Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.

Bild:
<< vorherige Seite

vermitteln streben. Dieser Bund ist derjenige der
Freimaurer oder Masonen (Meßner, Meßkünstler).
Sie wollen frei, mit Selbstbewußtseyn, den Bau der
Menschheit vollenden. Sie setzen dem Instinkt die
Freiheit, der Natur die Kunst entgegen. Dieser Bund
entspringt mit Nothwendigkeit aus einer Weltansicht,
die auf einer gewissen Stufe der Entwicklung in den
Menschen erwachen mußte. So unabweislich die Idee
einer allgemeinen vollkommenen Menschheit, die alle
Menschen als Brüder umfaßt, darin sie alle von den
Schlacken der Ungleichheit, der Feindschaft, der Ver¬
folgung, des Lasters, der Armuth, der Dummheit und
der Barbarei geläutert seyn sollen, unter den passen¬
den Namen Optimismus andern Ideen vom Wesen
und Ziele der Welt und der Menschheit, z.B., daß
sie beim Alten bleiben, oder daß sie gar zurückschrei¬
ten müsse, entgegentritt; so unabweislich ferner mit
dieser Idee in den Menschen das Gefühl ihrer Kraft
und das Streben geweckt wird, selbstthätig der lang¬
sam keimenden Naturkraft in der Geschichte mit mensch¬
licher Kunst nachzuhelfen, oder ihre Erkenntniß und
ihren Willen ganz an die Stelle jener alten Natur¬
kraft zu setzen, da dieselbe dem thierischen Instinkt
gleicht, der nur so lange dem Kind aushilft, bis es
zur Vernunft gekommen; so fest gegründet diese Idee
und dieses Streben in den Menschen ist, so bald sie
mündig geworden, eben so fest gegründet ist auch in
der äußern Erscheinung der Bund der Masonei, darin
diese Idee fortgepflanzt wird, darin dieses Streben

vermitteln ſtreben. Dieſer Bund iſt derjenige der
Freimaurer oder Maſonen (Meßner, Meßkuͤnſtler).
Sie wollen frei, mit Selbſtbewußtſeyn, den Bau der
Menſchheit vollenden. Sie ſetzen dem Inſtinkt die
Freiheit, der Natur die Kunſt entgegen. Dieſer Bund
entſpringt mit Nothwendigkeit aus einer Weltanſicht,
die auf einer gewiſſen Stufe der Entwicklung in den
Menſchen erwachen mußte. So unabweislich die Idee
einer allgemeinen vollkommenen Menſchheit, die alle
Menſchen als Bruͤder umfaßt, darin ſie alle von den
Schlacken der Ungleichheit, der Feindſchaft, der Ver¬
folgung, des Laſters, der Armuth, der Dummheit und
der Barbarei gelaͤutert ſeyn ſollen, unter den paſſen¬
den Namen Optimismus andern Ideen vom Weſen
und Ziele der Welt und der Menſchheit, z.B., daß
ſie beim Alten bleiben, oder daß ſie gar zuruͤckſchrei¬
ten muͤſſe, entgegentritt; ſo unabweislich ferner mit
dieſer Idee in den Menſchen das Gefuͤhl ihrer Kraft
und das Streben geweckt wird, ſelbſtthaͤtig der lang¬
ſam keimenden Naturkraft in der Geſchichte mit menſch¬
licher Kunſt nachzuhelfen, oder ihre Erkenntniß und
ihren Willen ganz an die Stelle jener alten Natur¬
kraft zu ſetzen, da dieſelbe dem thieriſchen Inſtinkt
gleicht, der nur ſo lange dem Kind aushilft, bis es
zur Vernunft gekommen; ſo feſt gegruͤndet dieſe Idee
und dieſes Streben in den Menſchen iſt, ſo bald ſie
muͤndig geworden, eben ſo feſt gegruͤndet iſt auch in
der aͤußern Erſcheinung der Bund der Maſonei, darin
dieſe Idee fortgepflanzt wird, darin dieſes Streben

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0289" n="279"/>
vermitteln &#x017F;treben. Die&#x017F;er Bund i&#x017F;t derjenige der<lb/>
Freimaurer oder Ma&#x017F;onen (Meßner, Meßku&#x0364;n&#x017F;tler).<lb/>
Sie wollen frei, mit Selb&#x017F;tbewußt&#x017F;eyn, den Bau der<lb/>
Men&#x017F;chheit vollenden. Sie &#x017F;etzen dem In&#x017F;tinkt die<lb/>
Freiheit, der Natur die Kun&#x017F;t entgegen. Die&#x017F;er Bund<lb/>
ent&#x017F;pringt mit Nothwendigkeit aus einer Weltan&#x017F;icht,<lb/>
die auf einer gewi&#x017F;&#x017F;en Stufe der Entwicklung in den<lb/>
Men&#x017F;chen erwachen mußte. So unabweislich die Idee<lb/>
einer allgemeinen vollkommenen Men&#x017F;chheit, die alle<lb/>
Men&#x017F;chen als Bru&#x0364;der umfaßt, darin &#x017F;ie alle von den<lb/>
Schlacken der Ungleichheit, der Feind&#x017F;chaft, der Ver¬<lb/>
folgung, des La&#x017F;ters, der Armuth, der Dummheit und<lb/>
der Barbarei gela&#x0364;utert &#x017F;eyn &#x017F;ollen, unter den pa&#x017F;&#x017F;en¬<lb/>
den Namen Optimismus andern Ideen vom We&#x017F;en<lb/>
und Ziele der Welt und der Men&#x017F;chheit, z.B., daß<lb/>
&#x017F;ie beim Alten bleiben, oder daß &#x017F;ie gar zuru&#x0364;ck&#x017F;chrei¬<lb/>
ten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, entgegentritt; &#x017F;o unabweislich ferner mit<lb/>
die&#x017F;er Idee in den Men&#x017F;chen das Gefu&#x0364;hl ihrer Kraft<lb/>
und das Streben geweckt wird, &#x017F;elb&#x017F;ttha&#x0364;tig der lang¬<lb/>
&#x017F;am keimenden Naturkraft in der Ge&#x017F;chichte mit men&#x017F;ch¬<lb/>
licher Kun&#x017F;t nachzuhelfen, oder ihre Erkenntniß und<lb/>
ihren Willen ganz an die Stelle jener alten Natur¬<lb/>
kraft zu &#x017F;etzen, da die&#x017F;elbe dem thieri&#x017F;chen In&#x017F;tinkt<lb/>
gleicht, der nur &#x017F;o lange dem Kind aushilft, bis es<lb/>
zur Vernunft gekommen; &#x017F;o fe&#x017F;t gegru&#x0364;ndet die&#x017F;e Idee<lb/>
und die&#x017F;es Streben in den Men&#x017F;chen i&#x017F;t, &#x017F;o bald &#x017F;ie<lb/>
mu&#x0364;ndig geworden, eben &#x017F;o fe&#x017F;t gegru&#x0364;ndet i&#x017F;t auch in<lb/>
der a&#x0364;ußern Er&#x017F;cheinung der Bund der Ma&#x017F;onei, darin<lb/>
die&#x017F;e Idee fortgepflanzt wird, darin die&#x017F;es Streben<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[279/0289] vermitteln ſtreben. Dieſer Bund iſt derjenige der Freimaurer oder Maſonen (Meßner, Meßkuͤnſtler). Sie wollen frei, mit Selbſtbewußtſeyn, den Bau der Menſchheit vollenden. Sie ſetzen dem Inſtinkt die Freiheit, der Natur die Kunſt entgegen. Dieſer Bund entſpringt mit Nothwendigkeit aus einer Weltanſicht, die auf einer gewiſſen Stufe der Entwicklung in den Menſchen erwachen mußte. So unabweislich die Idee einer allgemeinen vollkommenen Menſchheit, die alle Menſchen als Bruͤder umfaßt, darin ſie alle von den Schlacken der Ungleichheit, der Feindſchaft, der Ver¬ folgung, des Laſters, der Armuth, der Dummheit und der Barbarei gelaͤutert ſeyn ſollen, unter den paſſen¬ den Namen Optimismus andern Ideen vom Weſen und Ziele der Welt und der Menſchheit, z.B., daß ſie beim Alten bleiben, oder daß ſie gar zuruͤckſchrei¬ ten muͤſſe, entgegentritt; ſo unabweislich ferner mit dieſer Idee in den Menſchen das Gefuͤhl ihrer Kraft und das Streben geweckt wird, ſelbſtthaͤtig der lang¬ ſam keimenden Naturkraft in der Geſchichte mit menſch¬ licher Kunſt nachzuhelfen, oder ihre Erkenntniß und ihren Willen ganz an die Stelle jener alten Natur¬ kraft zu ſetzen, da dieſelbe dem thieriſchen Inſtinkt gleicht, der nur ſo lange dem Kind aushilft, bis es zur Vernunft gekommen; ſo feſt gegruͤndet dieſe Idee und dieſes Streben in den Menſchen iſt, ſo bald ſie muͤndig geworden, eben ſo feſt gegruͤndet iſt auch in der aͤußern Erſcheinung der Bund der Maſonei, darin dieſe Idee fortgepflanzt wird, darin dieſes Streben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828/289
Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828/289>, abgerufen am 23.11.2024.