Dichter und dem Menschenkenner ein weites, noch ziemlich ungenüztes Feld an. Eine kleine Anekdote, die ein berühmter, nun verstorbner Schauspieler -- wir wollen seinen Namen mit St* bezeichnen, -- seinen Freunden dann zu er- zählen pflegte, wenn er bei guter, und ich will hoffen, auch bei wahrhafter Laune sich befand, scheint mir darauf zu passen.
St* jugendliche Aufführung war nicht die beste. Nur alzuoft bewies er Ungehorsam ge- gen älterliche Vermahnung, Troz gegen den Ernst seiner Lehrer, und einen Hang zu wil- den Ausschweifungen in seinen Ergözlich- keiten; auch dann und wann eine Klei- nigkeit zu entwenden macht' er sich kein Gewissen, so scharf ihn beim Entdeckungs- fall sein Vater zu züchtigen pflegte. Er war ungefähr funfzehn Jahr alt, als dieser Vater starb. Mütterliche Zucht dünkt' ihm nun eben so streng, und noch um ein gutes Theil schimpflicher. Er hatte mehrmals von einem Onkel reden gehört, der in einer Entfernung
Dichter und dem Menſchenkenner ein weites, noch ziemlich ungenuͤztes Feld an. Eine kleine Anekdote, die ein beruͤhmter, nun verſtorbner Schauſpieler — wir wollen ſeinen Namen mit St* bezeichnen, — ſeinen Freunden dann zu er- zaͤhlen pflegte, wenn er bei guter, und ich will hoffen, auch bei wahrhafter Laune ſich befand, ſcheint mir darauf zu paſſen.
St* jugendliche Auffuͤhrung war nicht die beſte. Nur alzuoft bewies er Ungehorſam ge- gen aͤlterliche Vermahnung, Troz gegen den Ernſt ſeiner Lehrer, und einen Hang zu wil- den Ausſchweifungen in ſeinen Ergoͤzlich- keiten; auch dann und wann eine Klei- nigkeit zu entwenden macht' er ſich kein Gewiſſen, ſo ſcharf ihn beim Entdeckungs- fall ſein Vater zu zuͤchtigen pflegte. Er war ungefaͤhr funfzehn Jahr alt, als dieſer Vater ſtarb. Muͤtterliche Zucht duͤnkt' ihm nun eben ſo ſtreng, und noch um ein gutes Theil ſchimpflicher. Er hatte mehrmals von einem Onkel reden gehoͤrt, der in einer Entfernung
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Dichter und dem Menſchenkenner ein weites,
noch ziemlich ungenuͤztes Feld an. Eine kleine
Anekdote, die ein beruͤhmter, nun verſtorbner
Schauſpieler — wir wollen ſeinen Namen mit
St* bezeichnen, — ſeinen Freunden dann zu er-
zaͤhlen pflegte, wenn er bei guter, und ich
will hoffen, auch bei wahrhafter Laune
ſich befand, ſcheint mir darauf zu paſſen.
St* jugendliche Auffuͤhrung war nicht die
beſte. Nur alzuoft bewies er Ungehorſam ge-
gen aͤlterliche Vermahnung, Troz gegen den
Ernſt ſeiner Lehrer, und einen Hang zu wil-
den Ausſchweifungen in ſeinen Ergoͤzlich-
keiten; auch dann und wann eine Klei-
nigkeit zu entwenden macht' er ſich kein
Gewiſſen, ſo ſcharf ihn beim Entdeckungs-
fall ſein Vater zu zuͤchtigen pflegte. Er war
ungefaͤhr funfzehn Jahr alt, als dieſer Vater
ſtarb. Muͤtterliche Zucht duͤnkt' ihm nun
eben ſo ſtreng, und noch um ein gutes Theil
ſchimpflicher. Er hatte mehrmals von einem
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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/418>, abgerufen am 26.11.2024.
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