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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Ob und unter welchen Bedingungen ein Ding mir
nützlich, ob und unter welchen Bedingungen es ein
Gut, ob und unter welchen Bedingungen es ein wirth-
schaftliches Gut
ist, ob und unter welchen Bedin-
gungen dasselbe Werth für mich hat, und wie gross das
Mass dieses Werthes für mich ist, ob und unter welchen
Bedingungen ein ökonomischer Austausch von Gütern
zwischen zwei wirthschaftenden Subjecten statthaben, und
die Grenzen, innerhalb welcher die Preisbildung hiebei
erfolgen kann u. s. f., all' dies ist von meinem Willen
ebenso unabhängig, wie ein Gesetz der Chemie von dem
Willen des practischen Chemikers. Die obige Ansicht
beruht demnach auf einem leicht ersichtlichen Irrthume
über das eigentliche Gebiet unserer Wissenschaft. Die
theoretische Volkswirthschaftslehre beschäftigt sich nicht
mit praktischen Vorschlägen für das wirthschaftliche
Handeln, sondern mit den Bedingungen, unter
welchen die Menschen die auf die Befriedigung ihrer
Bedürfnisse gerichtete vorsorgliche Thätigkeit entfalten.

Die theoretische Volkswirthschaftslehre verhält sich
zu der practischen Thätigkeit der wirthschaftenden
Menschen somit nicht anders, als etwa die Chemie zur
Thätigkeit des practischen Chemikers, und der Hinweis auf
die Freiheit des menschlichen Willens kann wohl als
ein Einwand gegen die volle Gesetzmässigkeit der wirth-
schaftlichen Handlungen, niemals aber als ein solcher
gegen die Gesetzmässigkeit der von dem menschlichen
Willen gänzlich unabhängigen Erscheinungen gelten,
welche den Erfolg der wirthschaftlichen Thätigkeit der
Menschen bedingen. Es sind aber eben diese Letzteren
der Gegenstand unserer Wissenschaft.

Eine besondere Aufmerksamkeit haben wir der
Erforschung des ursächlichen Zusammenhanges zwischen

Ob und unter welchen Bedingungen ein Ding mir
nützlich, ob und unter welchen Bedingungen es ein
Gut, ob und unter welchen Bedingungen es ein wirth-
schaftliches Gut
ist, ob und unter welchen Bedin-
gungen dasselbe Werth für mich hat, und wie gross das
Mass dieses Werthes für mich ist, ob und unter welchen
Bedingungen ein ökonomischer Austausch von Gütern
zwischen zwei wirthschaftenden Subjecten statthaben, und
die Grenzen, innerhalb welcher die Preisbildung hiebei
erfolgen kann u. s. f., all’ dies ist von meinem Willen
ebenso unabhängig, wie ein Gesetz der Chemie von dem
Willen des practischen Chemikers. Die obige Ansicht
beruht demnach auf einem leicht ersichtlichen Irrthume
über das eigentliche Gebiet unserer Wissenschaft. Die
theoretische Volkswirthschaftslehre beschäftigt sich nicht
mit praktischen Vorschlägen für das wirthschaftliche
Handeln, sondern mit den Bedingungen, unter
welchen die Menschen die auf die Befriedigung ihrer
Bedürfnisse gerichtete vorsorgliche Thätigkeit entfalten.

Die theoretische Volkswirthschaftslehre verhält sich
zu der practischen Thätigkeit der wirthschaftenden
Menschen somit nicht anders, als etwa die Chemie zur
Thätigkeit des practischen Chemikers, und der Hinweis auf
die Freiheit des menschlichen Willens kann wohl als
ein Einwand gegen die volle Gesetzmässigkeit der wirth-
schaftlichen Handlungen, niemals aber als ein solcher
gegen die Gesetzmässigkeit der von dem menschlichen
Willen gänzlich unabhängigen Erscheinungen gelten,
welche den Erfolg der wirthschaftlichen Thätigkeit der
Menschen bedingen. Es sind aber eben diese Letzteren
der Gegenstand unserer Wissenschaft.

Eine besondere Aufmerksamkeit haben wir der
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[IX/0015] Ob und unter welchen Bedingungen ein Ding mir nützlich, ob und unter welchen Bedingungen es ein Gut, ob und unter welchen Bedingungen es ein wirth- schaftliches Gut ist, ob und unter welchen Bedin- gungen dasselbe Werth für mich hat, und wie gross das Mass dieses Werthes für mich ist, ob und unter welchen Bedingungen ein ökonomischer Austausch von Gütern zwischen zwei wirthschaftenden Subjecten statthaben, und die Grenzen, innerhalb welcher die Preisbildung hiebei erfolgen kann u. s. f., all’ dies ist von meinem Willen ebenso unabhängig, wie ein Gesetz der Chemie von dem Willen des practischen Chemikers. Die obige Ansicht beruht demnach auf einem leicht ersichtlichen Irrthume über das eigentliche Gebiet unserer Wissenschaft. Die theoretische Volkswirthschaftslehre beschäftigt sich nicht mit praktischen Vorschlägen für das wirthschaftliche Handeln, sondern mit den Bedingungen, unter welchen die Menschen die auf die Befriedigung ihrer Bedürfnisse gerichtete vorsorgliche Thätigkeit entfalten. Die theoretische Volkswirthschaftslehre verhält sich zu der practischen Thätigkeit der wirthschaftenden Menschen somit nicht anders, als etwa die Chemie zur Thätigkeit des practischen Chemikers, und der Hinweis auf die Freiheit des menschlichen Willens kann wohl als ein Einwand gegen die volle Gesetzmässigkeit der wirth- schaftlichen Handlungen, niemals aber als ein solcher gegen die Gesetzmässigkeit der von dem menschlichen Willen gänzlich unabhängigen Erscheinungen gelten, welche den Erfolg der wirthschaftlichen Thätigkeit der Menschen bedingen. Es sind aber eben diese Letzteren der Gegenstand unserer Wissenschaft. Eine besondere Aufmerksamkeit haben wir der Erforschung des ursächlichen Zusammenhanges zwischen

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. IX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/15>, abgerufen am 03.12.2024.