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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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diese Erbschaft und das Leben zugleich zu rau-
ben. Den Entwurf dazu vertraute er seinem
Kammerdiener, und bot ihm eine ansehnliche
Summe, wenn er sich der Ausführung un-
terziehe. Doch dieser dachte zu rechtschaffen,
als in einen solchen Handel sich zu mischen.
Der ungedultige Harcourt versteckte sich daher
in Bauerkleidung; ging in seine Heimath zu-
rück, und schlich so lange um seines Bruders
Wohnung herum, bis er ihn einst in der
Abenddämmerung einige Schritte weit vom
Hause lustwandeln sah; rasch sprang er dann
hervor; schos ihn mit einer Pistole darnieder;
beraubte ihn sogar, damit man desto eher anf
einen gemeinenStraußenräuber rathen möchte;
und eilte dann, so schnell er konte, nach Ge-
nua zurück. Seine Entfernung war aufs be-
ste verborgen worden. Kein Mensch muth-
maßte diese Schandthat. Harcourt konte nun
vollkommen zufrieden seyn.

Dennoch hatte er noch eine Hinderniß zu
übersteigen. Maßerine, die ihn immer noch

dieſe Erbſchaft und das Leben zugleich zu rau-
ben. Den Entwurf dazu vertraute er ſeinem
Kammerdiener, und bot ihm eine anſehnliche
Summe, wenn er ſich der Ausfuͤhrung un-
terziehe. Doch dieſer dachte zu rechtſchaffen,
als in einen ſolchen Handel ſich zu miſchen.
Der ungedultige Harcourt verſteckte ſich daher
in Bauerkleidung; ging in ſeine Heimath zu-
ruͤck, und ſchlich ſo lange um ſeines Bruders
Wohnung herum, bis er ihn einſt in der
Abenddaͤmmerung einige Schritte weit vom
Hauſe luſtwandeln ſah; raſch ſprang er dann
hervor; ſchos ihn mit einer Piſtole darnieder;
beraubte ihn ſogar, damit man deſto eher anf
einen gemeinenStraußenraͤuber rathen moͤchte;
und eilte dann, ſo ſchnell er konte, nach Ge-
nua zuruͤck. Seine Entfernung war aufs be-
ſte verborgen worden. Kein Menſch muth-
maßte dieſe Schandthat. Harcourt konte nun
vollkommen zufrieden ſeyn.

Dennoch hatte er noch eine Hinderniß zu
uͤberſteigen. Maßerine, die ihn immer noch

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[368/0376] dieſe Erbſchaft und das Leben zugleich zu rau- ben. Den Entwurf dazu vertraute er ſeinem Kammerdiener, und bot ihm eine anſehnliche Summe, wenn er ſich der Ausfuͤhrung un- terziehe. Doch dieſer dachte zu rechtſchaffen, als in einen ſolchen Handel ſich zu miſchen. Der ungedultige Harcourt verſteckte ſich daher in Bauerkleidung; ging in ſeine Heimath zu- ruͤck, und ſchlich ſo lange um ſeines Bruders Wohnung herum, bis er ihn einſt in der Abenddaͤmmerung einige Schritte weit vom Hauſe luſtwandeln ſah; raſch ſprang er dann hervor; ſchos ihn mit einer Piſtole darnieder; beraubte ihn ſogar, damit man deſto eher anf einen gemeinenStraußenraͤuber rathen moͤchte; und eilte dann, ſo ſchnell er konte, nach Ge- nua zuruͤck. Seine Entfernung war aufs be- ſte verborgen worden. Kein Menſch muth- maßte dieſe Schandthat. Harcourt konte nun vollkommen zufrieden ſeyn. Dennoch hatte er noch eine Hinderniß zu uͤberſteigen. Maßerine, die ihn immer noch

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/376>, abgerufen am 26.11.2024.