Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882.Da jetzt im ganzen Königreiche Frieden herrschte, wie wenn die Heiden rings herum seit der letzten großen Niederlage vollständig eingeschüchtert worden seien, stand Arbogast nichts im Wege, eine Wallfahrt anzutreten, um seine Seele so schnell als möglich zu reinigen, und er kam in der That, wenn auch nicht ganz geheilt, so doch mit einem mehr beruhigten Gemüthe und einem gestärkten Willen nach Lissabon zu seinen Dienstpflichten zurück. Da berief ihn der König eines Tages und sagte zu ihm: "Eine theure Verwandte von mir will eine Himmelsbraut werden und wird demnächst durch feierliche Anlegung der Ordenskleider in den Orden der Nonnen von Odoleyte aufgenommen werden. Meine Tochter Diafanta muß der heiligen Handlung beiwohnen, da ich es selbst nicht thun kann, weil kein Mann in die heiligen Räume zugelassen wird. Sammle zwanzig Deiner erlesensten Leute und geleite Dona Diafanta nach dem Katharinen-Kloster auf dem heiligen Berge von Odoleyte. Wähle in meinem Marstall die edelsten Rosse für Dich und Deine Leute und erscheine morgen in aller Frühe vor dem Palaste." Da jetzt im ganzen Königreiche Frieden herrschte, wie wenn die Heiden rings herum seit der letzten großen Niederlage vollständig eingeschüchtert worden seien, stand Arbogast nichts im Wege, eine Wallfahrt anzutreten, um seine Seele so schnell als möglich zu reinigen, und er kam in der That, wenn auch nicht ganz geheilt, so doch mit einem mehr beruhigten Gemüthe und einem gestärkten Willen nach Lissabon zu seinen Dienstpflichten zurück. Da berief ihn der König eines Tages und sagte zu ihm: „Eine theure Verwandte von mir will eine Himmelsbraut werden und wird demnächst durch feierliche Anlegung der Ordenskleider in den Orden der Nonnen von Odoleyte aufgenommen werden. Meine Tochter Diafanta muß der heiligen Handlung beiwohnen, da ich es selbst nicht thun kann, weil kein Mann in die heiligen Räume zugelassen wird. Sammle zwanzig Deiner erlesensten Leute und geleite Dona Diafanta nach dem Katharinen-Kloster auf dem heiligen Berge von Odoleyte. Wähle in meinem Marstall die edelsten Rosse für Dich und Deine Leute und erscheine morgen in aller Frühe vor dem Palaste.“ <TEI> <text> <body> <div n="2"> <pb facs="#f0049" n="41"/> <p>Da jetzt im ganzen Königreiche Frieden herrschte, wie wenn die Heiden rings herum seit der letzten großen Niederlage vollständig eingeschüchtert worden seien, stand Arbogast nichts im Wege, eine Wallfahrt anzutreten, um seine Seele so schnell als möglich zu reinigen, und er kam in der That, wenn auch nicht ganz geheilt, so doch mit einem mehr beruhigten Gemüthe und einem gestärkten Willen nach Lissabon zu seinen Dienstpflichten zurück.</p> <p>Da berief ihn der König eines Tages und sagte zu ihm: „Eine theure Verwandte von mir will eine Himmelsbraut werden und wird demnächst durch feierliche Anlegung der Ordenskleider in den Orden der Nonnen von Odoleyte aufgenommen werden. Meine Tochter Diafanta muß der heiligen Handlung beiwohnen, da ich es selbst nicht thun kann, weil kein Mann in die heiligen Räume zugelassen wird. Sammle zwanzig Deiner erlesensten Leute und geleite Dona Diafanta nach dem Katharinen-Kloster auf dem heiligen Berge von Odoleyte. Wähle in meinem Marstall die edelsten Rosse für Dich und Deine Leute und erscheine morgen in aller Frühe vor dem Palaste.“</p> </div> </body> </text> </TEI> [41/0049]
Da jetzt im ganzen Königreiche Frieden herrschte, wie wenn die Heiden rings herum seit der letzten großen Niederlage vollständig eingeschüchtert worden seien, stand Arbogast nichts im Wege, eine Wallfahrt anzutreten, um seine Seele so schnell als möglich zu reinigen, und er kam in der That, wenn auch nicht ganz geheilt, so doch mit einem mehr beruhigten Gemüthe und einem gestärkten Willen nach Lissabon zu seinen Dienstpflichten zurück.
Da berief ihn der König eines Tages und sagte zu ihm: „Eine theure Verwandte von mir will eine Himmelsbraut werden und wird demnächst durch feierliche Anlegung der Ordenskleider in den Orden der Nonnen von Odoleyte aufgenommen werden. Meine Tochter Diafanta muß der heiligen Handlung beiwohnen, da ich es selbst nicht thun kann, weil kein Mann in die heiligen Räume zugelassen wird. Sammle zwanzig Deiner erlesensten Leute und geleite Dona Diafanta nach dem Katharinen-Kloster auf dem heiligen Berge von Odoleyte. Wähle in meinem Marstall die edelsten Rosse für Dich und Deine Leute und erscheine morgen in aller Frühe vor dem Palaste.“
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Zitationshilfe: | Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/49>, abgerufen am 16.07.2024. |