zu bewegen: daß er seine Wahl gegen die ihrige umtausche; aber sie erreichte nur halb ihren Zweck. Er liebte seine hoffnungsvolle Tochter so innig, daß er ihr endlich mit Wort und Hand- schlag versprach, nie einen Mann ihr aufzu- dringen; aber er bestand dagegen auch ernst- lich, und vielleicht gar mit einiger Schärfe darauf: daß sie ihrem Günstling nicht minder entsagen solle; und das Ende vom Liede war: daß wirklich beide abgewiesen wurden.
Das Mädchen hatte das Versprechen, ih- ren Liebhaber zu verabschieden, in wahrem Ernste gethan. Als sie aber nachher hörte, daß er, ihrer anscheinenden Härte ungeachtet, eben so standhaft auf seiner Neigung beharre, als jener väterliche Günstling sich bald zu trö- sten gewußt habe; da blieb freilich immer noch ein Funken der alten Zärtlichkeit zurück; und so standhaft sie eine geraume Zeit hindurch seine wiederholten Bewerbungen abwies; so brachte er es doch durch Bestechung einer Auf- wärterin, und zwar einer, die nicht vom lezten
zu bewegen: daß er ſeine Wahl gegen die ihrige umtauſche; aber ſie erreichte nur halb ihren Zweck. Er liebte ſeine hoffnungsvolle Tochter ſo innig, daß er ihr endlich mit Wort und Hand- ſchlag verſprach, nie einen Mann ihr aufzu- dringen; aber er beſtand dagegen auch ernſt- lich, und vielleicht gar mit einiger Schaͤrfe darauf: daß ſie ihrem Guͤnſtling nicht minder entſagen ſolle; und das Ende vom Liede war: daß wirklich beide abgewieſen wurden.
Das Maͤdchen hatte das Verſprechen, ih- ren Liebhaber zu verabſchieden, in wahrem Ernſte gethan. Als ſie aber nachher hoͤrte, daß er, ihrer anſcheinenden Haͤrte ungeachtet, eben ſo ſtandhaft auf ſeiner Neigung beharre, als jener vaͤterliche Guͤnſtling ſich bald zu troͤ- ſten gewußt habe; da blieb freilich immer noch ein Funken der alten Zaͤrtlichkeit zuruͤck; und ſo ſtandhaft ſie eine geraume Zeit hindurch ſeine wiederholten Bewerbungen abwies; ſo brachte er es doch durch Beſtechung einer Auf- waͤrterin, und zwar einer, die nicht vom lezten
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0018"n="10"/>
zu bewegen: daß er ſeine Wahl gegen die ihrige<lb/>
umtauſche; aber ſie erreichte nur halb ihren<lb/>
Zweck. Er liebte ſeine hoffnungsvolle Tochter<lb/>ſo innig, daß er ihr endlich mit Wort und Hand-<lb/>ſchlag verſprach, nie einen Mann ihr aufzu-<lb/>
dringen; aber er beſtand dagegen auch ernſt-<lb/>
lich, und vielleicht gar mit einiger Schaͤrfe<lb/>
darauf: daß ſie ihrem Guͤnſtling nicht minder<lb/>
entſagen ſolle; und das Ende vom Liede war:<lb/>
daß wirklich <hirendition="#g">beide</hi> abgewieſen wurden.</p><lb/><p>Das Maͤdchen hatte das Verſprechen, ih-<lb/>
ren Liebhaber zu verabſchieden, in wahrem<lb/>
Ernſte gethan. Als ſie aber nachher hoͤrte,<lb/>
daß er, ihrer anſcheinenden Haͤrte ungeachtet,<lb/>
eben ſo ſtandhaft auf ſeiner Neigung beharre,<lb/>
als jener vaͤterliche Guͤnſtling ſich bald zu troͤ-<lb/>ſten gewußt habe; da blieb freilich immer noch<lb/>
ein Funken der alten Zaͤrtlichkeit zuruͤck; und<lb/>ſo ſtandhaft ſie eine geraume Zeit hindurch<lb/>ſeine wiederholten Bewerbungen abwies; ſo<lb/>
brachte er es doch durch Beſtechung einer Auf-<lb/>
waͤrterin, und zwar einer, die nicht vom lezten<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[10/0018]
zu bewegen: daß er ſeine Wahl gegen die ihrige
umtauſche; aber ſie erreichte nur halb ihren
Zweck. Er liebte ſeine hoffnungsvolle Tochter
ſo innig, daß er ihr endlich mit Wort und Hand-
ſchlag verſprach, nie einen Mann ihr aufzu-
dringen; aber er beſtand dagegen auch ernſt-
lich, und vielleicht gar mit einiger Schaͤrfe
darauf: daß ſie ihrem Guͤnſtling nicht minder
entſagen ſolle; und das Ende vom Liede war:
daß wirklich beide abgewieſen wurden.
Das Maͤdchen hatte das Verſprechen, ih-
ren Liebhaber zu verabſchieden, in wahrem
Ernſte gethan. Als ſie aber nachher hoͤrte,
daß er, ihrer anſcheinenden Haͤrte ungeachtet,
eben ſo ſtandhaft auf ſeiner Neigung beharre,
als jener vaͤterliche Guͤnſtling ſich bald zu troͤ-
ſten gewußt habe; da blieb freilich immer noch
ein Funken der alten Zaͤrtlichkeit zuruͤck; und
ſo ſtandhaft ſie eine geraume Zeit hindurch
ſeine wiederholten Bewerbungen abwies; ſo
brachte er es doch durch Beſtechung einer Auf-
waͤrterin, und zwar einer, die nicht vom lezten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/18>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.