Meisel-Heß, Grete: Weiberhaß und Weiberverachtung. Eine Erwiderung auf die in Dr. Otto Weiningers Buche »Geschlecht und Charakter« geäußerten Anschauungen über »Die Frau und ihre Frage«. Wien, 1904.weitab von seinem Thema lagen und die er sich nach der Gerade die Innerlichkeit, mit der er alles, was überhaupt Wohin das Hineintragen subjektivster Vorstellungen, weitab von seinem Thema lagen und die er sich nach der Gerade die Innerlichkeit, mit der er alles, was überhaupt Wohin das Hineintragen subjektivster Vorstellungen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0068" n="62"/> weitab von seinem Thema lagen und die er sich nach der<lb/> Art übervoller junger Menschen scheinbar vom Herzen<lb/> schreiben wollte, angehäuft: über Zeit, Wert, Genie, Unsterblichkeit,<lb/> Gedächtnis, Logik, Ethik, Philosophie, Psychologie<lb/> etc. Dagegen kommt er nicht ein einziges Mal zum<lb/> Beispiel auf das Problem des <hi rendition="#g">Krieges</hi> zu sprechen, auch<lb/> das Problem des Sozialismus streift er nur flüchtig und<lb/> oberflächlich, trotzdem beide seinem Thema naheliegen. Fast<lb/> denkt man ein wenig an Ibsens Professor Begriffenfeld (Peer<lb/> Gynt), der nur zum Metaphysikum in Beziehungen steht, für<lb/> den nichts anderes eine »Frage« ist.<lb/></p> <p>Gerade die Innerlichkeit, mit der er alles, was überhaupt<lb/> für ihn zum Problem wird, erlebt, birgt für ihn, den<lb/> ungesunden Geist, die Gefahr, daß sie ihn zu den subjektivsten<lb/> Schlüssen verleitet, die nur durch und für seinen<lb/> Wunsch und Willen vorhanden sind und die wie nächtliche<lb/> Visionen vor dem Lichte des Tages – der objektiven Wirklichkeit<lb/> – zergehen. In der Deutung der platonischen Ideen,<lb/> die in den Dingen liegen, ist für ihn die Gefahr enthalten,<lb/> Dinge in Beziehung zu einander zu bringen, die sie in Wahrheit<lb/> nicht haben, Beziehungen, die jedes einzelne Individuum<lb/> anders verknüpfen würde, ins Gegenteil umkehren könnte,<lb/> und die daher zum Verluste jedes gemeinsamen Bodens<lb/> führen, zur Einbuße aller Wahrscheinlichkeit. Was wir schlechthin<lb/> Wirklichkeit nennen, ist ja natürlich nicht das wahre<lb/> Wesen der Dinge, aber es ist zumindest die durch die gleiche<lb/> Beschaffenheit der Sinnesorgane konstruierte allgemeine Wahrnehmbarkeit,<lb/> die einen Boden der Verständigung bietet und<lb/> als <hi rendition="#g">allgemein gültiger Ersatz</hi> der ewig unerforschlichen<lb/> »wahren« Wesenheit des Seins einzig annehmbar.<lb/></p> <p>Wohin das Hineintragen subjektivster Vorstellungen,<lb/> das willkürliche Herstellen von Beziehungen, die gewalttätige<lb/> Einpressung in selbstgeschaffene Kategorien, die<lb/> Deduktion alles Bestehenden in vorgegossene Formen den<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [62/0068]
weitab von seinem Thema lagen und die er sich nach der
Art übervoller junger Menschen scheinbar vom Herzen
schreiben wollte, angehäuft: über Zeit, Wert, Genie, Unsterblichkeit,
Gedächtnis, Logik, Ethik, Philosophie, Psychologie
etc. Dagegen kommt er nicht ein einziges Mal zum
Beispiel auf das Problem des Krieges zu sprechen, auch
das Problem des Sozialismus streift er nur flüchtig und
oberflächlich, trotzdem beide seinem Thema naheliegen. Fast
denkt man ein wenig an Ibsens Professor Begriffenfeld (Peer
Gynt), der nur zum Metaphysikum in Beziehungen steht, für
den nichts anderes eine »Frage« ist.
Gerade die Innerlichkeit, mit der er alles, was überhaupt
für ihn zum Problem wird, erlebt, birgt für ihn, den
ungesunden Geist, die Gefahr, daß sie ihn zu den subjektivsten
Schlüssen verleitet, die nur durch und für seinen
Wunsch und Willen vorhanden sind und die wie nächtliche
Visionen vor dem Lichte des Tages – der objektiven Wirklichkeit
– zergehen. In der Deutung der platonischen Ideen,
die in den Dingen liegen, ist für ihn die Gefahr enthalten,
Dinge in Beziehung zu einander zu bringen, die sie in Wahrheit
nicht haben, Beziehungen, die jedes einzelne Individuum
anders verknüpfen würde, ins Gegenteil umkehren könnte,
und die daher zum Verluste jedes gemeinsamen Bodens
führen, zur Einbuße aller Wahrscheinlichkeit. Was wir schlechthin
Wirklichkeit nennen, ist ja natürlich nicht das wahre
Wesen der Dinge, aber es ist zumindest die durch die gleiche
Beschaffenheit der Sinnesorgane konstruierte allgemeine Wahrnehmbarkeit,
die einen Boden der Verständigung bietet und
als allgemein gültiger Ersatz der ewig unerforschlichen
»wahren« Wesenheit des Seins einzig annehmbar.
Wohin das Hineintragen subjektivster Vorstellungen,
das willkürliche Herstellen von Beziehungen, die gewalttätige
Einpressung in selbstgeschaffene Kategorien, die
Deduktion alles Bestehenden in vorgegossene Formen den
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