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Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882.

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Er warf sich auf einen Stuhl und seufzte laut: "Ich bin der unglücklichste Mensch!"

Er verstummte wieder, schlug die Hände zusammen und saß mit tiefgesenktem Kopfe traurig da. Nach einiger Zeit sagte er zu sich: "Das geht nicht mit rechten Dingen zu! Es giebt Zauber, die einem alle Krankheiten anhängen, - das ist ausgemachte Sache. Warum sollte man Einem nicht das Blut mit Liebe, und gar mit einer so ganz tollen Liebe, wie die meinige, vergiften können? Wer hat mir das angethan? Wenn die Prinzessin von den frevlen Gefühlen, die mich durchtoben, nur eine Ahnung hätte, so würde sie mich auf das Schimpflichste davonjagen! O, daß mich heute der Hirsch auf seine Geweihe genommen und hoch in die Lüfte geschleudert hätte! Ich hätte Ruhe. Wie glücklich könnte ich sein, wenn ich die Prinzessin niemals gesehen! Lange, lange konnte ich Alles, was in mir vorgeht, verheimlichen, - jetzt aber muß ich fürchten, ich verrathe mich! Heute auf der Jagd, - wie gern wäre ich, wenn ich allein mit ihr im Gebüsche lauerte und sie mich mit freundlich herablassenden Worten, wie einen ihres Gleichen lächelnd anredete,

Er warf sich auf einen Stuhl und seufzte laut: „Ich bin der unglücklichste Mensch!“

Er verstummte wieder, schlug die Hände zusammen und saß mit tiefgesenktem Kopfe traurig da. Nach einiger Zeit sagte er zu sich: „Das geht nicht mit rechten Dingen zu! Es giebt Zauber, die einem alle Krankheiten anhängen, – das ist ausgemachte Sache. Warum sollte man Einem nicht das Blut mit Liebe, und gar mit einer so ganz tollen Liebe, wie die meinige, vergiften können? Wer hat mir das angethan? Wenn die Prinzessin von den frevlen Gefühlen, die mich durchtoben, nur eine Ahnung hätte, so würde sie mich auf das Schimpflichste davonjagen! O, daß mich heute der Hirsch auf seine Geweihe genommen und hoch in die Lüfte geschleudert hätte! Ich hätte Ruhe. Wie glücklich könnte ich sein, wenn ich die Prinzessin niemals gesehen! Lange, lange konnte ich Alles, was in mir vorgeht, verheimlichen, – jetzt aber muß ich fürchten, ich verrathe mich! Heute auf der Jagd, – wie gern wäre ich, wenn ich allein mit ihr im Gebüsche lauerte und sie mich mit freundlich herablassenden Worten, wie einen ihres Gleichen lächelnd anredete,

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[19/0027] Er warf sich auf einen Stuhl und seufzte laut: „Ich bin der unglücklichste Mensch!“ Er verstummte wieder, schlug die Hände zusammen und saß mit tiefgesenktem Kopfe traurig da. Nach einiger Zeit sagte er zu sich: „Das geht nicht mit rechten Dingen zu! Es giebt Zauber, die einem alle Krankheiten anhängen, – das ist ausgemachte Sache. Warum sollte man Einem nicht das Blut mit Liebe, und gar mit einer so ganz tollen Liebe, wie die meinige, vergiften können? Wer hat mir das angethan? Wenn die Prinzessin von den frevlen Gefühlen, die mich durchtoben, nur eine Ahnung hätte, so würde sie mich auf das Schimpflichste davonjagen! O, daß mich heute der Hirsch auf seine Geweihe genommen und hoch in die Lüfte geschleudert hätte! Ich hätte Ruhe. Wie glücklich könnte ich sein, wenn ich die Prinzessin niemals gesehen! Lange, lange konnte ich Alles, was in mir vorgeht, verheimlichen, – jetzt aber muß ich fürchten, ich verrathe mich! Heute auf der Jagd, – wie gern wäre ich, wenn ich allein mit ihr im Gebüsche lauerte und sie mich mit freundlich herablassenden Worten, wie einen ihres Gleichen lächelnd anredete,

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Zitationshilfe: Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/27>, abgerufen am 29.04.2024.