Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.thum, dort das Episcopat, dort das Presbyterium, Was über die politischen Verhältnisse der Kir¬ Bei allem, was man für oder wider den Ka¬ Deutsche Literatur. I. 5
thum, dort das Episcopat, dort das Presbyterium, Was uͤber die politiſchen Verhaͤltniſſe der Kir¬ Bei allem, was man fuͤr oder wider den Ka¬ Deutſche Literatur. I. 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0107" n="97"/> thum, dort das Episcopat, dort das Presbyterium,<lb/> dort die pietiſtiſche Glaubensdemokratie mit ſchwa¬<lb/> chen Kraͤften Raum zu gewinnen ſucht, wie auch noch,<lb/> wo eine Religionspartei uͤberwiegt, die Ausſchlie߬<lb/> lichkeit ſich zu erhalten trachtet, ſie werden alle nie¬<lb/> dergehalten durch die weltliche Macht und durch eine<lb/> allgemeine europaͤiſche Politik, fuͤr welche die kirchli¬<lb/> chen Intereſſen nicht mehr Zwecke ſind, ſondern nur<lb/> Mittel.</p><lb/> <p>Was uͤber die politiſchen Verhaͤltniſſe der Kir¬<lb/> chen hin und her geſtritten wird, traͤgt den Charakter<lb/> der Schwaͤche. Man verfaͤhrt von allen Seiten ſaͤu¬<lb/> berlich und der Widerſtand der Hierarchie iſt ſo ſel¬<lb/> ten oder ſo ſanft, als die Gewaltſtreiche der Politik<lb/> es ſind. Man will vor allen Dingen Frieden; es<lb/> ſcheint, man befinde ſich in der Nacht und wolle den<lb/> Morgen abwarten, um ſich ins Geſicht ſehn zu koͤn¬<lb/> nen. Die Herrſchaft der Politik uͤber die Kirche be¬<lb/> dient ſich hauptſaͤchlich nur der ſtillen Gewalt des<lb/> Zeitgeiſtes, um ſich ohne Skandal zu befeſtigen. Da<lb/> der Zeitgeiſt fuͤr ſie iſt, ſo iſt ſie auch unabwendbar,<lb/> welches auch ihr Recht ſeyn moͤchte; waͤre der Zeit¬<lb/> geiſt gegen ſie, wie im Mittelalter, ſo wuͤrde ſie<lb/> eben ſo unterliegen.</p><lb/> <p>Bei allem, was man fuͤr oder wider den <hi rendition="#g">Ka¬<lb/> tholicismus</hi> ſagt, kommt es vorzuͤglich darauf an,<lb/> wie man ſich das Weſen deſſelben eigentlich denkt.<lb/> Die meiſten ſehn darin einen todten Buchſtaben, nur<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Deutſche Literatur. <hi rendition="#aq">I</hi>. 5<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [97/0107]
thum, dort das Episcopat, dort das Presbyterium,
dort die pietiſtiſche Glaubensdemokratie mit ſchwa¬
chen Kraͤften Raum zu gewinnen ſucht, wie auch noch,
wo eine Religionspartei uͤberwiegt, die Ausſchlie߬
lichkeit ſich zu erhalten trachtet, ſie werden alle nie¬
dergehalten durch die weltliche Macht und durch eine
allgemeine europaͤiſche Politik, fuͤr welche die kirchli¬
chen Intereſſen nicht mehr Zwecke ſind, ſondern nur
Mittel.
Was uͤber die politiſchen Verhaͤltniſſe der Kir¬
chen hin und her geſtritten wird, traͤgt den Charakter
der Schwaͤche. Man verfaͤhrt von allen Seiten ſaͤu¬
berlich und der Widerſtand der Hierarchie iſt ſo ſel¬
ten oder ſo ſanft, als die Gewaltſtreiche der Politik
es ſind. Man will vor allen Dingen Frieden; es
ſcheint, man befinde ſich in der Nacht und wolle den
Morgen abwarten, um ſich ins Geſicht ſehn zu koͤn¬
nen. Die Herrſchaft der Politik uͤber die Kirche be¬
dient ſich hauptſaͤchlich nur der ſtillen Gewalt des
Zeitgeiſtes, um ſich ohne Skandal zu befeſtigen. Da
der Zeitgeiſt fuͤr ſie iſt, ſo iſt ſie auch unabwendbar,
welches auch ihr Recht ſeyn moͤchte; waͤre der Zeit¬
geiſt gegen ſie, wie im Mittelalter, ſo wuͤrde ſie
eben ſo unterliegen.
Bei allem, was man fuͤr oder wider den Ka¬
tholicismus ſagt, kommt es vorzuͤglich darauf an,
wie man ſich das Weſen deſſelben eigentlich denkt.
Die meiſten ſehn darin einen todten Buchſtaben, nur
Deutſche Literatur. I. 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |