Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882.

Bild:
<< vorherige Seite

adeliger Dienstmänner stand, und das sich neben den Herzögen von Schwaben und Bayern fast ebenbürtig zu behaupten wußte.

Seit der Auflösung des karolingischen Weltreiches, das die großen und kleinen Herren mit mächtiger Faust niedergehalten hatte, war eine allgemeine Rauf- und Raublust entfesselt, und die Erde hallte nur von frommem Glockengeläute und wildem Waffengeklirre wider; dennoch war es trotz eines hundertjährigen Blutvergießens Keinem gelungen, auf's Neue ein großes Reich zu begründen.

Graf Heinrich, der "Herr von der weißen Fahn" genannt, weil er eine weiße Kirchenfahne im schwarzen Felde im Wappen führte, hatte seinen Sitz abwechselnd auf Werdenberg und auf der Schattenburg zu Feldkirch. Ehedem ein gewaltiger Herr von unbändiger Rauflust, der manche Fehde mit seinen Nachbarn ausgefochten, war er jetzt ein bejahrter Mann, nicht am Geiste, aber am Körper gebrochen. Seit Jahren bereits mußte er seinem Lieblingsvergnügen, der Jagd auf Bären und Wölfe, entsagen und hätte gern in Frieden gelebt, da er jetzt um

adeliger Dienstmänner stand, und das sich neben den Herzögen von Schwaben und Bayern fast ebenbürtig zu behaupten wußte.

Seit der Auflösung des karolingischen Weltreiches, das die großen und kleinen Herren mit mächtiger Faust niedergehalten hatte, war eine allgemeine Rauf- und Raublust entfesselt, und die Erde hallte nur von frommem Glockengeläute und wildem Waffengeklirre wider; dennoch war es trotz eines hundertjährigen Blutvergießens Keinem gelungen, auf’s Neue ein großes Reich zu begründen.

Graf Heinrich, der „Herr von der weißen Fahn“ genannt, weil er eine weiße Kirchenfahne im schwarzen Felde im Wappen führte, hatte seinen Sitz abwechselnd auf Werdenberg und auf der Schattenburg zu Feldkirch. Ehedem ein gewaltiger Herr von unbändiger Rauflust, der manche Fehde mit seinen Nachbarn ausgefochten, war er jetzt ein bejahrter Mann, nicht am Geiste, aber am Körper gebrochen. Seit Jahren bereits mußte er seinem Lieblingsvergnügen, der Jagd auf Bären und Wölfe, entsagen und hätte gern in Frieden gelebt, da er jetzt um

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0010" n="2"/>
adeliger Dienstmänner stand, und das sich neben den Herzögen von Schwaben und Bayern fast ebenbürtig zu behaupten wußte.</p>
        <p>Seit der Auflösung des karolingischen Weltreiches, das die großen und kleinen Herren mit mächtiger Faust niedergehalten hatte, war eine allgemeine Rauf- und Raublust entfesselt, und die Erde hallte nur von frommem Glockengeläute und wildem Waffengeklirre wider; dennoch war es trotz eines hundertjährigen Blutvergießens Keinem gelungen, auf&#x2019;s Neue ein großes Reich zu begründen.</p>
        <p>Graf Heinrich, der &#x201E;Herr von der weißen Fahn&#x201C; genannt, weil er eine weiße Kirchenfahne im schwarzen Felde im Wappen führte, hatte seinen Sitz abwechselnd auf Werdenberg und auf der Schattenburg zu Feldkirch. Ehedem ein gewaltiger Herr von unbändiger Rauflust, der manche Fehde mit seinen Nachbarn ausgefochten, war er jetzt ein bejahrter Mann, nicht am Geiste, aber am Körper gebrochen. Seit Jahren bereits mußte er seinem Lieblingsvergnügen, der Jagd auf Bären und Wölfe, entsagen und hätte gern in Frieden gelebt, da er jetzt um
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[2/0010] adeliger Dienstmänner stand, und das sich neben den Herzögen von Schwaben und Bayern fast ebenbürtig zu behaupten wußte. Seit der Auflösung des karolingischen Weltreiches, das die großen und kleinen Herren mit mächtiger Faust niedergehalten hatte, war eine allgemeine Rauf- und Raublust entfesselt, und die Erde hallte nur von frommem Glockengeläute und wildem Waffengeklirre wider; dennoch war es trotz eines hundertjährigen Blutvergießens Keinem gelungen, auf’s Neue ein großes Reich zu begründen. Graf Heinrich, der „Herr von der weißen Fahn“ genannt, weil er eine weiße Kirchenfahne im schwarzen Felde im Wappen führte, hatte seinen Sitz abwechselnd auf Werdenberg und auf der Schattenburg zu Feldkirch. Ehedem ein gewaltiger Herr von unbändiger Rauflust, der manche Fehde mit seinen Nachbarn ausgefochten, war er jetzt ein bejahrter Mann, nicht am Geiste, aber am Körper gebrochen. Seit Jahren bereits mußte er seinem Lieblingsvergnügen, der Jagd auf Bären und Wölfe, entsagen und hätte gern in Frieden gelebt, da er jetzt um

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource.

Quelle der Scans: Wikimedia Commons.

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/10
Zitationshilfe: Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/10>, abgerufen am 28.04.2024.