baren Zuneigung gehalten. Sich zwanzig oder dreißig Jahre mit einer alten Frau zu quälen, selbst dabei zu veralten, den Sklaven ihres Eigensins und ihrer Eifersucht abzu- geben, aus ihren geizigen dürren Händen jeden Groschen erheucheln, erbetteln oder erpressen zu müssen, und doch wohl am Ende noch -- leer auszugehn? dies schien ihm kein Handel zu seyn, der einem klugen Kaufmanne zieme! Wahrscheinlich zwar, daß er manches hierbei schwärzer sah, als er solte! daß sie nicht so- wohl ihn zu unterjochen und zu berücken, als vielmehr durch eine, ihr weislich dünkende, Vor- sicht näher an sich zu knüpfen suchte! Noch wahrscheinlicher, daß es blos auf seine Klug- heit und Entschlossenheit ankam, noch jezt sich beßre Bedingungen zu erwerben! Ein Wort, zur rechten Zeit gesprochen, -- eine Liebko- sung, schlau verschwendet, -- auch wohl eine bescheidne, doch ernstliche Drohung hätten ge- wiß viel vermocht. Was thut eine alternde verliebte Frau nicht, um nur den Mann zu
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baren Zuneigung gehalten. Sich zwanzig oder dreißig Jahre mit einer alten Frau zu quaͤlen, ſelbſt dabei zu veralten, den Sklaven ihres Eigenſins und ihrer Eiferſucht abzu- geben, aus ihren geizigen duͤrren Haͤnden jeden Groſchen erheucheln, erbetteln oder erpreſſen zu muͤſſen, und doch wohl am Ende noch — leer auszugehn? dies ſchien ihm kein Handel zu ſeyn, der einem klugen Kaufmanne zieme! Wahrſcheinlich zwar, daß er manches hierbei ſchwaͤrzer ſah, als er ſolte! daß ſie nicht ſo- wohl ihn zu unterjochen und zu beruͤcken, als vielmehr durch eine, ihr weislich duͤnkende, Vor- ſicht naͤher an ſich zu knuͤpfen ſuchte! Noch wahrſcheinlicher, daß es blos auf ſeine Klug- heit und Entſchloſſenheit ankam, noch jezt ſich beßre Bedingungen zu erwerben! Ein Wort, zur rechten Zeit geſprochen, — eine Liebko- ſung, ſchlau verſchwendet, — auch wohl eine beſcheidne, doch ernſtliche Drohung haͤtten ge- wiß viel vermocht. Was thut eine alternde verliebte Frau nicht, um nur den Mann zu
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baren Zuneigung gehalten. Sich zwanzig
oder dreißig Jahre mit einer alten Frau zu
quaͤlen, ſelbſt dabei zu veralten, den Sklaven
ihres Eigenſins und ihrer Eiferſucht abzu-
geben, aus ihren geizigen duͤrren Haͤnden jeden
Groſchen erheucheln, erbetteln oder erpreſſen
zu muͤſſen, und doch wohl am Ende noch —
leer auszugehn? dies ſchien ihm kein Handel
zu ſeyn, der einem klugen Kaufmanne zieme!
Wahrſcheinlich zwar, daß er manches hierbei
ſchwaͤrzer ſah, als er ſolte! daß ſie nicht ſo-
wohl ihn zu unterjochen und zu beruͤcken, als
vielmehr durch eine, ihr weislich duͤnkende, Vor-
ſicht naͤher an ſich zu knuͤpfen ſuchte! Noch
wahrſcheinlicher, daß es blos auf ſeine Klug-
heit und Entſchloſſenheit ankam, noch jezt ſich
beßre Bedingungen zu erwerben! Ein Wort,
zur rechten Zeit geſprochen, — eine Liebko-
ſung, ſchlau verſchwendet, — auch wohl eine
beſcheidne, doch ernſtliche Drohung haͤtten ge-
wiß viel vermocht. Was thut eine alternde
verliebte Frau nicht, um nur den Mann zu
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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/269>, abgerufen am 23.11.2024.
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