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Meisel-Heß, Grete: Weiberhaß und Weiberverachtung. Eine Erwiderung auf die in Dr. Otto Weiningers Buche »Geschlecht und Charakter« geäußerten Anschauungen über »Die Frau und ihre Frage«. Wien, 1904.

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Feministinnen meinen), einfach als eine soziale Pflicht zum
Wohle der Rasse zu betrachten ist, deren Erfüllung aber
nicht mehr Zeit beansprucht als etwa das Militärjahr des
Mannes, welches doch noch nie als Grund für die Unfähigkeit,
einen Beruf auszuüben, angeführt wurde.

In der Tat, selbst wenn wir annehmen, daß die Mutterwerdung
der Frau zwei Monate Urlaub beansprucht, einen
vor, einen nach der Entbindung, mehr bedarf es bei vernünftiger
Lebensweise ganz gewiß nicht, so müßte die sehr
stattliche Ziffer sechsmaligen Kindersegens angenommen
werden, um dem Militärjahr gleichzukommen. Was endlich
die verflixten drei Tage im Monat betrifft, so verursachen
sie vielen Frauen überhaupt kein wesentliches Unbehagen
und bedürften daher kaum besonderer Berücksichtigung;
angenommen aber selbst, es würde einer derartigen Indisposition
Rechnung getragen, so könnte und dürfte dies einen
wohlgeordneten Betrieb so wenig aus dem Geleise bringen,
als etwa die Waffenübungen, die gleich auf Wochen hinaus
den jungen Mann abberufen.

Der dritte Grund, warum eine Wertung von vorneherein
auf falschem Boden steht, die davon ausgeht, ob der
Mann oder das Weib "geistig höherstehend" oder für diesen
oder jenen Beruf "begabter" sei, liegt in der einfachen Tatsache,
daß solche Vergleiche, die gewiß von Individuum zu
Individuum jedesmal andere Resultate ergeben, überhaupt
nicht geeignet sind, den Wert einer Persönlichkeit oder gar
einer Gattung zu bestimmen. Ob eine Frau als Bahninspektor,
Zahnärztin, Agentin, Telephonistin, Mathematikerin oder
Malerin tüchtiger oder untüchtiger ist als ein männlicher
Kollege, ist höchst gleichgültig für ihren Wert. Es kann
höchstens ihren (eng an ihre Person geknüpften) Wert als
Malerin, Zahnärztin etc. bestimmen und wird sie allein die
Konsequenzen ihrer eventuellen Untüchtigkeit wirtschaftlich
zu tragen haben, kommt aber bei der Bewertung des ganzen

Feministinnen meinen), einfach als eine soziale Pflicht zum
Wohle der Rasse zu betrachten ist, deren Erfüllung aber
nicht mehr Zeit beansprucht als etwa das Militärjahr des
Mannes, welches doch noch nie als Grund für die Unfähigkeit,
einen Beruf auszuüben, angeführt wurde.

In der Tat, selbst wenn wir annehmen, daß die Mutterwerdung
der Frau zwei Monate Urlaub beansprucht, einen
vor, einen nach der Entbindung, mehr bedarf es bei vernünftiger
Lebensweise ganz gewiß nicht, so müßte die sehr
stattliche Ziffer sechsmaligen Kindersegens angenommen
werden, um dem Militärjahr gleichzukommen. Was endlich
die verflixten drei Tage im Monat betrifft, so verursachen
sie vielen Frauen überhaupt kein wesentliches Unbehagen
und bedürften daher kaum besonderer Berücksichtigung;
angenommen aber selbst, es würde einer derartigen Indisposition
Rechnung getragen, so könnte und dürfte dies einen
wohlgeordneten Betrieb so wenig aus dem Geleise bringen,
als etwa die Waffenübungen, die gleich auf Wochen hinaus
den jungen Mann abberufen.

Der dritte Grund, warum eine Wertung von vorneherein
auf falschem Boden steht, die davon ausgeht, ob der
Mann oder das Weib »geistig höherstehend« oder für diesen
oder jenen Beruf »begabter« sei, liegt in der einfachen Tatsache,
daß solche Vergleiche, die gewiß von Individuum zu
Individuum jedesmal andere Resultate ergeben, überhaupt
nicht geeignet sind, den Wert einer Persönlichkeit oder gar
einer Gattung zu bestimmen. Ob eine Frau als Bahninspektor,
Zahnärztin, Agentin, Telephonistin, Mathematikerin oder
Malerin tüchtiger oder untüchtiger ist als ein männlicher
Kollege, ist höchst gleichgültig für ihren Wert. Es kann
höchstens ihren (eng an ihre Person geknüpften) Wert als
Malerin, Zahnärztin etc. bestimmen und wird sie allein die
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[68/0074] Feministinnen meinen), einfach als eine soziale Pflicht zum Wohle der Rasse zu betrachten ist, deren Erfüllung aber nicht mehr Zeit beansprucht als etwa das Militärjahr des Mannes, welches doch noch nie als Grund für die Unfähigkeit, einen Beruf auszuüben, angeführt wurde. In der Tat, selbst wenn wir annehmen, daß die Mutterwerdung der Frau zwei Monate Urlaub beansprucht, einen vor, einen nach der Entbindung, mehr bedarf es bei vernünftiger Lebensweise ganz gewiß nicht, so müßte die sehr stattliche Ziffer sechsmaligen Kindersegens angenommen werden, um dem Militärjahr gleichzukommen. Was endlich die verflixten drei Tage im Monat betrifft, so verursachen sie vielen Frauen überhaupt kein wesentliches Unbehagen und bedürften daher kaum besonderer Berücksichtigung; angenommen aber selbst, es würde einer derartigen Indisposition Rechnung getragen, so könnte und dürfte dies einen wohlgeordneten Betrieb so wenig aus dem Geleise bringen, als etwa die Waffenübungen, die gleich auf Wochen hinaus den jungen Mann abberufen. Der dritte Grund, warum eine Wertung von vorneherein auf falschem Boden steht, die davon ausgeht, ob der Mann oder das Weib »geistig höherstehend« oder für diesen oder jenen Beruf »begabter« sei, liegt in der einfachen Tatsache, daß solche Vergleiche, die gewiß von Individuum zu Individuum jedesmal andere Resultate ergeben, überhaupt nicht geeignet sind, den Wert einer Persönlichkeit oder gar einer Gattung zu bestimmen. Ob eine Frau als Bahninspektor, Zahnärztin, Agentin, Telephonistin, Mathematikerin oder Malerin tüchtiger oder untüchtiger ist als ein männlicher Kollege, ist höchst gleichgültig für ihren Wert. Es kann höchstens ihren (eng an ihre Person geknüpften) Wert als Malerin, Zahnärztin etc. bestimmen und wird sie allein die Konsequenzen ihrer eventuellen Untüchtigkeit wirtschaftlich zu tragen haben, kommt aber bei der Bewertung des ganzen

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Zitationshilfe: Meisel-Heß, Grete: Weiberhaß und Weiberverachtung. Eine Erwiderung auf die in Dr. Otto Weiningers Buche »Geschlecht und Charakter« geäußerten Anschauungen über »Die Frau und ihre Frage«. Wien, 1904, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meiselhess_weiberhass_1904/74>, abgerufen am 24.11.2024.