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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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hat mich des wahren Glaubens theilhaftig
werden lassen! O wie so wohl mir dabei ist!
Wie ganz gewiß ich mit keinem Fürsten tau-
schen würde!"

Er fuhr noch lang' in diesem Tone fort, bis
er ein gewißes Kopfschütteln bei dem Schul-
meister bemerkte, das ihn Wunder nahm, und
nach dessen Ursache er fragte.

"Es ist wohl recht gut, lieber Bruder, um
eine solche Seelenruh; war jenes Antwort:
auch zweifl' ich nicht, daß es ganz heimlich
mit deinem Herzen stehn mag. Aber unser
jezzige Glaube -- unser jezzige Glaube -- so
ganz lauter wie der Glaube der Alten mag er
doch wohl nicht seyn."

"Und warum solt' er das nicht, lieber Bru-
der? Jch habe ja so andächtig zu Gott ge-
betet; so ganz in die Wunden des Lammes
mich geflüchtet, und empfind' auch dafür so
eine Heiterkeit, so eine Gewisheit meiner Ver-
söhnung. = =

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hat mich des wahren Glaubens theilhaftig
werden laſſen! O wie ſo wohl mir dabei iſt!
Wie ganz gewiß ich mit keinem Fuͤrſten tau-
ſchen wuͤrde!“

Er fuhr noch lang' in dieſem Tone fort, bis
er ein gewißes Kopfſchuͤtteln bei dem Schul-
meiſter bemerkte, das ihn Wunder nahm, und
nach deſſen Urſache er fragte.

„Es iſt wohl recht gut, lieber Bruder, um
eine ſolche Seelenruh; war jenes Antwort:
auch zweifl' ich nicht, daß es ganz heimlich
mit deinem Herzen ſtehn mag. Aber unſer
jezzige Glaube — unſer jezzige Glaube — ſo
ganz lauter wie der Glaube der Alten mag er
doch wohl nicht ſeyn.“

„Und warum ſolt' er das nicht, lieber Bru-
der? Jch habe ja ſo andaͤchtig zu Gott ge-
betet; ſo ganz in die Wunden des Lammes
mich gefluͤchtet, und empfind' auch dafuͤr ſo
eine Heiterkeit, ſo eine Gewisheit meiner Ver-
ſoͤhnung. = =

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[485/0493] hat mich des wahren Glaubens theilhaftig werden laſſen! O wie ſo wohl mir dabei iſt! Wie ganz gewiß ich mit keinem Fuͤrſten tau- ſchen wuͤrde!“ Er fuhr noch lang' in dieſem Tone fort, bis er ein gewißes Kopfſchuͤtteln bei dem Schul- meiſter bemerkte, das ihn Wunder nahm, und nach deſſen Urſache er fragte. „Es iſt wohl recht gut, lieber Bruder, um eine ſolche Seelenruh; war jenes Antwort: auch zweifl' ich nicht, daß es ganz heimlich mit deinem Herzen ſtehn mag. Aber unſer jezzige Glaube — unſer jezzige Glaube — ſo ganz lauter wie der Glaube der Alten mag er doch wohl nicht ſeyn.“ „Und warum ſolt' er das nicht, lieber Bru- der? Jch habe ja ſo andaͤchtig zu Gott ge- betet; ſo ganz in die Wunden des Lammes mich gefluͤchtet, und empfind' auch dafuͤr ſo eine Heiterkeit, ſo eine Gewisheit meiner Ver- ſoͤhnung. = = H h 3

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 485. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/493>, abgerufen am 23.11.2024.