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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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Hälfte davon zu seinen dringendsten Hand-
lungsschulden verwenden, die andre Hälfte
in nächster Woche um ein halbes Prozent hö-
her anlegen wolle. Sie schlos, nachdem sie die
Louisdors und Dukaten sorgfältig in Röllgen
gepackt, einen Schrank auf, und zog vor R's
Augen, ein Fach heraus, geräumig und ver-
borgen genug. Hier befand sich noch ihr eig-
ner Schmuck, ein paar fremde brillantne Rin-
ge, worauf sie Geld geliehen, und ein großer
lederner Beutel voll Goldstücke, die sie ihren
Nothpfennig nante. Heute schon einmal in
zutraulicher Laune zeigte sie ihm alles. Die
Juwelen überstiegen an innern Gehalt noch
die baare Summe. Zwölftausend Thaler war
dieses Fach gewiß werth. Mit jenem liebli-
chen Lächeln, mit welchem gewöhnlich der Geiz
seine Schäzze überschaut und mustert, hafteten
ihre Blicke einige Minuten hierauf. -- "Noch
mein Liebster," sagte sie endlich, "ist dies
nur ein sehr mäßiger Theil meines Vermögens.
Jenes dünne Päcktchen Dokumente enthält

Haͤlfte davon zu ſeinen dringendſten Hand-
lungsſchulden verwenden, die andre Haͤlfte
in naͤchſter Woche um ein halbes Prozent hoͤ-
her anlegen wolle. Sie ſchlos, nachdem ſie die
Louisdors und Dukaten ſorgfaͤltig in Roͤllgen
gepackt, einen Schrank auf, und zog vor R's
Augen, ein Fach heraus, geraͤumig und ver-
borgen genug. Hier befand ſich noch ihr eig-
ner Schmuck, ein paar fremde brillantne Rin-
ge, worauf ſie Geld geliehen, und ein großer
lederner Beutel voll Goldſtuͤcke, die ſie ihren
Nothpfennig nante. Heute ſchon einmal in
zutraulicher Laune zeigte ſie ihm alles. Die
Juwelen uͤberſtiegen an innern Gehalt noch
die baare Summe. Zwoͤlftauſend Thaler war
dieſes Fach gewiß werth. Mit jenem liebli-
chen Laͤcheln, mit welchem gewoͤhnlich der Geiz
ſeine Schaͤzze uͤberſchaut und muſtert, hafteten
ihre Blicke einige Minuten hierauf. — „Noch
mein Liebſter,“ ſagte ſie endlich, „iſt dies
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[267/0275] Haͤlfte davon zu ſeinen dringendſten Hand- lungsſchulden verwenden, die andre Haͤlfte in naͤchſter Woche um ein halbes Prozent hoͤ- her anlegen wolle. Sie ſchlos, nachdem ſie die Louisdors und Dukaten ſorgfaͤltig in Roͤllgen gepackt, einen Schrank auf, und zog vor R's Augen, ein Fach heraus, geraͤumig und ver- borgen genug. Hier befand ſich noch ihr eig- ner Schmuck, ein paar fremde brillantne Rin- ge, worauf ſie Geld geliehen, und ein großer lederner Beutel voll Goldſtuͤcke, die ſie ihren Nothpfennig nante. Heute ſchon einmal in zutraulicher Laune zeigte ſie ihm alles. Die Juwelen uͤberſtiegen an innern Gehalt noch die baare Summe. Zwoͤlftauſend Thaler war dieſes Fach gewiß werth. Mit jenem liebli- chen Laͤcheln, mit welchem gewoͤhnlich der Geiz ſeine Schaͤzze uͤberſchaut und muſtert, hafteten ihre Blicke einige Minuten hierauf. — „Noch mein Liebſter,“ ſagte ſie endlich, „iſt dies nur ein ſehr maͤßiger Theil meines Vermoͤgens. Jenes duͤnne Paͤcktchen Dokumente enthaͤlt

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/275>, abgerufen am 23.11.2024.