Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882."Habt Ihr gewisse Nachrichten erhalten?" fragte der Graf ziemlich ungestüm. "Hört weiter und urtheilt selbst," versetzte Dona Diafanta. "Vor wenigen Wochen kam ich in die Schloßcapelle, die ein berühmter Maler im Auftrage meines Vaters ausschmückt, um ein vollendetes Wandgemälde in Augenschein zu nehmen. Ich blieb dort in stiller Betrachtung sitzen, während der Maler auf dem hohen Gerüste arbeitete. Da fiel mein Blick auf ein Häuflein durcheinander geworfener Pergamentblätter, die nebst anderen Gegenständen auf dem Tische lagen. Es waren flüchtige Entwürfe, theils gezeichnet, theils in Farben, die der Künstler wahrscheinlich bei seinen künftigen Werken benutzen und vollkommen ausführen wollte. Ich fing sie, Blatt für Blatt, anzuschauen an. Als ich eine der letzten Abbildungen in die Hand nahm, hätte ich beinahe laut aufgeschrieen, - es war das Bild Arbogasts! Ich erkannte die Züge, das lang herniederwallende Haar, wie er es zu tragen pflegte! Dann wieder, da das Bild nur mit wenigen Strichen und Farben, offenbar in großer Eile, hingeworfen und da und dort verwischt war, glaubte ich mich zu „Habt Ihr gewisse Nachrichten erhalten?“ fragte der Graf ziemlich ungestüm. „Hört weiter und urtheilt selbst,“ versetzte Dona Diafanta. „Vor wenigen Wochen kam ich in die Schloßcapelle, die ein berühmter Maler im Auftrage meines Vaters ausschmückt, um ein vollendetes Wandgemälde in Augenschein zu nehmen. Ich blieb dort in stiller Betrachtung sitzen, während der Maler auf dem hohen Gerüste arbeitete. Da fiel mein Blick auf ein Häuflein durcheinander geworfener Pergamentblätter, die nebst anderen Gegenständen auf dem Tische lagen. Es waren flüchtige Entwürfe, theils gezeichnet, theils in Farben, die der Künstler wahrscheinlich bei seinen künftigen Werken benutzen und vollkommen ausführen wollte. Ich fing sie, Blatt für Blatt, anzuschauen an. Als ich eine der letzten Abbildungen in die Hand nahm, hätte ich beinahe laut aufgeschrieen, – es war das Bild Arbogasts! Ich erkannte die Züge, das lang herniederwallende Haar, wie er es zu tragen pflegte! Dann wieder, da das Bild nur mit wenigen Strichen und Farben, offenbar in großer Eile, hingeworfen und da und dort verwischt war, glaubte ich mich zu <TEI> <text> <body> <div n="2"> <pb facs="#f0098" n="90"/> <p>„Habt Ihr gewisse Nachrichten erhalten?“ fragte der Graf ziemlich ungestüm.</p> <p>„Hört weiter und urtheilt selbst,“ versetzte Dona Diafanta. „Vor wenigen Wochen kam ich in die Schloßcapelle, die ein berühmter Maler im Auftrage meines Vaters ausschmückt, um ein vollendetes Wandgemälde in Augenschein zu nehmen. Ich blieb dort in stiller Betrachtung sitzen, während der Maler auf dem hohen Gerüste arbeitete. Da fiel mein Blick auf ein Häuflein durcheinander geworfener Pergamentblätter, die nebst anderen Gegenständen auf dem Tische lagen. Es waren flüchtige Entwürfe, theils gezeichnet, theils in Farben, die der Künstler wahrscheinlich bei seinen künftigen Werken benutzen und vollkommen ausführen wollte. Ich fing sie, Blatt für Blatt, anzuschauen an. Als ich eine der letzten Abbildungen in die Hand nahm, hätte ich beinahe laut aufgeschrieen, – es war das Bild Arbogasts! Ich erkannte die Züge, das lang herniederwallende Haar, wie er es zu tragen pflegte! Dann wieder, da das Bild nur mit wenigen Strichen und Farben, offenbar in großer Eile, hingeworfen und da und dort verwischt war, glaubte ich mich zu </p> </div> </body> </text> </TEI> [90/0098]
„Habt Ihr gewisse Nachrichten erhalten?“ fragte der Graf ziemlich ungestüm.
„Hört weiter und urtheilt selbst,“ versetzte Dona Diafanta. „Vor wenigen Wochen kam ich in die Schloßcapelle, die ein berühmter Maler im Auftrage meines Vaters ausschmückt, um ein vollendetes Wandgemälde in Augenschein zu nehmen. Ich blieb dort in stiller Betrachtung sitzen, während der Maler auf dem hohen Gerüste arbeitete. Da fiel mein Blick auf ein Häuflein durcheinander geworfener Pergamentblätter, die nebst anderen Gegenständen auf dem Tische lagen. Es waren flüchtige Entwürfe, theils gezeichnet, theils in Farben, die der Künstler wahrscheinlich bei seinen künftigen Werken benutzen und vollkommen ausführen wollte. Ich fing sie, Blatt für Blatt, anzuschauen an. Als ich eine der letzten Abbildungen in die Hand nahm, hätte ich beinahe laut aufgeschrieen, – es war das Bild Arbogasts! Ich erkannte die Züge, das lang herniederwallende Haar, wie er es zu tragen pflegte! Dann wieder, da das Bild nur mit wenigen Strichen und Farben, offenbar in großer Eile, hingeworfen und da und dort verwischt war, glaubte ich mich zu
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