Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

Ueber die Ursachen der fortschreitenden Wohlfahrt.
ihre Gewalt nehmen, das ist zu Gütern höherer Ordnung ge-
stalten, so erfolgt die Entstehung der Genussmittel zwar vor
wie nach auf Grundlage des Causal-Gesetzes, aber ihr Entstehen
ist den Wünschen und Bedürfnissen der Menschen gegenüber
nicht mehr etwas Zufälliges, sondern ein Process, der in der Ge-
walt der Menschen ist und sich innerhalb der durch die Natur-
gesetze gezogenen Schranken nach menschlichen Zwecken regelt.
Die Genussmittel, welche früher das Product eines zufälligen
Zusammentreffens der Bedingungen ihrer Entstehung waren, sind,
sobald die Menschen diese letztern erkannt und in ihre Gewalt
genommen haben, innerhalb der durch die Naturgesetze gezoge-
nen Grenzen ein Product ihres Willens, und die den Menschen
verfügbaren Quantitäten derselben finden ihre Grenze nur in
den Grenzen ihrer Einsicht in dem ursächlichen Zusammen-
hang der Dinge und in dem Umfang ihrer Macht über diese
letztern. Die fortschreitende Erkenntniss des ursächlichen Zu-
sammenhanges der Dinge mit ihrer Wohlfahrt und die fort-
schreitende Bemächtigung der entfernteren Bedingungen derselben
haben demnach die Menschen aus dem Zustande der Rohheit und
des tiefsten Elendes emporgeführt zu der gegenwärtigen Stufe ihrer
Cultur und Wohlfahrt, haben weite, von wenigen, mühselig und
doch in äusserster Armuth lebenden Menschen bewohnte Land-
striche in dicht bevölkerte Culturländer umgewandelt und es
ist nichts sicherer, als dass auch der wirthschaftliche Fortschritt
der Menschen in kommenden Zeitepochen sein Mass in den
obigen Fortschritten finden wird.

§. 6.
Der Güterbesitz.

Die Bedürfnisse der Menschen sind mannigfach und das
Leben und die Wohlfahrt derselben ist nicht gesichert, wenn
ihrer Verfügung lediglich die Mittel zur Befriedigung irgend
eines ihrer Bedürfnisse, wenn auch in noch so reichlichem Masse
unterworfen sind. Die Art und Weise, in welcher die Menschen
ihre Bedürfnisse befriedigen, kann demnach in Bezug auf Voll-
ständigkeit im Grossen und Ganzen eine nahezu unbegrenzte Ver-
schiedenheit aufweisen; eine gewisse Harmonie in der Be-

Ueber die Ursachen der fortschreitenden Wohlfahrt.
ihre Gewalt nehmen, das ist zu Gütern höherer Ordnung ge-
stalten, so erfolgt die Entstehung der Genussmittel zwar vor
wie nach auf Grundlage des Causal-Gesetzes, aber ihr Entstehen
ist den Wünschen und Bedürfnissen der Menschen gegenüber
nicht mehr etwas Zufälliges, sondern ein Process, der in der Ge-
walt der Menschen ist und sich innerhalb der durch die Natur-
gesetze gezogenen Schranken nach menschlichen Zwecken regelt.
Die Genussmittel, welche früher das Product eines zufälligen
Zusammentreffens der Bedingungen ihrer Entstehung waren, sind,
sobald die Menschen diese letztern erkannt und in ihre Gewalt
genommen haben, innerhalb der durch die Naturgesetze gezoge-
nen Grenzen ein Product ihres Willens, und die den Menschen
verfügbaren Quantitäten derselben finden ihre Grenze nur in
den Grenzen ihrer Einsicht in dem ursächlichen Zusammen-
hang der Dinge und in dem Umfang ihrer Macht über diese
letztern. Die fortschreitende Erkenntniss des ursächlichen Zu-
sammenhanges der Dinge mit ihrer Wohlfahrt und die fort-
schreitende Bemächtigung der entfernteren Bedingungen derselben
haben demnach die Menschen aus dem Zustande der Rohheit und
des tiefsten Elendes emporgeführt zu der gegenwärtigen Stufe ihrer
Cultur und Wohlfahrt, haben weite, von wenigen, mühselig und
doch in äusserster Armuth lebenden Menschen bewohnte Land-
striche in dicht bevölkerte Culturländer umgewandelt und es
ist nichts sicherer, als dass auch der wirthschaftliche Fortschritt
der Menschen in kommenden Zeitepochen sein Mass in den
obigen Fortschritten finden wird.

§. 6.
Der Güterbesitz.

Die Bedürfnisse der Menschen sind mannigfach und das
Leben und die Wohlfahrt derselben ist nicht gesichert, wenn
ihrer Verfügung lediglich die Mittel zur Befriedigung irgend
eines ihrer Bedürfnisse, wenn auch in noch so reichlichem Masse
unterworfen sind. Die Art und Weise, in welcher die Menschen
ihre Bedürfnisse befriedigen, kann demnach in Bezug auf Voll-
ständigkeit im Grossen und Ganzen eine nahezu unbegrenzte Ver-
schiedenheit aufweisen; eine gewisse Harmonie in der Be-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0047" n="29"/><fw place="top" type="header">Ueber die Ursachen der fortschreitenden Wohlfahrt.</fw><lb/>
ihre Gewalt nehmen, das ist zu Gütern höherer Ordnung ge-<lb/>
stalten, so erfolgt die Entstehung der Genussmittel zwar vor<lb/>
wie nach auf Grundlage des Causal-Gesetzes, aber ihr Entstehen<lb/>
ist den Wünschen und Bedürfnissen der Menschen gegenüber<lb/>
nicht mehr etwas Zufälliges, sondern ein Process, der in der Ge-<lb/>
walt der Menschen ist und sich innerhalb der durch die Natur-<lb/>
gesetze gezogenen Schranken nach menschlichen Zwecken regelt.<lb/>
Die Genussmittel, welche früher das Product eines zufälligen<lb/>
Zusammentreffens der Bedingungen ihrer Entstehung waren, sind,<lb/>
sobald die Menschen diese letztern erkannt und in ihre Gewalt<lb/>
genommen haben, innerhalb der durch die Naturgesetze gezoge-<lb/>
nen Grenzen ein Product ihres Willens, und die den Menschen<lb/>
verfügbaren Quantitäten derselben finden ihre Grenze nur in<lb/>
den Grenzen ihrer Einsicht in dem ursächlichen Zusammen-<lb/>
hang der Dinge und in dem Umfang ihrer Macht über diese<lb/>
letztern. Die fortschreitende Erkenntniss des ursächlichen Zu-<lb/>
sammenhanges der Dinge mit ihrer Wohlfahrt und die fort-<lb/>
schreitende Bemächtigung der entfernteren Bedingungen derselben<lb/>
haben demnach die Menschen aus dem Zustande der Rohheit und<lb/>
des tiefsten Elendes emporgeführt zu der gegenwärtigen Stufe ihrer<lb/>
Cultur und Wohlfahrt, haben weite, von wenigen, mühselig und<lb/>
doch in äusserster Armuth lebenden Menschen bewohnte Land-<lb/>
striche in dicht bevölkerte Culturländer umgewandelt und es<lb/>
ist nichts sicherer, als dass auch der wirthschaftliche Fortschritt<lb/>
der Menschen in kommenden Zeitepochen sein Mass in den<lb/>
obigen Fortschritten finden wird.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 6.<lb/>
Der Güterbesitz.</head><lb/>
          <p>Die Bedürfnisse der Menschen sind mannigfach und das<lb/>
Leben und die Wohlfahrt derselben ist nicht gesichert, wenn<lb/>
ihrer Verfügung lediglich die Mittel zur Befriedigung irgend<lb/>
eines ihrer Bedürfnisse, wenn auch in noch so reichlichem Masse<lb/>
unterworfen sind. Die Art und Weise, in welcher die Menschen<lb/>
ihre Bedürfnisse befriedigen, kann demnach in Bezug auf Voll-<lb/>
ständigkeit im Grossen und Ganzen eine nahezu unbegrenzte Ver-<lb/>
schiedenheit aufweisen; eine gewisse Harmonie in der Be-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0047] Ueber die Ursachen der fortschreitenden Wohlfahrt. ihre Gewalt nehmen, das ist zu Gütern höherer Ordnung ge- stalten, so erfolgt die Entstehung der Genussmittel zwar vor wie nach auf Grundlage des Causal-Gesetzes, aber ihr Entstehen ist den Wünschen und Bedürfnissen der Menschen gegenüber nicht mehr etwas Zufälliges, sondern ein Process, der in der Ge- walt der Menschen ist und sich innerhalb der durch die Natur- gesetze gezogenen Schranken nach menschlichen Zwecken regelt. Die Genussmittel, welche früher das Product eines zufälligen Zusammentreffens der Bedingungen ihrer Entstehung waren, sind, sobald die Menschen diese letztern erkannt und in ihre Gewalt genommen haben, innerhalb der durch die Naturgesetze gezoge- nen Grenzen ein Product ihres Willens, und die den Menschen verfügbaren Quantitäten derselben finden ihre Grenze nur in den Grenzen ihrer Einsicht in dem ursächlichen Zusammen- hang der Dinge und in dem Umfang ihrer Macht über diese letztern. Die fortschreitende Erkenntniss des ursächlichen Zu- sammenhanges der Dinge mit ihrer Wohlfahrt und die fort- schreitende Bemächtigung der entfernteren Bedingungen derselben haben demnach die Menschen aus dem Zustande der Rohheit und des tiefsten Elendes emporgeführt zu der gegenwärtigen Stufe ihrer Cultur und Wohlfahrt, haben weite, von wenigen, mühselig und doch in äusserster Armuth lebenden Menschen bewohnte Land- striche in dicht bevölkerte Culturländer umgewandelt und es ist nichts sicherer, als dass auch der wirthschaftliche Fortschritt der Menschen in kommenden Zeitepochen sein Mass in den obigen Fortschritten finden wird. §. 6. Der Güterbesitz. Die Bedürfnisse der Menschen sind mannigfach und das Leben und die Wohlfahrt derselben ist nicht gesichert, wenn ihrer Verfügung lediglich die Mittel zur Befriedigung irgend eines ihrer Bedürfnisse, wenn auch in noch so reichlichem Masse unterworfen sind. Die Art und Weise, in welcher die Menschen ihre Bedürfnisse befriedigen, kann demnach in Bezug auf Voll- ständigkeit im Grossen und Ganzen eine nahezu unbegrenzte Ver- schiedenheit aufweisen; eine gewisse Harmonie in der Be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/47
Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/47>, abgerufen am 23.11.2024.