Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882.

Bild:
<< vorherige Seite

Antwort. "Ich fürchte nur, daß ich ein Opfer derselben bin. Hast Du ein solches Teufelswerk schon selbst gesehen?"

"Ich war erst unlängst dabei," sprach der Mönch sehr ernsthaft, "als eine Hexe, die einen ganzen Landstrich mit Hagel verwüstet hatte, von den wüthenden Landleuten erschlagen worden ist. Ich habe eine Hexe verbrennen sehen, die einem ganz ehrbaren Manne eine unnatürliche Neigung zu seiner eigenen Tochter eingeflößt hatte -"

"Das wollte ich wissen!" rief Arbogast, ganz betroffen.

"Liebe und Haß lassen sich allerdings durch höllische Mittel erzeugen," bekräftigte der Mönch, "und ich weiß nicht, was von beiden das schlimmere ist!"

"Wenn ich so wenig liebte, als ich hasse," fiel ihm Arbogast in's Wort, "so wäre mir die schrecklichste Herzensqual ganz unbekannt. Ich liebe und weiß, daß es unheilbringend und voll Gefahren; ich weiß, daß es vergeblich und für alle Zeit hoffnungslos ist. Dennoch aber liebe ich fort und fort. Und diese tolle Leidenschaft läßt mich nirgend los, nicht im Gewühle der Schlacht, ja nicht einmal hinter diesem Sarge! Auch da durchbricht sie meine

Antwort. „Ich fürchte nur, daß ich ein Opfer derselben bin. Hast Du ein solches Teufelswerk schon selbst gesehen?“

„Ich war erst unlängst dabei,“ sprach der Mönch sehr ernsthaft, „als eine Hexe, die einen ganzen Landstrich mit Hagel verwüstet hatte, von den wüthenden Landleuten erschlagen worden ist. Ich habe eine Hexe verbrennen sehen, die einem ganz ehrbaren Manne eine unnatürliche Neigung zu seiner eigenen Tochter eingeflößt hatte –“

„Das wollte ich wissen!“ rief Arbogast, ganz betroffen.

„Liebe und Haß lassen sich allerdings durch höllische Mittel erzeugen,“ bekräftigte der Mönch, „und ich weiß nicht, was von beiden das schlimmere ist!“

„Wenn ich so wenig liebte, als ich hasse,“ fiel ihm Arbogast in’s Wort, „so wäre mir die schrecklichste Herzensqual ganz unbekannt. Ich liebe und weiß, daß es unheilbringend und voll Gefahren; ich weiß, daß es vergeblich und für alle Zeit hoffnungslos ist. Dennoch aber liebe ich fort und fort. Und diese tolle Leidenschaft läßt mich nirgend los, nicht im Gewühle der Schlacht, ja nicht einmal hinter diesem Sarge! Auch da durchbricht sie meine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0046" n="38"/>
Antwort. &#x201E;Ich fürchte nur, daß ich ein Opfer derselben bin. Hast Du ein solches Teufelswerk schon selbst gesehen?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ich war erst unlängst dabei,&#x201C; sprach der Mönch sehr ernsthaft, &#x201E;als eine Hexe, die einen ganzen Landstrich mit Hagel verwüstet hatte, von den wüthenden Landleuten erschlagen worden ist. Ich habe eine Hexe verbrennen sehen, die einem ganz ehrbaren Manne eine unnatürliche Neigung zu seiner eigenen Tochter eingeflößt hatte &#x2013;&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Das wollte ich wissen!&#x201C; rief Arbogast, ganz betroffen.</p>
        <p>&#x201E;Liebe und Haß lassen sich allerdings durch höllische Mittel erzeugen,&#x201C; bekräftigte der Mönch, &#x201E;und ich weiß nicht, was von beiden das schlimmere ist!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Wenn ich so wenig liebte, als ich hasse,&#x201C; fiel ihm Arbogast in&#x2019;s Wort, &#x201E;so wäre mir die schrecklichste Herzensqual ganz unbekannt. Ich liebe und weiß, daß es unheilbringend und voll Gefahren; ich weiß, daß es vergeblich und für alle Zeit hoffnungslos ist. Dennoch aber liebe ich fort und fort. Und diese tolle Leidenschaft läßt mich nirgend los, nicht im Gewühle der Schlacht, ja nicht einmal hinter diesem Sarge! Auch da durchbricht sie meine
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0046] Antwort. „Ich fürchte nur, daß ich ein Opfer derselben bin. Hast Du ein solches Teufelswerk schon selbst gesehen?“ „Ich war erst unlängst dabei,“ sprach der Mönch sehr ernsthaft, „als eine Hexe, die einen ganzen Landstrich mit Hagel verwüstet hatte, von den wüthenden Landleuten erschlagen worden ist. Ich habe eine Hexe verbrennen sehen, die einem ganz ehrbaren Manne eine unnatürliche Neigung zu seiner eigenen Tochter eingeflößt hatte –“ „Das wollte ich wissen!“ rief Arbogast, ganz betroffen. „Liebe und Haß lassen sich allerdings durch höllische Mittel erzeugen,“ bekräftigte der Mönch, „und ich weiß nicht, was von beiden das schlimmere ist!“ „Wenn ich so wenig liebte, als ich hasse,“ fiel ihm Arbogast in’s Wort, „so wäre mir die schrecklichste Herzensqual ganz unbekannt. Ich liebe und weiß, daß es unheilbringend und voll Gefahren; ich weiß, daß es vergeblich und für alle Zeit hoffnungslos ist. Dennoch aber liebe ich fort und fort. Und diese tolle Leidenschaft läßt mich nirgend los, nicht im Gewühle der Schlacht, ja nicht einmal hinter diesem Sarge! Auch da durchbricht sie meine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource.

Quelle der Scans: Wikimedia Commons.

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/46
Zitationshilfe: Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/46>, abgerufen am 29.04.2024.