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Menger, Carl: Die Irrthümer des Historismus in der deutschen Nationalökonomie. Wien, 1884.

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zumal ihrer psychologischen Motivirung, ja sie vermag
uns, aus Gründen, deren ich an anderer Stelle in aus-
führlicher Weise gedacht habe, eine solche gar nicht
zu gewähren. *) Nur wer das Wesen der Geschichts-
schreibung völlig verkennt, vermag die Geschichte als
die ausschliessliche empirische Grundlage der theoreti-
schen Nationalökonomie zu bezeichnen.

Noch viel weniger kann die Geschichte als die
ausschliessliche empirische Grundlage der prakti-
schen Wissenschaften von der Volks-
wirthschaft
bezeichnet werden; es ist vielmehr
von selbst einleuchtend, dass eine auch noch so gründ-
liche Kenntniss der Vergangenheit der Völker an und
für sich uns nicht zu befähigen vermöchte, die Grund-
sätze zum zweckmässigen Eingreifen in die Volks-
wirthschaft, zum zweckmässigen Handeln auf dem Ge-
biete dieser letztern festzustellen. Das wirthschaftliche
Leben der Völker fördert unablässig neue Aufgaben
der Volkswirthschaftspflege und der Finanzverwaltung
zu Tage, deren Lösung doch nicht ausschliesslich auf
Grundlage des Studiums der Vergangenheit, sondern
lediglich auf der Grundlage einer weit über blos histo-
risches und statistisches Wissen hinausreichenden Er-
kenntniss der jeweiligen Exigenzen des Staatslebens,
der wechselnden Auffassung von den Aufgaben staat-
licher Thätigkeit, des Standes der technischen Wissen-

sind. Wie vermöchte sie die Erkenntniss des Wesens dieser
Erscheinungen und ihres Zusammenhanges mit den Phänomenen
der "Volkswirthschaft" ausschliesslich aus der Geschichte zu
schöpfen? Die Meinung, die Geschichte sei die ausschliessliche
empirische Grundlage der Socialwissenschaften, ist eine in die
Augen fallende Einseitigkeit. (Vgl. S. 121 ff. meiner Unter-
suchungen.)
*) Ebend. S. 122.

zumal ihrer psychologischen Motivirung, ja sie vermag
uns, aus Gründen, deren ich an anderer Stelle in aus-
führlicher Weise gedacht habe, eine solche gar nicht
zu gewähren. *) Nur wer das Wesen der Geschichts-
schreibung völlig verkennt, vermag die Geschichte als
die ausschliessliche empirische Grundlage der theoreti-
schen Nationalökonomie zu bezeichnen.

Noch viel weniger kann die Geschichte als die
ausschliessliche empirische Grundlage der prakti-
schen Wissenschaften von der Volks-
wirthschaft
bezeichnet werden; es ist vielmehr
von selbst einleuchtend, dass eine auch noch so gründ-
liche Kenntniss der Vergangenheit der Völker an und
für sich uns nicht zu befähigen vermöchte, die Grund-
sätze zum zweckmässigen Eingreifen in die Volks-
wirthschaft, zum zweckmässigen Handeln auf dem Ge-
biete dieser letztern festzustellen. Das wirthschaftliche
Leben der Völker fördert unablässig neue Aufgaben
der Volkswirthschaftspflege und der Finanzverwaltung
zu Tage, deren Lösung doch nicht ausschliesslich auf
Grundlage des Studiums der Vergangenheit, sondern
lediglich auf der Grundlage einer weit über blos histo-
risches und statistisches Wissen hinausreichenden Er-
kenntniss der jeweiligen Exigenzen des Staatslebens,
der wechselnden Auffassung von den Aufgaben staat-
licher Thätigkeit, des Standes der technischen Wissen-

sind. Wie vermöchte sie die Erkenntniss des Wesens dieser
Erscheinungen und ihres Zusammenhanges mit den Phänomenen
der „Volkswirthschaft“ ausschliesslich aus der Geschichte zu
schöpfen? Die Meinung, die Geschichte sei die ausschliessliche
empirische Grundlage der Socialwissenschaften, ist eine in die
Augen fallende Einseitigkeit. (Vgl. S. 121 ff. meiner Unter-
suchungen.)
*) Ebend. S. 122.
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[44/0060] zumal ihrer psychologischen Motivirung, ja sie vermag uns, aus Gründen, deren ich an anderer Stelle in aus- führlicher Weise gedacht habe, eine solche gar nicht zu gewähren. *) Nur wer das Wesen der Geschichts- schreibung völlig verkennt, vermag die Geschichte als die ausschliessliche empirische Grundlage der theoreti- schen Nationalökonomie zu bezeichnen. Noch viel weniger kann die Geschichte als die ausschliessliche empirische Grundlage der prakti- schen Wissenschaften von der Volks- wirthschaft bezeichnet werden; es ist vielmehr von selbst einleuchtend, dass eine auch noch so gründ- liche Kenntniss der Vergangenheit der Völker an und für sich uns nicht zu befähigen vermöchte, die Grund- sätze zum zweckmässigen Eingreifen in die Volks- wirthschaft, zum zweckmässigen Handeln auf dem Ge- biete dieser letztern festzustellen. Das wirthschaftliche Leben der Völker fördert unablässig neue Aufgaben der Volkswirthschaftspflege und der Finanzverwaltung zu Tage, deren Lösung doch nicht ausschliesslich auf Grundlage des Studiums der Vergangenheit, sondern lediglich auf der Grundlage einer weit über blos histo- risches und statistisches Wissen hinausreichenden Er- kenntniss der jeweiligen Exigenzen des Staatslebens, der wechselnden Auffassung von den Aufgaben staat- licher Thätigkeit, des Standes der technischen Wissen- **) *) Ebend. S. 122. **) sind. Wie vermöchte sie die Erkenntniss des Wesens dieser Erscheinungen und ihres Zusammenhanges mit den Phänomenen der „Volkswirthschaft“ ausschliesslich aus der Geschichte zu schöpfen? Die Meinung, die Geschichte sei die ausschliessliche empirische Grundlage der Socialwissenschaften, ist eine in die Augen fallende Einseitigkeit. (Vgl. S. 121 ff. meiner Unter- suchungen.)

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Die Irrthümer des Historismus in der deutschen Nationalökonomie. Wien, 1884, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_historismus_1884/60>, abgerufen am 24.11.2024.