Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.einen großen Theil derselben verdammen sie nur dazu, Die Neigungen und Kräfte der Menschen sind einen großen Theil derſelben verdammen ſie nur dazu, Die Neigungen und Kraͤfte der Menſchen ſind <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0247" n="237"/> einen großen Theil derſelben verdammen ſie nur dazu,<lb/> weil es viele Menſchen gibt, die entweder ſelbſt herr¬<lb/> ſchen, oder die weder herrſchen noch beherrſcht ſeyn<lb/> wollen und koͤnnen. Beide Parteien geſtehn zum<lb/> Theil ihr Unrecht ein, indem ſie zugeben, daß die<lb/> Menſchen anders ſind, als ſie ſie haben wollen; ſie<lb/> zweifeln aber nicht, daß ſie dieſelben doch anders<lb/> machen koͤnnten, und dringen auf eine <hi rendition="#g">Erziehung</hi><lb/> zur Freiheit oder zur Herrſchaft. Dies iſt indeß nur<lb/> ein neuer Irrthum, denn die Erziehung kann nur<lb/> bilden, was angeboren iſt, nicht ein Fremdartiges<lb/> einpflanzen.</p><lb/> <p>Die Neigungen und Kraͤfte der Menſchen ſind<lb/> mannigfach unter Voͤlker und Individuen vertheilt.<lb/> Die Einen koͤnnen nicht anders als frei ſeyn, ihre<lb/> ſinnliche Kraft, ihr uͤberwiegendes Talent, ihr Ge¬<lb/> danke ſpricht ſie von jeder Herrſchaft frei und ſie<lb/> herrſchen entweder uͤber die Schwachen oder die Idee<lb/> der Gerechtigkeit beſeelt ſie und ſie wollen allen Mit¬<lb/> menſchen das gleiche Recht der Freiheit goͤnnen, ſoll¬<lb/> ten ſie auch nicht im Stande ſeyn, ihnen das gleiche<lb/> Vermoͤgen dazu zu verleihen, ſie wollen ſie wenig¬<lb/> ſtens nicht tyranniſiren, wenn ſie es auch koͤnnten.<lb/> Die Andern ſind ſchwach, und fuͤhlen ihre Schwaͤche<lb/> und ſuchen inſtinktartig, wer ſie beherrſchen moͤge.<lb/> Sie ſchaffen ſich einen Herrn, der Gewalt uͤber ſie<lb/> hat, und wenn es auch nur ein Traumbild waͤre.<lb/> Zwiſchen ihnen bewegen ſich die Launenhaften, die<lb/> nicht wiſſen, was ſie wollen; und die Phlegmatiſchen,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [237/0247]
einen großen Theil derſelben verdammen ſie nur dazu,
weil es viele Menſchen gibt, die entweder ſelbſt herr¬
ſchen, oder die weder herrſchen noch beherrſcht ſeyn
wollen und koͤnnen. Beide Parteien geſtehn zum
Theil ihr Unrecht ein, indem ſie zugeben, daß die
Menſchen anders ſind, als ſie ſie haben wollen; ſie
zweifeln aber nicht, daß ſie dieſelben doch anders
machen koͤnnten, und dringen auf eine Erziehung
zur Freiheit oder zur Herrſchaft. Dies iſt indeß nur
ein neuer Irrthum, denn die Erziehung kann nur
bilden, was angeboren iſt, nicht ein Fremdartiges
einpflanzen.
Die Neigungen und Kraͤfte der Menſchen ſind
mannigfach unter Voͤlker und Individuen vertheilt.
Die Einen koͤnnen nicht anders als frei ſeyn, ihre
ſinnliche Kraft, ihr uͤberwiegendes Talent, ihr Ge¬
danke ſpricht ſie von jeder Herrſchaft frei und ſie
herrſchen entweder uͤber die Schwachen oder die Idee
der Gerechtigkeit beſeelt ſie und ſie wollen allen Mit¬
menſchen das gleiche Recht der Freiheit goͤnnen, ſoll¬
ten ſie auch nicht im Stande ſeyn, ihnen das gleiche
Vermoͤgen dazu zu verleihen, ſie wollen ſie wenig¬
ſtens nicht tyranniſiren, wenn ſie es auch koͤnnten.
Die Andern ſind ſchwach, und fuͤhlen ihre Schwaͤche
und ſuchen inſtinktartig, wer ſie beherrſchen moͤge.
Sie ſchaffen ſich einen Herrn, der Gewalt uͤber ſie
hat, und wenn es auch nur ein Traumbild waͤre.
Zwiſchen ihnen bewegen ſich die Launenhaften, die
nicht wiſſen, was ſie wollen; und die Phlegmatiſchen,
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