den getrennten protestantischen Confessionen, theils die Herstellung der bischöflichen Kirche, theils die Einführung einer neuen Liturgie, sämmtlich Mittel für eine festere äußere Consistirung des Protestantismus, durch welche wieder die innere Seele desselben er¬ frischt und belebt werden soll, wie auch in physischen Krankheiten durch äußere mechanische Stärkungen innere Erschlaffung gehoben wird. Man will die Muskeln des corpus Evangelicorum stärken, und hofft dadurch, auch die überreizten und dadurch abgestumpf¬ ten Nerven wieder in eine gesunde Verfassung zu setzen.
So fern diese Neuerungen aus wahrhaft from¬ mer Überzeugung und religiösem Eifer hervorgegan¬ gen sind, sofern sie dem schädlichsten aller Religions¬ übel, der religiösen Gleichgültigkeit, sey es auch auf was immer für eine blos äußere mechanische Weise, entgegen arbeiten, müssen sie ihrem Ursprung, ihrer Absicht nach geschätzt werden; und daher schreiben sich auch die zahllosen lobenden und preisenden Flug¬ schriften und Predigten zu Gunsten derselben. Die Literatur der letzten Jahre hat uns aber auch eine große Menge Schriften gegen diese Neuerungen dar¬ geboten, und diese Gegner haben nicht Unrecht, so¬ fern sie das Unnütze oder gar Schändliche der Mit¬ tel rügen, wodurch diese Neuerungen eingeführt wer¬ den sollen. Abgesehn davon, was Parteigeist, zum Theil persönliches Interesse, gegen die Neuerungen
den getrennten proteſtantiſchen Confeſſionen, theils die Herſtellung der biſchoͤflichen Kirche, theils die Einfuͤhrung einer neuen Liturgie, ſaͤmmtlich Mittel fuͤr eine feſtere aͤußere Conſiſtirung des Proteſtantismus, durch welche wieder die innere Seele deſſelben er¬ friſcht und belebt werden ſoll, wie auch in phyſiſchen Krankheiten durch aͤußere mechaniſche Staͤrkungen innere Erſchlaffung gehoben wird. Man will die Muskeln des corpus Evangelicorum ſtaͤrken, und hofft dadurch, auch die uͤberreizten und dadurch abgeſtumpf¬ ten Nerven wieder in eine geſunde Verfaſſung zu ſetzen.
So fern dieſe Neuerungen aus wahrhaft from¬ mer Überzeugung und religioͤſem Eifer hervorgegan¬ gen ſind, ſofern ſie dem ſchaͤdlichſten aller Religions¬ uͤbel, der religioͤſen Gleichguͤltigkeit, ſey es auch auf was immer fuͤr eine blos aͤußere mechaniſche Weiſe, entgegen arbeiten, muͤſſen ſie ihrem Urſprung, ihrer Abſicht nach geſchaͤtzt werden; und daher ſchreiben ſich auch die zahlloſen lobenden und preiſenden Flug¬ ſchriften und Predigten zu Gunſten derſelben. Die Literatur der letzten Jahre hat uns aber auch eine große Menge Schriften gegen dieſe Neuerungen dar¬ geboten, und dieſe Gegner haben nicht Unrecht, ſo¬ fern ſie das Unnuͤtze oder gar Schaͤndliche der Mit¬ tel ruͤgen, wodurch dieſe Neuerungen eingefuͤhrt wer¬ den ſollen. Abgeſehn davon, was Parteigeiſt, zum Theil perſoͤnliches Intereſſe, gegen die Neuerungen
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den getrennten proteſtantiſchen Confeſſionen, theils
die Herſtellung der biſchoͤflichen Kirche, theils die
Einfuͤhrung einer neuen Liturgie, ſaͤmmtlich Mittel fuͤr
eine feſtere aͤußere Conſiſtirung des Proteſtantismus,
durch welche wieder die innere Seele deſſelben er¬
friſcht und belebt werden ſoll, wie auch in phyſiſchen
Krankheiten durch aͤußere mechaniſche Staͤrkungen
innere Erſchlaffung gehoben wird. Man will die
Muskeln des corpus Evangelicorum ſtaͤrken, und hofft
dadurch, auch die uͤberreizten und dadurch abgeſtumpf¬
ten Nerven wieder in eine geſunde Verfaſſung zu
ſetzen.
So fern dieſe Neuerungen aus wahrhaft from¬
mer Überzeugung und religioͤſem Eifer hervorgegan¬
gen ſind, ſofern ſie dem ſchaͤdlichſten aller Religions¬
uͤbel, der religioͤſen Gleichguͤltigkeit, ſey es auch auf
was immer fuͤr eine blos aͤußere mechaniſche Weiſe,
entgegen arbeiten, muͤſſen ſie ihrem Urſprung, ihrer
Abſicht nach geſchaͤtzt werden; und daher ſchreiben
ſich auch die zahlloſen lobenden und preiſenden Flug¬
ſchriften und Predigten zu Gunſten derſelben. Die
Literatur der letzten Jahre hat uns aber auch eine
große Menge Schriften gegen dieſe Neuerungen dar¬
geboten, und dieſe Gegner haben nicht Unrecht, ſo¬
fern ſie das Unnuͤtze oder gar Schaͤndliche der Mit¬
tel ruͤgen, wodurch dieſe Neuerungen eingefuͤhrt wer¬
den ſollen. Abgeſehn davon, was Parteigeiſt, zum
Theil perſoͤnliches Intereſſe, gegen die Neuerungen
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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828/150>, abgerufen am 16.07.2024.
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