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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.

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durch einen fremden vermehren, so laßt uns immer
das fremde Wort dazu nehmen. Das Denken soll
nicht verarmen, damit die Sprache mit Reinheit
prahlen könne.

Wenn der falsche Purismus zu verwerfen ist,
so ist doch der wahre, wie ihn schon Luther kräftig
gehandhabt, höchst verdienstlich. Allerdings gibt es
neben den fremden Wörten, die wir als das Kleid
fremder und neuer Begriffe ehren müssen, noch eine
Menge andrer, die sich statt eben so guter, und des¬
falls für uns besserer, deutscher Wörter eingeschlichen
haben, die ganz bekannte alte Begriffe ausdrücken,
und nur aus einer lächerlichen Eitelkeit oder Neue¬
rungssucht von uns gebraucht werden. Der Gelehrte
will zeigen, daß er in alten Sprachen bewandert ist,
der Reisende, daß er fremde Zungen gehört hat, das
übrige Volk, daß es mit weisen und erfahrnen Men¬
schen oder Büchern bekannt ist, oder die Vornehmeren
wollen ihre höheren Begriffe auch in einer fremden
Sprache von der Denkungsart des Pöbels geschieden
wissen, und der Pöbel thut vornehm, indem er ihnen
die fremden Laute nachäfft. So ungefähr ist die
deutsche Sprachmengerei entstanden, sofern sie nicht
nothwendig mit fremden Begriffen auch fremde, Wör¬
ter borgen mußte, und so ist sie durchaus verwerflich,
ein Schandfleck der Nation und ihrer Literatur.
Möchten die Puristen uns für immer davon befreien
können. Jedes Jahrhundert befreit uns wenigstens
von der Thorheit der vorhergehenden. Klopstock be¬

durch einen fremden vermehren, ſo laßt uns immer
das fremde Wort dazu nehmen. Das Denken ſoll
nicht verarmen, damit die Sprache mit Reinheit
prahlen koͤnne.

Wenn der falſche Purismus zu verwerfen iſt,
ſo iſt doch der wahre, wie ihn ſchon Luther kraͤftig
gehandhabt, hoͤchſt verdienſtlich. Allerdings gibt es
neben den fremden Woͤrten, die wir als das Kleid
fremder und neuer Begriffe ehren muͤſſen, noch eine
Menge andrer, die ſich ſtatt eben ſo guter, und des¬
falls fuͤr uns beſſerer, deutſcher Woͤrter eingeſchlichen
haben, die ganz bekannte alte Begriffe ausdruͤcken,
und nur aus einer laͤcherlichen Eitelkeit oder Neue¬
rungsſucht von uns gebraucht werden. Der Gelehrte
will zeigen, daß er in alten Sprachen bewandert iſt,
der Reiſende, daß er fremde Zungen gehoͤrt hat, das
uͤbrige Volk, daß es mit weiſen und erfahrnen Men¬
ſchen oder Buͤchern bekannt iſt, oder die Vornehmeren
wollen ihre hoͤheren Begriffe auch in einer fremden
Sprache von der Denkungsart des Poͤbels geſchieden
wiſſen, und der Poͤbel thut vornehm, indem er ihnen
die fremden Laute nachaͤfft. So ungefaͤhr iſt die
deutſche Sprachmengerei entſtanden, ſofern ſie nicht
nothwendig mit fremden Begriffen auch fremde, Woͤr¬
ter borgen mußte, und ſo iſt ſie durchaus verwerflich,
ein Schandfleck der Nation und ihrer Literatur.
Moͤchten die Puriſten uns fuͤr immer davon befreien
koͤnnen. Jedes Jahrhundert befreit uns wenigſtens
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[31/0041] durch einen fremden vermehren, ſo laßt uns immer das fremde Wort dazu nehmen. Das Denken ſoll nicht verarmen, damit die Sprache mit Reinheit prahlen koͤnne. Wenn der falſche Purismus zu verwerfen iſt, ſo iſt doch der wahre, wie ihn ſchon Luther kraͤftig gehandhabt, hoͤchſt verdienſtlich. Allerdings gibt es neben den fremden Woͤrten, die wir als das Kleid fremder und neuer Begriffe ehren muͤſſen, noch eine Menge andrer, die ſich ſtatt eben ſo guter, und des¬ falls fuͤr uns beſſerer, deutſcher Woͤrter eingeſchlichen haben, die ganz bekannte alte Begriffe ausdruͤcken, und nur aus einer laͤcherlichen Eitelkeit oder Neue¬ rungsſucht von uns gebraucht werden. Der Gelehrte will zeigen, daß er in alten Sprachen bewandert iſt, der Reiſende, daß er fremde Zungen gehoͤrt hat, das uͤbrige Volk, daß es mit weiſen und erfahrnen Men¬ ſchen oder Buͤchern bekannt iſt, oder die Vornehmeren wollen ihre hoͤheren Begriffe auch in einer fremden Sprache von der Denkungsart des Poͤbels geſchieden wiſſen, und der Poͤbel thut vornehm, indem er ihnen die fremden Laute nachaͤfft. So ungefaͤhr iſt die deutſche Sprachmengerei entſtanden, ſofern ſie nicht nothwendig mit fremden Begriffen auch fremde, Woͤr¬ ter borgen mußte, und ſo iſt ſie durchaus verwerflich, ein Schandfleck der Nation und ihrer Literatur. Moͤchten die Puriſten uns fuͤr immer davon befreien koͤnnen. Jedes Jahrhundert befreit uns wenigſtens von der Thorheit der vorhergehenden. Klopſtock be¬

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Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828/41>, abgerufen am 23.11.2024.