Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.den. Hieraus hat sich ein doppeltes Verhältniß ent¬ Die protestantische Theologie bedarf eines rei¬ den. Hieraus hat ſich ein doppeltes Verhaͤltniß ent¬ Die proteſtantiſche Theologie bedarf eines rei¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0128" n="118"/> den. Hieraus hat ſich ein doppeltes Verhaͤltniß ent¬<lb/> wickelt, das der religioͤſen Diplomatik, welche die<lb/> gegebenen Urkunden interpretirt, und das einer ge¬<lb/> ſchloſſenen Prieſterſchaft, welche die Urkunden und<lb/> das Schema fuͤr deren Interpretation bewacht.</p><lb/> <p>Die proteſtantiſche Theologie bedarf eines rei¬<lb/> chen diplomatiſchen, philologiſchen, antiquariſchen und<lb/> hiſtoriſchen Apparats. Darum werden die Lehrlinge<lb/> derſelben weniger aus Leben und an das eigne Herz<lb/> gewieſen, als an die Buͤcher, und das Studium<lb/> nimmt ſie von fruͤher Jugend auf in Anſpruch. Die<lb/> Lichtſeite dieſer philologiſchen Theologie bewaͤhrt ſich<lb/> in vielen glaͤnzenden Erſcheinungen. An das Stu¬<lb/> dium der alten Sprachen, zum Dienſt der Exegeſe,<lb/> knuͤpft ſich das Studium des ganzen Alterthums, und<lb/> indem wir die Bildung der Griechen und Roͤmer uns<lb/> aneignen und nach dem vergroͤßerten Maaß unſrer Mit¬<lb/> tel weiter entwickeln, entſteht eine unermeßliche Kette<lb/> von Wirkungen, woran alles geknuͤpft iſt, was die<lb/> neue Literatur auszeichnet. Aber auch die Exegeſe<lb/> ſelbſt und die reiche Commentation der in der heili¬<lb/> gen Schrift enthaltenen Lehren bedingen eine ſolche<lb/> Verfeinerung des Scharfſinns und eine ſolche Ver¬<lb/> vielfaͤltigung und Durcharbeitung von Begriffen, daß<lb/> allein von dieſer Seite fuͤr den menſchlichen Geiſt<lb/> ausnehmend viel gewonnen wird. Beſonders wird,<lb/> ſeit man vom Myſtiſchen nichts mehr wiſſen will, ſeit<lb/> man das Sinnliche verdammt und die Gefuͤhle nur<lb/> wie Nebel betrachtet, die man durch die Sonne des<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [118/0128]
den. Hieraus hat ſich ein doppeltes Verhaͤltniß ent¬
wickelt, das der religioͤſen Diplomatik, welche die
gegebenen Urkunden interpretirt, und das einer ge¬
ſchloſſenen Prieſterſchaft, welche die Urkunden und
das Schema fuͤr deren Interpretation bewacht.
Die proteſtantiſche Theologie bedarf eines rei¬
chen diplomatiſchen, philologiſchen, antiquariſchen und
hiſtoriſchen Apparats. Darum werden die Lehrlinge
derſelben weniger aus Leben und an das eigne Herz
gewieſen, als an die Buͤcher, und das Studium
nimmt ſie von fruͤher Jugend auf in Anſpruch. Die
Lichtſeite dieſer philologiſchen Theologie bewaͤhrt ſich
in vielen glaͤnzenden Erſcheinungen. An das Stu¬
dium der alten Sprachen, zum Dienſt der Exegeſe,
knuͤpft ſich das Studium des ganzen Alterthums, und
indem wir die Bildung der Griechen und Roͤmer uns
aneignen und nach dem vergroͤßerten Maaß unſrer Mit¬
tel weiter entwickeln, entſteht eine unermeßliche Kette
von Wirkungen, woran alles geknuͤpft iſt, was die
neue Literatur auszeichnet. Aber auch die Exegeſe
ſelbſt und die reiche Commentation der in der heili¬
gen Schrift enthaltenen Lehren bedingen eine ſolche
Verfeinerung des Scharfſinns und eine ſolche Ver¬
vielfaͤltigung und Durcharbeitung von Begriffen, daß
allein von dieſer Seite fuͤr den menſchlichen Geiſt
ausnehmend viel gewonnen wird. Beſonders wird,
ſeit man vom Myſtiſchen nichts mehr wiſſen will, ſeit
man das Sinnliche verdammt und die Gefuͤhle nur
wie Nebel betrachtet, die man durch die Sonne des
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