Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.wenn es sogar zu einer parlamentarischen Thätigkeit Ein demokratisches System von unten will freie 11*
wenn es ſogar zu einer parlamentariſchen Thaͤtigkeit Ein demokratiſches Syſtem von unten will freie 11*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0253" n="243"/> wenn es ſogar zu einer parlamentariſchen Thaͤtigkeit<lb/> berufen iſt, ſo kann es dieſelbe gar nicht entbehren,<lb/> denn ein Parlament iſt unmoͤglich ohne freie Wahlen,<lb/> und freie Wahlen ſind unmoͤglich ohne Municipali¬<lb/> taͤten. Auf der andern Seite ſtrebt aber jede Regie¬<lb/> rung nach allumfaſſender <hi rendition="#g">Centralgewalt</hi>, es iſt<lb/> ihre Natur ſich excentriſch auszubreiten, bis ſie eine<lb/> Graͤnze findet. Beide Beſtrebungen ſtehn alſo in<lb/> feindſeligem Gegenſatze, der, wie ſie ſelbſt, in der<lb/> Natur liegt, und zwar alle moͤgliche Verfaſſungen<lb/> erzeugen und wieder vertilgen, aber von keiner ein¬<lb/> zigen eben ſo wenig beſchwichtigt, als erzeugt wer¬<lb/> den kann.</p><lb/> <p>Ein demokratiſches Syſtem von unten will freie<lb/> Municipalverwaltung. So weit als moͤglich will das<lb/> Volk das Seinige ſelbſt verwalten und ſich ſelbſt be¬<lb/> aufſichtigen, und ſieht ungern ſein Gemeingut und<lb/> ſeinen Markt unter der Aufſicht miniſterieller Soͤld¬<lb/> linge. Auf der andern Seite will die Miniſterial¬<lb/> verwaltung mit goͤttlicher Allgegenwart Keller und<lb/> Kuͤche auch des aͤrmſten Bauers controlliren. Selbſt<lb/> wieder von einem hoͤhern Centralkoͤrper, der Maje¬<lb/> ſtaͤt, angezogen, bilden die Miniſterien peripheriſche<lb/> Punkte an der Sphaͤre des Thrones, von denen ſich<lb/> faͤcherartig die Bureaukratie der Staatsdiener bis<lb/> zum Horizont des Volks ausbreitet, paternoſterfoͤr¬<lb/> mig gegliedert und durch Controllen und ſtrenge Sub¬<lb/> ordination in maſchinenmaͤßigem Gang gehalten. Al¬<lb/> les, Mann und Maus im Lande, wird einregiſtrirt,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">11*<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [243/0253]
wenn es ſogar zu einer parlamentariſchen Thaͤtigkeit
berufen iſt, ſo kann es dieſelbe gar nicht entbehren,
denn ein Parlament iſt unmoͤglich ohne freie Wahlen,
und freie Wahlen ſind unmoͤglich ohne Municipali¬
taͤten. Auf der andern Seite ſtrebt aber jede Regie¬
rung nach allumfaſſender Centralgewalt, es iſt
ihre Natur ſich excentriſch auszubreiten, bis ſie eine
Graͤnze findet. Beide Beſtrebungen ſtehn alſo in
feindſeligem Gegenſatze, der, wie ſie ſelbſt, in der
Natur liegt, und zwar alle moͤgliche Verfaſſungen
erzeugen und wieder vertilgen, aber von keiner ein¬
zigen eben ſo wenig beſchwichtigt, als erzeugt wer¬
den kann.
Ein demokratiſches Syſtem von unten will freie
Municipalverwaltung. So weit als moͤglich will das
Volk das Seinige ſelbſt verwalten und ſich ſelbſt be¬
aufſichtigen, und ſieht ungern ſein Gemeingut und
ſeinen Markt unter der Aufſicht miniſterieller Soͤld¬
linge. Auf der andern Seite will die Miniſterial¬
verwaltung mit goͤttlicher Allgegenwart Keller und
Kuͤche auch des aͤrmſten Bauers controlliren. Selbſt
wieder von einem hoͤhern Centralkoͤrper, der Maje¬
ſtaͤt, angezogen, bilden die Miniſterien peripheriſche
Punkte an der Sphaͤre des Thrones, von denen ſich
faͤcherartig die Bureaukratie der Staatsdiener bis
zum Horizont des Volks ausbreitet, paternoſterfoͤr¬
mig gegliedert und durch Controllen und ſtrenge Sub¬
ordination in maſchinenmaͤßigem Gang gehalten. Al¬
les, Mann und Maus im Lande, wird einregiſtrirt,
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