Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.minder lächerlich. Wir haben längst dem wackern Die Erfahrung so vieler wechselnden Moden, die minder laͤcherlich. Wir haben laͤngſt dem wackern Die Erfahrung ſo vieler wechſelnden Moden, die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0063" n="53"/> minder laͤcherlich. Wir haben laͤngſt dem wackern<lb/> Cervantes Recht gegeben, doch liefern viele unſrer<lb/> Romantiker hinreichenden Stoff zu einem neuen Don<lb/> Quixotte, und Fouqu<hi rendition="#aq">é</hi> hat deren eine Menge ge¬<lb/> ſchrieben, ohne es ſelbſt zu wiſſen.</p><lb/> <p>Die Erfahrung ſo vieler wechſelnden Moden, die<lb/> ſich immer ſelbſt in Widerſpruch ſetzen und vernich¬<lb/> ten, ſcheint nicht ohne gute Folgen geblieben zu ſeyn.<lb/> So viele Parteien noch herrſchen, beginnt man doch,<lb/> ihre Vermittlung zu verſuchen. Nachdem wir der<lb/> Reihe nach alle gebildete Nationen kennen gelernt,<lb/> bewundert und nachgeahmt haben, Roͤmer, Griechen,<lb/> Franzoſen, Englaͤnder, Italiener, Spanier, ſind wir<lb/> jetzt auf einen Augenblick wieder nach Hauſe zuruͤck¬<lb/> gekehrt und beſinnen uns. Wir bemerken, daß wir<lb/> immer von der erſten Bekanntſchaft zu uͤbertriebner<lb/> Bewundrung einer fremden Nation, und zu voͤllig<lb/> ſklaviſcher Nachahmung derſelben raſch fortgeſchritten,<lb/> dann aber des Extrems bald uͤberdruͤßig geworden<lb/> ſind, worauf eine neue ruhige Betrachtung uns die¬<lb/> jenigen Vorzuͤge der Fremden hervorgehoben und uns<lb/> angeeignet hat, die nachahmungswuͤrdig ſind und auch<lb/> nachgeahmt werden koͤnnen. Wir unterſcheiden all¬<lb/> maͤhlich die herrliche Gade, uns in den Geiſt andrer<lb/> Nationen und Zeiten zu verſetzen, die dichteriſche<lb/> Faͤhigkeit, jede fremde Illuſion anzunehmen, von der<lb/> praktiſchen Nachaͤfferei. In jener finden alle Gegen¬<lb/> ſaͤtze neben einander Platz, in dieſer heben ſie einan¬<lb/> der auf. Die Phantaſie mag uns in einem Augen¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [53/0063]
minder laͤcherlich. Wir haben laͤngſt dem wackern
Cervantes Recht gegeben, doch liefern viele unſrer
Romantiker hinreichenden Stoff zu einem neuen Don
Quixotte, und Fouqué hat deren eine Menge ge¬
ſchrieben, ohne es ſelbſt zu wiſſen.
Die Erfahrung ſo vieler wechſelnden Moden, die
ſich immer ſelbſt in Widerſpruch ſetzen und vernich¬
ten, ſcheint nicht ohne gute Folgen geblieben zu ſeyn.
So viele Parteien noch herrſchen, beginnt man doch,
ihre Vermittlung zu verſuchen. Nachdem wir der
Reihe nach alle gebildete Nationen kennen gelernt,
bewundert und nachgeahmt haben, Roͤmer, Griechen,
Franzoſen, Englaͤnder, Italiener, Spanier, ſind wir
jetzt auf einen Augenblick wieder nach Hauſe zuruͤck¬
gekehrt und beſinnen uns. Wir bemerken, daß wir
immer von der erſten Bekanntſchaft zu uͤbertriebner
Bewundrung einer fremden Nation, und zu voͤllig
ſklaviſcher Nachahmung derſelben raſch fortgeſchritten,
dann aber des Extrems bald uͤberdruͤßig geworden
ſind, worauf eine neue ruhige Betrachtung uns die¬
jenigen Vorzuͤge der Fremden hervorgehoben und uns
angeeignet hat, die nachahmungswuͤrdig ſind und auch
nachgeahmt werden koͤnnen. Wir unterſcheiden all¬
maͤhlich die herrliche Gade, uns in den Geiſt andrer
Nationen und Zeiten zu verſetzen, die dichteriſche
Faͤhigkeit, jede fremde Illuſion anzunehmen, von der
praktiſchen Nachaͤfferei. In jener finden alle Gegen¬
ſaͤtze neben einander Platz, in dieſer heben ſie einan¬
der auf. Die Phantaſie mag uns in einem Augen¬
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