ring ha¬
ben und was ſonſten noch vor eine Braut gehöret, denn
du haſt mir heute einen guten Dienſt gethan, angeſe¬
hen mir dieſer Ring ein groß Kleinod iſt, da ich ihn
von meiner Frauen empfangen. Ich blies ihr darauf
ein, Sr: fürſtlichen Gnaden vor ſolches Verſprechen die
Hand zu küſſen, was ſie auch thät.

(Aber, ach du allerliebſter Gott, verſprechen und
halten, ſeind zweierlei Ding! Wo iſt jetzt Se: fürſtli¬
chen Gnaden? Darumb laß mich immer bedenken: nur
Du biſt allein wahrhaftig und was Du zuſagſt hälltſtu
gewis. Pſ. 33, 4. Amen.)

Item als Se, fürſtliche Gnaden nunmehro auch nach
mir und meiner Pfarren gekundſchaftet und gehöret,
daß ich alt adlichen Geſchlechtes und mein Salarium
faſt zu ſchwach ſei, rief ſie dero Canzler D. Rungium,

geſammelten Werke gab der berühmte Spanheim unter
dem Titel: Annae Mariae a Schurmann opuscula, Leyden 1648,
zuerſt heraus.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0078" n="62"/>
&#x017F;püret, auch in meiner ein&#x017F;amen Pfarren genug&#x017F;am Zeit<lb/>
dazu gehabt, hätte ich nit ange&#x017F;tanden, &#x017F;ie von Jugend<lb/>
auf fürzunehmen und zu unterwei&#x017F;en, maßen ich keine<lb/>
Knäblein beim Leben hätte. Darüber verwunderten<lb/>
&#x017F;ich I. I. f. f. G. G. und thaten annoch einige latei¬<lb/>
ni&#x017F;che Fragen an &#x017F;elbige, welche &#x017F;ie auch beantwortete,<lb/>
ohne daß ich ihr etwas einblie&#x017F;e, worauf mein gnädi¬<lb/>
ger Herr, Herzog <hi rendition="#aq">Philippus</hi> auf deut&#x017F;ch &#x017F;agete: wenn<lb/>
du groß geworden bi&#x017F;t und einmal heirathen wilt, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ags mir, dann &#x017F;olltu von mir wieder einen Ring ha¬<lb/>
ben und was &#x017F;on&#x017F;ten noch vor eine Braut gehöret, denn<lb/>
du ha&#x017F;t mir heute einen guten Dien&#x017F;t gethan, ange&#x017F;<lb/>
hen mir die&#x017F;er Ring ein groß Kleinod i&#x017F;t, da ich ihn<lb/>
von meiner Frauen empfangen. Ich blies ihr darauf<lb/>
ein, Sr: für&#x017F;tlichen Gnaden vor &#x017F;olches Ver&#x017F;prechen die<lb/>
Hand zu kü&#x017F;&#x017F;en, was &#x017F;ie auch thät.</p><lb/>
        <p>(Aber, ach du allerlieb&#x017F;ter Gott, ver&#x017F;prechen und<lb/>
halten, &#x017F;eind zweierlei Ding! Wo i&#x017F;t jetzt Se: für&#x017F;tli¬<lb/>
chen Gnaden? Darumb laß mich immer bedenken: nur<lb/>
Du bi&#x017F;t allein wahrhaftig und was Du zu&#x017F;ag&#x017F;t hällt&#x017F;tu<lb/>
gewis. P&#x017F;. 33, 4. Amen.)</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">Item</hi> als Se, für&#x017F;tliche Gnaden nunmehro auch nach<lb/>
mir und meiner Pfarren gekund&#x017F;chaftet und gehöret,<lb/>
daß ich alt adlichen Ge&#x017F;chlechtes und mein <hi rendition="#aq">Salarium</hi><lb/>
fa&#x017F;t zu &#x017F;chwach &#x017F;ei, rief &#x017F;ie dero Canzler <hi rendition="#aq">D. Rungium</hi>,<lb/><note xml:id="note-0078" prev="#note-0077" place="foot" n="*)">ge&#x017F;ammelten Werke gab der berühmte Spanheim unter<lb/>
dem Titel: <hi rendition="#aq">Annae Mariae a Schurmann opuscula</hi>, Leyden 1648,<lb/>
zuer&#x017F;t heraus.</note>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0078] ſpüret, auch in meiner einſamen Pfarren genugſam Zeit dazu gehabt, hätte ich nit angeſtanden, ſie von Jugend auf fürzunehmen und zu unterweiſen, maßen ich keine Knäblein beim Leben hätte. Darüber verwunderten ſich I. I. f. f. G. G. und thaten annoch einige latei¬ niſche Fragen an ſelbige, welche ſie auch beantwortete, ohne daß ich ihr etwas einblieſe, worauf mein gnädi¬ ger Herr, Herzog Philippus auf deutſch ſagete: wenn du groß geworden biſt und einmal heirathen wilt, ſo ſags mir, dann ſolltu von mir wieder einen Ring ha¬ ben und was ſonſten noch vor eine Braut gehöret, denn du haſt mir heute einen guten Dienſt gethan, angeſe¬ hen mir dieſer Ring ein groß Kleinod iſt, da ich ihn von meiner Frauen empfangen. Ich blies ihr darauf ein, Sr: fürſtlichen Gnaden vor ſolches Verſprechen die Hand zu küſſen, was ſie auch thät. (Aber, ach du allerliebſter Gott, verſprechen und halten, ſeind zweierlei Ding! Wo iſt jetzt Se: fürſtli¬ chen Gnaden? Darumb laß mich immer bedenken: nur Du biſt allein wahrhaftig und was Du zuſagſt hälltſtu gewis. Pſ. 33, 4. Amen.) Item als Se, fürſtliche Gnaden nunmehro auch nach mir und meiner Pfarren gekundſchaftet und gehöret, daß ich alt adlichen Geſchlechtes und mein Salarium faſt zu ſchwach ſei, rief ſie dero Canzler D. Rungium, *) *) geſammelten Werke gab der berühmte Spanheim unter dem Titel: Annae Mariae a Schurmann opuscula, Leyden 1648, zuerſt heraus.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/78
Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/78>, abgerufen am 04.12.2024.