Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meisel-Heß, Grete: Weiberhaß und Weiberverachtung. Eine Erwiderung auf die in Dr. Otto Weiningers Buche »Geschlecht und Charakter« geäußerten Anschauungen über »Die Frau und ihre Frage«. Wien, 1904.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Berechtigung des Weiberhasses und der Weiberverachtung
erkennt man aus den Argumenten, auf
denen sie steht und mit denen sie fällt.

Aus jenen Weiningers, die sich offensichtlich als Verkehrung,
Verleugnung oder Verblendung gegenüber den Tatsachen
darstellen, erhellt am schärfsten, daß sie immer identisch
sein müssen und nur identisch sein können mit Vernichtungstendenzen,
die das Leben zielsicher ausstoßt. Vom
Wahne geboren, gleichen sie spukhaften Gespenster-Erscheinungen,
die nur für den existieren, dessen fieberndes Hirn
sie beschwor, und die trotz der Hartnäckigkeit seiner Halluzination
auch nicht um einen Schatten wirklicher werden.

Es gibt eine Tatsächlichkeit, eine harte Wirklichkeit
der Dinge (immer in dem relativen Bereich unserer Sinnesorgane
natürlich), die von hypothetischen Konklusionen, die
mit ihr selbst durch keine wirkliche Beziehung verbunden
sind, nicht im geringsten verändert oder gar umgestoßen
werden kann. Eine Methode, die sich darin ergeht, in der
Luft hängende metaphysische, höchst subjektive Voraussetzungen
solange mit einander zu multiplizieren, auf jede
Art zu verkreuzen und zu verschlingen, bis ein vorgewolltes
Resultat herauskommt, in welches dann das wirkliche Leben
hineingepreßt wird, mag es nun mit dem "Luft-Schluß"
übereinstimmen oder nicht, enthält nicht die Möglichkeit,
beachtenswerte Resultate zutage zu fördern. Das hieße, dem
wildesten geistigen Abenteurer- und Don Quixotetum Tür

Die Berechtigung des Weiberhasses und der Weiberverachtung
erkennt man aus den Argumenten, auf
denen sie steht und mit denen sie fällt.

Aus jenen Weiningers, die sich offensichtlich als Verkehrung,
Verleugnung oder Verblendung gegenüber den Tatsachen
darstellen, erhellt am schärfsten, daß sie immer identisch
sein müssen und nur identisch sein können mit Vernichtungstendenzen,
die das Leben zielsicher ausstoßt. Vom
Wahne geboren, gleichen sie spukhaften Gespenster-Erscheinungen,
die nur für den existieren, dessen fieberndes Hirn
sie beschwor, und die trotz der Hartnäckigkeit seiner Halluzination
auch nicht um einen Schatten wirklicher werden.

Es gibt eine Tatsächlichkeit, eine harte Wirklichkeit
der Dinge (immer in dem relativen Bereich unserer Sinnesorgane
natürlich), die von hypothetischen Konklusionen, die
mit ihr selbst durch keine wirkliche Beziehung verbunden
sind, nicht im geringsten verändert oder gar umgestoßen
werden kann. Eine Methode, die sich darin ergeht, in der
Luft hängende metaphysische, höchst subjektive Voraussetzungen
solange mit einander zu multiplizieren, auf jede
Art zu verkreuzen und zu verschlingen, bis ein vorgewolltes
Resultat herauskommt, in welches dann das wirkliche Leben
hineingepreßt wird, mag es nun mit dem »Luft-Schluß«
übereinstimmen oder nicht, enthält nicht die Möglichkeit,
beachtenswerte Resultate zutage zu fördern. Das hieße, dem
wildesten geistigen Abenteurer- und Don Quixotetum Tür

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0066" n="60"/>
      <div n="1">
        <p>Die Berechtigung des Weiberhasses und der Weiberverachtung<lb/>
erkennt man aus den Argumenten, auf<lb/>
denen sie steht und mit denen sie fällt.<lb/></p>
        <p>Aus jenen Weiningers, die sich offensichtlich als Verkehrung,<lb/>
Verleugnung oder Verblendung gegenüber den Tatsachen<lb/>
darstellen, erhellt am schärfsten, daß sie immer identisch<lb/>
sein müssen und nur identisch sein können mit <hi rendition="#g">Vernichtungstendenzen</hi>,<lb/>
die das Leben zielsicher <hi rendition="#g">ausstoßt</hi>. Vom<lb/>
Wahne geboren, gleichen sie spukhaften Gespenster-Erscheinungen,<lb/>
die nur für den existieren, dessen fieberndes Hirn<lb/>
sie beschwor, und die trotz der Hartnäckigkeit seiner Halluzination<lb/>
auch nicht um einen Schatten wirklicher werden.<lb/></p>
        <p>Es gibt eine Tatsächlichkeit, eine harte Wirklichkeit<lb/>
der Dinge (immer in dem relativen Bereich unserer Sinnesorgane<lb/>
natürlich), die von hypothetischen Konklusionen, die<lb/>
mit ihr selbst durch keine wirkliche Beziehung verbunden<lb/>
sind, nicht im geringsten verändert oder gar umgestoßen<lb/>
werden kann. Eine Methode, die sich darin ergeht, in der<lb/>
Luft hängende metaphysische, höchst subjektive Voraussetzungen<lb/>
solange mit einander zu multiplizieren, auf jede<lb/>
Art zu verkreuzen und zu verschlingen, bis ein vorgewolltes<lb/>
Resultat herauskommt, in welches dann das wirkliche Leben<lb/>
hineingepreßt wird, mag es nun mit dem »Luft-Schluß«<lb/>
übereinstimmen oder nicht, enthält nicht die Möglichkeit,<lb/>
beachtenswerte Resultate zutage zu fördern. Das hieße, dem<lb/>
wildesten geistigen Abenteurer- und Don Quixotetum Tür<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0066] Die Berechtigung des Weiberhasses und der Weiberverachtung erkennt man aus den Argumenten, auf denen sie steht und mit denen sie fällt. Aus jenen Weiningers, die sich offensichtlich als Verkehrung, Verleugnung oder Verblendung gegenüber den Tatsachen darstellen, erhellt am schärfsten, daß sie immer identisch sein müssen und nur identisch sein können mit Vernichtungstendenzen, die das Leben zielsicher ausstoßt. Vom Wahne geboren, gleichen sie spukhaften Gespenster-Erscheinungen, die nur für den existieren, dessen fieberndes Hirn sie beschwor, und die trotz der Hartnäckigkeit seiner Halluzination auch nicht um einen Schatten wirklicher werden. Es gibt eine Tatsächlichkeit, eine harte Wirklichkeit der Dinge (immer in dem relativen Bereich unserer Sinnesorgane natürlich), die von hypothetischen Konklusionen, die mit ihr selbst durch keine wirkliche Beziehung verbunden sind, nicht im geringsten verändert oder gar umgestoßen werden kann. Eine Methode, die sich darin ergeht, in der Luft hängende metaphysische, höchst subjektive Voraussetzungen solange mit einander zu multiplizieren, auf jede Art zu verkreuzen und zu verschlingen, bis ein vorgewolltes Resultat herauskommt, in welches dann das wirkliche Leben hineingepreßt wird, mag es nun mit dem »Luft-Schluß« übereinstimmen oder nicht, enthält nicht die Möglichkeit, beachtenswerte Resultate zutage zu fördern. Das hieße, dem wildesten geistigen Abenteurer- und Don Quixotetum Tür

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

gutenberg.org: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in HTML. (2012-11-06T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus gutenberg.org entsprechen muss.
Austrian Literature Online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-06T13:54:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von HTML nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-06T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Schreibweise und Interpunktion des Originaltextes wurden übernommen.
  • Der Zeilenfall wurde beibehalten, die Silbentrennung aber wurde aufgehoben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meiselhess_weiberhass_1904
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meiselhess_weiberhass_1904/66
Zitationshilfe: Meisel-Heß, Grete: Weiberhaß und Weiberverachtung. Eine Erwiderung auf die in Dr. Otto Weiningers Buche »Geschlecht und Charakter« geäußerten Anschauungen über »Die Frau und ihre Frage«. Wien, 1904, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meiselhess_weiberhass_1904/66>, abgerufen am 24.11.2024.