Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

nug seyn und bleiben sollte; wenn die bür-
gerliche Vereinigung unter keiner andern Be-
dingung zu erhalten, als wenn wir von dem
Gesetze abweichen, das wir für uns noch für
verbindlich halten; so thut es uns herzlich leid,
was wir zu erklären für nöthig erachten: so
müssen wir lieber auf bürgerliche Vereinigung
Verzicht thun; so mag der Menschenfreund
Dohm vergebens geschrieben haben, und alles
in dem leidlichen Zustande bleiben, in welchem
es itzt ist, oder in welchen es eure Menschen-
liebe zu versetzen, für gut findet. Es stehet
nicht bey uns, hierin nachzugeben; aber es
stehet bey uns, wenn wir rechtschaffen sind,
euch dennoch brüderlich zu lieben, und brüder-
lich zu flehen, unsere Lasten, so viel ihr kön-
net, erträglich zu machen. Betrachtet uns, wo
nicht als Brüder und Mitbürger, doch wenigstens
als Mitmenschen und Miteinwohner des Landes.
Zeiget uns Wege und gebet uns Mittel an die
Hand, wie wir bessere Menschen und bessere
Miteinwohner werden können, und lasset uns,
so viel es Zeit und Umstände erlauben, die
Rechte der Menschheit mit genießen. Von dem

Gesetze

nug ſeyn und bleiben ſollte; wenn die buͤr-
gerliche Vereinigung unter keiner andern Be-
dingung zu erhalten, als wenn wir von dem
Geſetze abweichen, das wir fuͤr uns noch fuͤr
verbindlich halten; ſo thut es uns herzlich leid,
was wir zu erklaͤren fuͤr noͤthig erachten: ſo
muͤſſen wir lieber auf buͤrgerliche Vereinigung
Verzicht thun; ſo mag der Menſchenfreund
Dohm vergebens geſchrieben haben, und alles
in dem leidlichen Zuſtande bleiben, in welchem
es itzt iſt, oder in welchen es eure Menſchen-
liebe zu verſetzen, fuͤr gut findet. Es ſtehet
nicht bey uns, hierin nachzugeben; aber es
ſtehet bey uns, wenn wir rechtſchaffen ſind,
euch dennoch bruͤderlich zu lieben, und bruͤder-
lich zu flehen, unſere Laſten, ſo viel ihr koͤn-
net, ertraͤglich zu machen. Betrachtet uns, wo
nicht als Bruͤder und Mitbuͤrger, doch wenigſtens
als Mitmenſchen und Miteinwohner des Landes.
Zeiget uns Wege und gebet uns Mittel an die
Hand, wie wir beſſere Menſchen und beſſere
Miteinwohner werden koͤnnen, und laſſet uns,
ſo viel es Zeit und Umſtaͤnde erlauben, die
Rechte der Menſchheit mit genießen. Von dem

Geſetze
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0234" n="132"/>
nug &#x017F;eyn und bleiben &#x017F;ollte; wenn die bu&#x0364;r-<lb/>
gerliche Vereinigung unter keiner andern Be-<lb/>
dingung zu erhalten, als wenn wir von dem<lb/>
Ge&#x017F;etze abweichen, das wir fu&#x0364;r uns noch fu&#x0364;r<lb/>
verbindlich halten; &#x017F;o thut es uns herzlich leid,<lb/>
was wir zu erkla&#x0364;ren fu&#x0364;r no&#x0364;thig erachten: &#x017F;o<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir lieber auf bu&#x0364;rgerliche Vereinigung<lb/>
Verzicht thun; &#x017F;o mag der Men&#x017F;chenfreund<lb/><hi rendition="#fr">Dohm</hi> vergebens ge&#x017F;chrieben haben, und alles<lb/>
in dem leidlichen Zu&#x017F;tande bleiben, in welchem<lb/>
es itzt i&#x017F;t, oder in welchen es eure Men&#x017F;chen-<lb/>
liebe zu ver&#x017F;etzen, fu&#x0364;r gut findet. Es &#x017F;tehet<lb/>
nicht bey uns, hierin nachzugeben; aber es<lb/>
&#x017F;tehet bey uns, wenn wir recht&#x017F;chaffen &#x017F;ind,<lb/>
euch dennoch bru&#x0364;derlich zu lieben, und bru&#x0364;der-<lb/>
lich zu flehen, un&#x017F;ere La&#x017F;ten, &#x017F;o viel ihr ko&#x0364;n-<lb/>
net, ertra&#x0364;glich zu machen. Betrachtet uns, wo<lb/>
nicht als Bru&#x0364;der und Mitbu&#x0364;rger, doch wenig&#x017F;tens<lb/>
als Mitmen&#x017F;chen und Miteinwohner des Landes.<lb/>
Zeiget uns Wege und gebet uns Mittel an die<lb/>
Hand, wie wir be&#x017F;&#x017F;ere Men&#x017F;chen und be&#x017F;&#x017F;ere<lb/>
Miteinwohner werden ko&#x0364;nnen, und la&#x017F;&#x017F;et uns,<lb/>
&#x017F;o viel es Zeit und Um&#x017F;ta&#x0364;nde erlauben, die<lb/>
Rechte der Men&#x017F;chheit mit genießen. Von dem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ge&#x017F;etze</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[132/0234] nug ſeyn und bleiben ſollte; wenn die buͤr- gerliche Vereinigung unter keiner andern Be- dingung zu erhalten, als wenn wir von dem Geſetze abweichen, das wir fuͤr uns noch fuͤr verbindlich halten; ſo thut es uns herzlich leid, was wir zu erklaͤren fuͤr noͤthig erachten: ſo muͤſſen wir lieber auf buͤrgerliche Vereinigung Verzicht thun; ſo mag der Menſchenfreund Dohm vergebens geſchrieben haben, und alles in dem leidlichen Zuſtande bleiben, in welchem es itzt iſt, oder in welchen es eure Menſchen- liebe zu verſetzen, fuͤr gut findet. Es ſtehet nicht bey uns, hierin nachzugeben; aber es ſtehet bey uns, wenn wir rechtſchaffen ſind, euch dennoch bruͤderlich zu lieben, und bruͤder- lich zu flehen, unſere Laſten, ſo viel ihr koͤn- net, ertraͤglich zu machen. Betrachtet uns, wo nicht als Bruͤder und Mitbuͤrger, doch wenigſtens als Mitmenſchen und Miteinwohner des Landes. Zeiget uns Wege und gebet uns Mittel an die Hand, wie wir beſſere Menſchen und beſſere Miteinwohner werden koͤnnen, und laſſet uns, ſo viel es Zeit und Umſtaͤnde erlauben, die Rechte der Menſchheit mit genießen. Von dem Geſetze

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/234
Zitationshilfe: Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/234>, abgerufen am 24.11.2024.