Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882.

Bild:
<< vorherige Seite

und dieser Stein wälzt sich über mich, als den verfluchten Nachkommen, in tausend Gestalten fort. Und doch bin ich nicht ohne eigene Schuld," fuhr er nach einer Pause düsteren Sinnens fort. "Eine vermessene, strafwürdige Liebe hat Alles vom Anfang bis zum Ende über mich gebracht. Einige Augenblicke hat diese Liebe geleuchtet und gleich darauf ewiges Unheil angestiftet!"

"Kommt Ihr jetzt wirklich aus Aegypten," fragte der Graf, "oder ist auch diese Nachricht falsch?"

"Ich komme aus Aegypten," erwiderte Arbogast. "Laßt Euch aber auch sagen, auf welchem schauderhaften Wege ich dorthin gekommen bin! Als mich die Seeräuber in Portugal fortgeschleppt hatten, kam ich zuerst nach Tunis und wurde dort verkauft. Als Sclave eines mächtigen Scheik wanderte ich nun viele Tagreisen weiter in das Innere des Landes. Mein Herr war alt und ein gefühlloser Mann, der mit keiner Arbeit zufrieden war und mich, wie alle übrigen Sclaven, auf das Härteste behandelte. Unter diesen Sclaven befand sich ein einziger Christ, ein Däne. Wir wurden gleich Freunde, trösteten einander und suchten mit eitlen Fluchtentwürfen unsere

und dieser Stein wälzt sich über mich, als den verfluchten Nachkommen, in tausend Gestalten fort. Und doch bin ich nicht ohne eigene Schuld,“ fuhr er nach einer Pause düsteren Sinnens fort. „Eine vermessene, strafwürdige Liebe hat Alles vom Anfang bis zum Ende über mich gebracht. Einige Augenblicke hat diese Liebe geleuchtet und gleich darauf ewiges Unheil angestiftet!“

„Kommt Ihr jetzt wirklich aus Aegypten,“ fragte der Graf, „oder ist auch diese Nachricht falsch?“

„Ich komme aus Aegypten,“ erwiderte Arbogast. „Laßt Euch aber auch sagen, auf welchem schauderhaften Wege ich dorthin gekommen bin! Als mich die Seeräuber in Portugal fortgeschleppt hatten, kam ich zuerst nach Tunis und wurde dort verkauft. Als Sclave eines mächtigen Scheik wanderte ich nun viele Tagreisen weiter in das Innere des Landes. Mein Herr war alt und ein gefühlloser Mann, der mit keiner Arbeit zufrieden war und mich, wie alle übrigen Sclaven, auf das Härteste behandelte. Unter diesen Sclaven befand sich ein einziger Christ, ein Däne. Wir wurden gleich Freunde, trösteten einander und suchten mit eitlen Fluchtentwürfen unsere

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0180" n="172"/>
und dieser Stein wälzt sich über mich, als den verfluchten Nachkommen, in tausend Gestalten fort. Und doch bin ich nicht ohne eigene Schuld,&#x201C; fuhr er nach einer Pause düsteren Sinnens fort. &#x201E;Eine vermessene, strafwürdige Liebe hat Alles vom Anfang bis zum Ende über mich gebracht. Einige Augenblicke hat diese Liebe geleuchtet und gleich darauf ewiges Unheil angestiftet!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Kommt Ihr jetzt wirklich aus Aegypten,&#x201C; fragte der Graf, &#x201E;oder ist auch diese Nachricht falsch?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ich komme aus Aegypten,&#x201C; erwiderte Arbogast. &#x201E;Laßt Euch aber auch sagen, auf welchem schauderhaften Wege ich dorthin gekommen bin! Als mich die Seeräuber in Portugal fortgeschleppt hatten, kam ich zuerst nach Tunis und wurde dort verkauft. Als Sclave eines mächtigen Scheik wanderte ich nun viele Tagreisen weiter in das Innere des Landes. Mein Herr war alt und ein gefühlloser Mann, der mit keiner Arbeit zufrieden war und mich, wie alle übrigen Sclaven, auf das Härteste behandelte. Unter diesen Sclaven befand sich ein einziger Christ, ein Däne. Wir wurden gleich Freunde, trösteten einander und suchten mit eitlen Fluchtentwürfen unsere
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0180] und dieser Stein wälzt sich über mich, als den verfluchten Nachkommen, in tausend Gestalten fort. Und doch bin ich nicht ohne eigene Schuld,“ fuhr er nach einer Pause düsteren Sinnens fort. „Eine vermessene, strafwürdige Liebe hat Alles vom Anfang bis zum Ende über mich gebracht. Einige Augenblicke hat diese Liebe geleuchtet und gleich darauf ewiges Unheil angestiftet!“ „Kommt Ihr jetzt wirklich aus Aegypten,“ fragte der Graf, „oder ist auch diese Nachricht falsch?“ „Ich komme aus Aegypten,“ erwiderte Arbogast. „Laßt Euch aber auch sagen, auf welchem schauderhaften Wege ich dorthin gekommen bin! Als mich die Seeräuber in Portugal fortgeschleppt hatten, kam ich zuerst nach Tunis und wurde dort verkauft. Als Sclave eines mächtigen Scheik wanderte ich nun viele Tagreisen weiter in das Innere des Landes. Mein Herr war alt und ein gefühlloser Mann, der mit keiner Arbeit zufrieden war und mich, wie alle übrigen Sclaven, auf das Härteste behandelte. Unter diesen Sclaven befand sich ein einziger Christ, ein Däne. Wir wurden gleich Freunde, trösteten einander und suchten mit eitlen Fluchtentwürfen unsere

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource.

Quelle der Scans: Wikimedia Commons.

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/180
Zitationshilfe: Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/180>, abgerufen am 23.11.2024.