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Meißner, Alfred: Der Müller vom Höft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–274. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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was hängt, laß hängen! Laß die Gerechtigkeit -- o welch ein Wort! -- ihr Werk thun! Du gabst Anderen Lehren und hieltest, Armer, sie selbst nicht! Warum ließest du das Gesetz nicht an mir vollenden? Dich brachte dein Herz zu Fall, wie mich das meinige!

Er hielt inne, betrachtete lange die blassen, abgehärmten, aber noch immer schönen Züge des jungen Menschen, und sagte dann: Warum soll ich dir's verhehlen? Warum schwieg ich so lange? Was schweig' ich noch jetzt, da dich deine eigene That mir so ähnlich macht? Wendelin, lieber Wendelin, mein Blut ist in deinen Adern, du bist mein Sohn!

Da streckte Wendelin beide Hände vor, zaudernd, seinem alten Meister um den Hals zu fallen; dann sagte er tonlos, indeß alle Züge seines Gesichts von unsäglicher Bewegung, einem Gemisch von Freude, Trauer und Schmerz sprachen:

Ihr, Meister, mein Vater?

Ja, dein Vater, Wendelin, dein alter Vater! Warum ließ eine thörichte Scheu vor den Menschen mich schweigen, indeß mein Herz so laut für dich sprach und ich dich so innig liebte? Ja, dein Vater bin ich! Komm her, komm an mein Herz!

Die Nacht war da, sie verging in Gesprächen. Reinbacher erzählte Wendelin von seiner Mutter. Dieser hörte tief bewegt, bald erblassend, bald erröthend zu.

Mit den herbeigerufenen Gerichtspersonen ward

was hängt, laß hängen! Laß die Gerechtigkeit — o welch ein Wort! — ihr Werk thun! Du gabst Anderen Lehren und hieltest, Armer, sie selbst nicht! Warum ließest du das Gesetz nicht an mir vollenden? Dich brachte dein Herz zu Fall, wie mich das meinige!

Er hielt inne, betrachtete lange die blassen, abgehärmten, aber noch immer schönen Züge des jungen Menschen, und sagte dann: Warum soll ich dir's verhehlen? Warum schwieg ich so lange? Was schweig' ich noch jetzt, da dich deine eigene That mir so ähnlich macht? Wendelin, lieber Wendelin, mein Blut ist in deinen Adern, du bist mein Sohn!

Da streckte Wendelin beide Hände vor, zaudernd, seinem alten Meister um den Hals zu fallen; dann sagte er tonlos, indeß alle Züge seines Gesichts von unsäglicher Bewegung, einem Gemisch von Freude, Trauer und Schmerz sprachen:

Ihr, Meister, mein Vater?

Ja, dein Vater, Wendelin, dein alter Vater! Warum ließ eine thörichte Scheu vor den Menschen mich schweigen, indeß mein Herz so laut für dich sprach und ich dich so innig liebte? Ja, dein Vater bin ich! Komm her, komm an mein Herz!

Die Nacht war da, sie verging in Gesprächen. Reinbacher erzählte Wendelin von seiner Mutter. Dieser hörte tief bewegt, bald erblassend, bald erröthend zu.

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[0098] was hängt, laß hängen! Laß die Gerechtigkeit — o welch ein Wort! — ihr Werk thun! Du gabst Anderen Lehren und hieltest, Armer, sie selbst nicht! Warum ließest du das Gesetz nicht an mir vollenden? Dich brachte dein Herz zu Fall, wie mich das meinige! Er hielt inne, betrachtete lange die blassen, abgehärmten, aber noch immer schönen Züge des jungen Menschen, und sagte dann: Warum soll ich dir's verhehlen? Warum schwieg ich so lange? Was schweig' ich noch jetzt, da dich deine eigene That mir so ähnlich macht? Wendelin, lieber Wendelin, mein Blut ist in deinen Adern, du bist mein Sohn! Da streckte Wendelin beide Hände vor, zaudernd, seinem alten Meister um den Hals zu fallen; dann sagte er tonlos, indeß alle Züge seines Gesichts von unsäglicher Bewegung, einem Gemisch von Freude, Trauer und Schmerz sprachen: Ihr, Meister, mein Vater? Ja, dein Vater, Wendelin, dein alter Vater! Warum ließ eine thörichte Scheu vor den Menschen mich schweigen, indeß mein Herz so laut für dich sprach und ich dich so innig liebte? Ja, dein Vater bin ich! Komm her, komm an mein Herz! Die Nacht war da, sie verging in Gesprächen. Reinbacher erzählte Wendelin von seiner Mutter. Dieser hörte tief bewegt, bald erblassend, bald erröthend zu. Mit den herbeigerufenen Gerichtspersonen ward

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:41:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:41:19Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Meißner, Alfred: Der Müller vom Höft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–274. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_hoeft_1910/98>, abgerufen am 21.11.2024.