Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882.

Bild:
<< vorherige Seite

Unter den Mönchen, welche, Gebete hersagend, dem Sarge folgten, befand sich ein alter, gar ehrwürdig aussehender Mann, der Arbogast bei jeder Gelegenheit die aufrichtigste Theilnahme bezeugte. Er war der Einzige, mit welchem dieser zu Zeiten ein wenig sprach und zuweilen, wie es schien, noch mehr sprechen wollte, ohne dazu den Muth zu finden.

Der Zug hatte das Gebirge überschritten und war nur noch eine kleine Tagereise von Lissabon entfernt. Arbogast stieg vom Pferde und ging eine Zeit lang zu Fuße, wie er es oftmals gethan. Da näherte sich ihm jener eisgraue Mönch und sagte: "Möge Dich Gott stärken und in seine besondere Obhut nehmen! Tiefer kann man nicht um seinen eigenen Vater trauern."

"Er war wie mein Vater," erwiderte Arbogast. "Ihm verdanke ich Alles. Ohne ihn wäre ich im Schwabenlande verdorben. Ich trage das allergrößte Leid, - aber nicht dieses Leid allein!"

"Was sonst kann Dein Herz beschweren?" versetzte der Mönch. "Du hast so außerordentliche Kriegsthaten vollbracht, daß der König für Dich sorgen würde, auch

Unter den Mönchen, welche, Gebete hersagend, dem Sarge folgten, befand sich ein alter, gar ehrwürdig aussehender Mann, der Arbogast bei jeder Gelegenheit die aufrichtigste Theilnahme bezeugte. Er war der Einzige, mit welchem dieser zu Zeiten ein wenig sprach und zuweilen, wie es schien, noch mehr sprechen wollte, ohne dazu den Muth zu finden.

Der Zug hatte das Gebirge überschritten und war nur noch eine kleine Tagereise von Lissabon entfernt. Arbogast stieg vom Pferde und ging eine Zeit lang zu Fuße, wie er es oftmals gethan. Da näherte sich ihm jener eisgraue Mönch und sagte: „Möge Dich Gott stärken und in seine besondere Obhut nehmen! Tiefer kann man nicht um seinen eigenen Vater trauern.“

„Er war wie mein Vater,“ erwiderte Arbogast. „Ihm verdanke ich Alles. Ohne ihn wäre ich im Schwabenlande verdorben. Ich trage das allergrößte Leid, – aber nicht dieses Leid allein!“

„Was sonst kann Dein Herz beschweren?“ versetzte der Mönch. „Du hast so außerordentliche Kriegsthaten vollbracht, daß der König für Dich sorgen würde, auch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <pb facs="#f0042" n="34"/>
        <p>Unter den Mönchen, welche, Gebete hersagend, dem Sarge folgten, befand sich ein alter, gar ehrwürdig aussehender Mann, der Arbogast bei jeder Gelegenheit die aufrichtigste Theilnahme bezeugte. Er war der Einzige, mit welchem dieser zu Zeiten ein wenig sprach und zuweilen, wie es schien, noch mehr sprechen wollte, ohne dazu den Muth zu finden.</p>
        <p>Der Zug hatte das Gebirge überschritten und war nur noch eine kleine Tagereise von Lissabon entfernt. Arbogast stieg vom Pferde und ging eine Zeit lang zu Fuße, wie er es oftmals gethan. Da näherte sich ihm jener eisgraue Mönch und sagte: &#x201E;Möge Dich Gott stärken und in seine besondere Obhut nehmen! Tiefer kann man nicht um seinen eigenen Vater trauern.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Er war wie mein Vater,&#x201C; erwiderte Arbogast. &#x201E;Ihm verdanke ich Alles. Ohne ihn wäre ich im Schwabenlande verdorben. Ich trage das allergrößte Leid, &#x2013; aber nicht dieses Leid allein!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Was sonst kann Dein Herz beschweren?&#x201C; versetzte der Mönch. &#x201E;Du hast so außerordentliche Kriegsthaten vollbracht, daß der König für Dich sorgen würde, auch
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[34/0042] Unter den Mönchen, welche, Gebete hersagend, dem Sarge folgten, befand sich ein alter, gar ehrwürdig aussehender Mann, der Arbogast bei jeder Gelegenheit die aufrichtigste Theilnahme bezeugte. Er war der Einzige, mit welchem dieser zu Zeiten ein wenig sprach und zuweilen, wie es schien, noch mehr sprechen wollte, ohne dazu den Muth zu finden. Der Zug hatte das Gebirge überschritten und war nur noch eine kleine Tagereise von Lissabon entfernt. Arbogast stieg vom Pferde und ging eine Zeit lang zu Fuße, wie er es oftmals gethan. Da näherte sich ihm jener eisgraue Mönch und sagte: „Möge Dich Gott stärken und in seine besondere Obhut nehmen! Tiefer kann man nicht um seinen eigenen Vater trauern.“ „Er war wie mein Vater,“ erwiderte Arbogast. „Ihm verdanke ich Alles. Ohne ihn wäre ich im Schwabenlande verdorben. Ich trage das allergrößte Leid, – aber nicht dieses Leid allein!“ „Was sonst kann Dein Herz beschweren?“ versetzte der Mönch. „Du hast so außerordentliche Kriegsthaten vollbracht, daß der König für Dich sorgen würde, auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource.

Quelle der Scans: Wikimedia Commons.

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/42
Zitationshilfe: Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/42>, abgerufen am 29.04.2024.