Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.ker einig werden, sie würden dennoch jedes anders Es ist schön, was man von sich denkt, auch von Nur materielle Veränderungen sind bisher ker einig werden, ſie wuͤrden dennoch jedes anders Es iſt ſchoͤn, was man von ſich denkt, auch von Nur materielle Veraͤnderungen ſind bisher <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0238" n="228"/> ker einig werden, ſie wuͤrden dennoch jedes anders<lb/> bleiben. Die <hi rendition="#g">Temperamente</hi> ſchlagen durch alle<lb/> Erziehung. Der Herrnhuter predige dem kriegslu¬<lb/> ſtigen Franzoſen, der Puritaner dem ſinnlichen Ita¬<lb/> liener, der Tribun predige der Maſſe, beſtaͤndig wird<lb/> der Krieg den Frieden, die Sinnlichkeit die Sittlich¬<lb/> keit, und ein Anfuͤhrer die reine Demokratie der<lb/> Tugendrepublik zerſtoͤren. Nie wird ein Ton herr¬<lb/> ſchen, die Toͤne wechſeln, und aus allen entſpringt<lb/> die Muſik des hiſtoriſchen Lebens.</p><lb/> <p>Es iſt ſchoͤn, was man von ſich denkt, auch von<lb/> andern zu denken, was man fuͤr ſich wuͤnſcht, auch<lb/> andern zu wuͤnſchen, was man fuͤr ſich errungen hat,<lb/> auch andern mitzutheilen, die eigne Tugend andern<lb/> zuzutrauen, und ſie dazu anzufeuern, die eigne Er¬<lb/> kenntniß der Wahrheit andern in der Vorausſetzung<lb/> mitzutheilen, daß ſie faͤhig ſind, ſie auch zu erkennen,<lb/> und demzufolge zu einer Vervollkommnung des Ge¬<lb/> ſchlechts nach dem eignen hoͤchſten Ideale hinzuwir¬<lb/> ken. Es iſt ſchoͤn, aber es findet auch das Schickſal<lb/> alles Schoͤnen. Nur wenige erkennen es in ſeinem<lb/> ganzen Werthe. Ein Menſch mit dieſem erhabnen<lb/> Glauben an ſein Geſchlecht, wird fuͤr ſich ſeine Be¬<lb/> ſtimmung auf die ſchoͤnſte Weiſe zu erfuͤllen im Stande<lb/> ſeyn. Aber ſein Glaube wird weder von jenen An¬<lb/> dern erfuͤllt werden, noch ſeine Mittheilung ſie an¬<lb/> ders machen.</p><lb/> <p>Nur <hi rendition="#g">materielle</hi> Veraͤnderungen ſind bisher<lb/> reell geweſen. Tracht und Speiſe, Wohnung und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [228/0238]
ker einig werden, ſie wuͤrden dennoch jedes anders
bleiben. Die Temperamente ſchlagen durch alle
Erziehung. Der Herrnhuter predige dem kriegslu¬
ſtigen Franzoſen, der Puritaner dem ſinnlichen Ita¬
liener, der Tribun predige der Maſſe, beſtaͤndig wird
der Krieg den Frieden, die Sinnlichkeit die Sittlich¬
keit, und ein Anfuͤhrer die reine Demokratie der
Tugendrepublik zerſtoͤren. Nie wird ein Ton herr¬
ſchen, die Toͤne wechſeln, und aus allen entſpringt
die Muſik des hiſtoriſchen Lebens.
Es iſt ſchoͤn, was man von ſich denkt, auch von
andern zu denken, was man fuͤr ſich wuͤnſcht, auch
andern zu wuͤnſchen, was man fuͤr ſich errungen hat,
auch andern mitzutheilen, die eigne Tugend andern
zuzutrauen, und ſie dazu anzufeuern, die eigne Er¬
kenntniß der Wahrheit andern in der Vorausſetzung
mitzutheilen, daß ſie faͤhig ſind, ſie auch zu erkennen,
und demzufolge zu einer Vervollkommnung des Ge¬
ſchlechts nach dem eignen hoͤchſten Ideale hinzuwir¬
ken. Es iſt ſchoͤn, aber es findet auch das Schickſal
alles Schoͤnen. Nur wenige erkennen es in ſeinem
ganzen Werthe. Ein Menſch mit dieſem erhabnen
Glauben an ſein Geſchlecht, wird fuͤr ſich ſeine Be¬
ſtimmung auf die ſchoͤnſte Weiſe zu erfuͤllen im Stande
ſeyn. Aber ſein Glaube wird weder von jenen An¬
dern erfuͤllt werden, noch ſeine Mittheilung ſie an¬
ders machen.
Nur materielle Veraͤnderungen ſind bisher
reell geweſen. Tracht und Speiſe, Wohnung und
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