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Meisel-Heß, Grete: Weiberhaß und Weiberverachtung. Eine Erwiderung auf die in Dr. Otto Weiningers Buche »Geschlecht und Charakter« geäußerten Anschauungen über »Die Frau und ihre Frage«. Wien, 1904.

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und Tor öffnen, hieße jenen grotesken Versuchen und
"Berechnungen" wissenschaftliche Existenzberechtigung geben,
mit denen die Scholastiker zum Beispiele "ausrechneten",
wie viele Engel auf einer Nadelspitze tanzen können, hieße
von neuem den absurden Terrorismus der Spekulation aufpflanzen,
der mehrmals in der Geschichte der Philosophie
dieselbe zum Gegenstand des Widerwillens und der Lächerlichkeit
für alle gesunden Geister machte, aus welcher Entwertung
sie sich in der neueren Zeit erst durch Kant und
Schopenhauer wieder erhob - um unter deren Nachfolgern
wieder in Mißkredit zu sinken - bis sie von Herbert
Spencer auf den festen Boden der Tatsachen gestellt und
dadurch aus der Sphäre leerer Gaukeleien in die einer unanzweifelbaren
Disziplin verpflanzt wurde.

Daß ein Mensch wie Weininger, begabt mit feinster
Sensitivität und Reaktionsfähigkeit, stumpf und blind sein
konnte gegen die einfachste Logik der Tatsachen, erklärt
sich vielleicht aus der Gefahr, die gerade diese Fähigkeit
des innerlichen Erlebens für solche Geister birgt, denen das
harte, reinigende, alles Falsche ab- und ausstoßende Element
der gesunden Instinkte, die Grundbedingung der Urteilsfähigkeit,
fehlt, so daß sie den Eindruck hervorrufen, als fräße ein
Wurm an ihrem besten Mark, als müßten sie mit schier
physischer Notwendigkeit, sowie sie die Hand ausstrecken,
unbedingt - unter dem Zwange ihrer Art - immer das
Falsche, das Dunkle, die Verwesung ergreifen. Charakteristisch
für ihn, dem scheinbar "alles" zum Problem wird, ist die
Tatsache, daß ihm in Wahrheit nur das Gedankliche, nur
das Begriffliche zum Probleme ward, während er an die
großen Tatsachenprobleme, deren Lösung für die Menschheit
Wohl oder Wehe, hinauf oder hinunter, Zermalmung oder
Erhebung, unsäglichen Jammer oder unendliche Glücksmöglichkeit
bedeuten, nicht einmal mit einer Ahnung anstreift.
So hat er in seinem Werk lange Betrachtungen, die oft

und Tor öffnen, hieße jenen grotesken Versuchen und
»Berechnungen« wissenschaftliche Existenzberechtigung geben,
mit denen die Scholastiker zum Beispiele »ausrechneten«,
wie viele Engel auf einer Nadelspitze tanzen können, hieße
von neuem den absurden Terrorismus der Spekulation aufpflanzen,
der mehrmals in der Geschichte der Philosophie
dieselbe zum Gegenstand des Widerwillens und der Lächerlichkeit
für alle gesunden Geister machte, aus welcher Entwertung
sie sich in der neueren Zeit erst durch Kant und
Schopenhauer wieder erhob – um unter deren Nachfolgern
wieder in Mißkredit zu sinken – bis sie von Herbert
Spencer auf den festen Boden der Tatsachen gestellt und
dadurch aus der Sphäre leerer Gaukeleien in die einer unanzweifelbaren
Disziplin verpflanzt wurde.

Daß ein Mensch wie Weininger, begabt mit feinster
Sensitivität und Reaktionsfähigkeit, stumpf und blind sein
konnte gegen die einfachste Logik der Tatsachen, erklärt
sich vielleicht aus der Gefahr, die gerade diese Fähigkeit
des innerlichen Erlebens für solche Geister birgt, denen das
harte, reinigende, alles Falsche ab- und ausstoßende Element
der gesunden Instinkte, die Grundbedingung der Urteilsfähigkeit,
fehlt, so daß sie den Eindruck hervorrufen, als fräße ein
Wurm an ihrem besten Mark, als müßten sie mit schier
physischer Notwendigkeit, sowie sie die Hand ausstrecken,
unbedingt – unter dem Zwange ihrer Art – immer das
Falsche, das Dunkle, die Verwesung ergreifen. Charakteristisch
für ihn, dem scheinbar »alles« zum Problem wird, ist die
Tatsache, daß ihm in Wahrheit nur das Gedankliche, nur
das Begriffliche zum Probleme ward, während er an die
großen Tatsachenprobleme, deren Lösung für die Menschheit
Wohl oder Wehe, hinauf oder hinunter, Zermalmung oder
Erhebung, unsäglichen Jammer oder unendliche Glücksmöglichkeit
bedeuten, nicht einmal mit einer Ahnung anstreift.
So hat er in seinem Werk lange Betrachtungen, die oft

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[61/0067] und Tor öffnen, hieße jenen grotesken Versuchen und »Berechnungen« wissenschaftliche Existenzberechtigung geben, mit denen die Scholastiker zum Beispiele »ausrechneten«, wie viele Engel auf einer Nadelspitze tanzen können, hieße von neuem den absurden Terrorismus der Spekulation aufpflanzen, der mehrmals in der Geschichte der Philosophie dieselbe zum Gegenstand des Widerwillens und der Lächerlichkeit für alle gesunden Geister machte, aus welcher Entwertung sie sich in der neueren Zeit erst durch Kant und Schopenhauer wieder erhob – um unter deren Nachfolgern wieder in Mißkredit zu sinken – bis sie von Herbert Spencer auf den festen Boden der Tatsachen gestellt und dadurch aus der Sphäre leerer Gaukeleien in die einer unanzweifelbaren Disziplin verpflanzt wurde. Daß ein Mensch wie Weininger, begabt mit feinster Sensitivität und Reaktionsfähigkeit, stumpf und blind sein konnte gegen die einfachste Logik der Tatsachen, erklärt sich vielleicht aus der Gefahr, die gerade diese Fähigkeit des innerlichen Erlebens für solche Geister birgt, denen das harte, reinigende, alles Falsche ab- und ausstoßende Element der gesunden Instinkte, die Grundbedingung der Urteilsfähigkeit, fehlt, so daß sie den Eindruck hervorrufen, als fräße ein Wurm an ihrem besten Mark, als müßten sie mit schier physischer Notwendigkeit, sowie sie die Hand ausstrecken, unbedingt – unter dem Zwange ihrer Art – immer das Falsche, das Dunkle, die Verwesung ergreifen. Charakteristisch für ihn, dem scheinbar »alles« zum Problem wird, ist die Tatsache, daß ihm in Wahrheit nur das Gedankliche, nur das Begriffliche zum Probleme ward, während er an die großen Tatsachenprobleme, deren Lösung für die Menschheit Wohl oder Wehe, hinauf oder hinunter, Zermalmung oder Erhebung, unsäglichen Jammer oder unendliche Glücksmöglichkeit bedeuten, nicht einmal mit einer Ahnung anstreift. So hat er in seinem Werk lange Betrachtungen, die oft

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Zitationshilfe: Meisel-Heß, Grete: Weiberhaß und Weiberverachtung. Eine Erwiderung auf die in Dr. Otto Weiningers Buche »Geschlecht und Charakter« geäußerten Anschauungen über »Die Frau und ihre Frage«. Wien, 1904, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meiselhess_weiberhass_1904/67>, abgerufen am 21.11.2024.