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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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"Minute dauert; und dann ist es vorbei.
"Auch müssen wir alle einmal an die Reihe
"des Todes kommen! Ob mit dem Schwert
"oder durch ein Fieber? der Unterschied ist
"am Ende nicht groß. Aber dreimal gefoltert
"werden, ist mein Seel' ärger, als zweimal
"sterben; und so lange an einem zerren und
"renken, bis man endlich eine Weile aussez-
"zen muß, um nur wieder fortfahren zu kön-
"nen, das ist nicht gerichtliche Untersuchung,
"sondern gerichtliche Barbarei! -- Sollte
"nun zumal am Ende das arme Weibstück gar
"unschuldig seyn = =

"O das ist sie nun wohl gewiß nicht! das kann
sie gar nicht seyn! schrie hier der ganze Trupp
seiner bisherigenZuhörer. Alle rechneten ihm die
oben erwähnten ungünstigen Umstände, noch
wohl vermehrt und verbessert, her; alle bewiesen
und schrien, und -- überzeugten ihn doch
nicht! Daß die Wahrscheinlichkeit gegen
sie spreche; daß ein schwerer Verdacht die Ein-
gekerkerte drücke; das gestand er freilich. Doch

„Minute dauert; und dann iſt es vorbei.
„Auch muͤſſen wir alle einmal an die Reihe
„des Todes kommen! Ob mit dem Schwert
„oder durch ein Fieber? der Unterſchied iſt
„am Ende nicht groß. Aber dreimal gefoltert
„werden, iſt mein Seel' aͤrger, als zweimal
„ſterben; und ſo lange an einem zerren und
„renken, bis man endlich eine Weile ausſez-
„zen muß, um nur wieder fortfahren zu koͤn-
„nen, das iſt nicht gerichtliche Unterſuchung,
„ſondern gerichtliche Barbarei! — Sollte
„nun zumal am Ende das arme Weibſtuͤck gar
„unſchuldig ſeyn = =

„O das iſt ſie nun wohl gewiß nicht! das kann
ſie gar nicht ſeyn! ſchrie hier der ganze Trupp
ſeiner bisherigenZuhoͤrer. Alle rechneten ihm die
oben erwaͤhnten unguͤnſtigen Umſtaͤnde, noch
wohl vermehrt und verbeſſert, her; alle bewieſen
und ſchrien, und — uͤberzeugten ihn doch
nicht! Daß die Wahrſcheinlichkeit gegen
ſie ſpreche; daß ein ſchwerer Verdacht die Ein-
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[91/0099] „Minute dauert; und dann iſt es vorbei. „Auch muͤſſen wir alle einmal an die Reihe „des Todes kommen! Ob mit dem Schwert „oder durch ein Fieber? der Unterſchied iſt „am Ende nicht groß. Aber dreimal gefoltert „werden, iſt mein Seel' aͤrger, als zweimal „ſterben; und ſo lange an einem zerren und „renken, bis man endlich eine Weile ausſez- „zen muß, um nur wieder fortfahren zu koͤn- „nen, das iſt nicht gerichtliche Unterſuchung, „ſondern gerichtliche Barbarei! — Sollte „nun zumal am Ende das arme Weibſtuͤck gar „unſchuldig ſeyn = = „O das iſt ſie nun wohl gewiß nicht! das kann ſie gar nicht ſeyn! ſchrie hier der ganze Trupp ſeiner bisherigenZuhoͤrer. Alle rechneten ihm die oben erwaͤhnten unguͤnſtigen Umſtaͤnde, noch wohl vermehrt und verbeſſert, her; alle bewieſen und ſchrien, und — uͤberzeugten ihn doch nicht! Daß die Wahrſcheinlichkeit gegen ſie ſpreche; daß ein ſchwerer Verdacht die Ein- gekerkerte druͤcke; das geſtand er freilich. Doch

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/99>, abgerufen am 27.11.2024.